Zu trocken, zu nass, immer extremer?

Derzeit werde ich öfters gefragt, ob ich Daten zu den Niederschlägen habe. Weil es soll sich die Häufigkeit der Extremwetterereignisse und Starkniederschläge „stark erhöhen“ – sagen Studien. Ich bin – wie immer – wertfrei an das Ganze heran gegangen und habe mir einmal examplarisch mehrere „meiner 16 Wetterstationen“ der geosphere austria herausgepickt und nachgesehen, was die Daten der letzten 130 Jahre so hergeben.

Meine Wahl ist auf Feldkirch (Österreichs westlichste Stadt und nahe meines Wohnortes), Wien (no na, ohne die Bundeshauptstadt geht gar nichts, außerdem gibt es dort sehr lange und durchgehende Datenreihen), Kremsmünster (nahe bei Linz und auch mit sehr langen Datenreihen), den Sonnblick (wie sieht’s im Hochgebirge aus?) und Bad Bleiberg (eine der südlichsten Stationen mit langen Datenreihen) gefallen.

Vorbemerkung

Früher, als noch nichts automatisiert war, haben sich die Wetterbeobachter darauf geeinigt, jeden Tag um 7 Uhr morgens, 14 Uhr und 19 Uhr Wetterdaten zu notieren/abzulesen. Dafür gibt es auch lange Datenreihen bei den Niederschlägen, wo immer um 7 und 19 Uhr die Daten erfasst wurden. Was dadurch natürlich nicht ermittelt werden kann, ist, wie viel Niederschlag innerhalb kürzester Zeitl also zB in einer, zwei oder eben weniger als 12 Stunden gefallen ist. Das wird erst bei automatisierten Stationen in der neuesten Zeit ermittelt. Wann genau damit begonnen wurde, weiß ich nicht.

Daher ist es ein leichtes, zu behaupten, dass es „früher“ nie – oder auch sehr oft – Extremniederschlagsereignisse mit ganz vielen Litern in ganz wenigen Stunden gegeben hat. Das allerdings zu belegen, ist wohl schwer – und alte Chroniken werden hier wohl zurecht als anekdotisch und nicht genau oder verifizierbar abgetan. Wenn jedoch jemand Daten hat, die zB älter als 70 Jahre sind, und bei denen die STÜNDLICHEN Niederschlagswerte abzulesen sind, dann freue ich mich über solche Infos!

Ich habe neben den Maximalereignissen jedes Jahres auch noch die Tage mit mehr als 20 und mehr als 40 Litern erfasst. 20 Liter darum, weil das der Minimalwert aller Maximalwerte ist so gut wie an JEDER Station von den 16, die ich immer benutze. Das heißt, es hat kaum irgendwo ein Jahr gegeben, in dem es NICHT zumindest EINMAL in den letzten 130 Jahre mehr als 20 Liter geregnet hat.
Und 40 Liter ist ein Wert, der überall zumindest ab und zu erreicht wird und genau das Doppelte des ersten Wertes. Wie hoch die Maximalwerte über alle Jahre sind, zeigt eine Grafik zu Beginn bei jeder Station. In Feldkirch zum Beispiel gab es 2022 mehr als 165 Liter in 24 Stunden!

Feldkirch

Das sind die Tages-Maximalwerte des jeweiligen Jahres aus Feldkirch. Niemals regnete es mehr innerhalb von 24 Stunden (denn streng genommen sind es KEINE Tageswerte, da immer von 7 bis 7 Uhr gemessen wird!) als im Jahr 2022, an zweiter Stelle steht ein Tag im Jahr 1910, gefolgt von zwei Werten aus den Jahren 2005 und 1984. Der lineare Trend deutet bei den maximalniederschlägen in der Vorarlberger Stadt einen Anstieg um ca. 5 Liter an in 130 Jahren.

Bei den Tagen mit mehr als 20 Litern Niederschlag gab es laut dem linearen Trnd von etwa 12 solcher Tage um das Jahr 1890 einen Anstieg auf etwa 15 im Jahr 2024. mehr als 20 solcher Tage gibt es in Feldkirch selten, vor 1940 gar nie und nach 1981 fünf Mal.

Tage mit 40 oder mehr Litern sind deutlich seltener im Westen Österreichs. 2020 waren es 7 davon, das ist bisher Rekord, gefolgt von 6 im Jahr 2023 und 1927. Auch hier zeigt sich ein steigender Trend – von etwa 1,5 solcher Tage pro Jahr auf 2. Anders gesagt: Solche Tage gab es vor 130 Jahren etwa 3 in zwei Jahren und heute 4.

Sonnblick

Am Sonnblick sieht das Ganze so aus: Die Starkniederschläge sind – sehr leicht – gestiegen in den letzten 130 Jahren. Das letzte Mal mehr als 100 Liter an einem Tag gab es dort oben allerdings vor über 60 Jahren. Und 2024 war auffallend unterdurchschnittlich in Sachen Starkniederschläge.
deutlich zugenommen haben die Tage mit mehr als 20 Litern Niederschlag – auffallend ist hier vor allem, dass es zwischen 1913 und 1950 deutlich weniger solcher Tage gab als davor und danach. So wurden aus um die zehn solcher Tage im linearen Trend fast doppelt so viele.
Das Ganze relativiert sich allerdings bei den Tagen mit mehr als 40 Litern Niederschlag: Nur 1935 und 1962 gab es derer acht in einem Jahr, 1896 waren es noch sechs und sonst nie mehr als fünf (2013) oder weniger. Der trend ist trotzdem, weil es seltener wird, dass es gar keinen solchen Tag gibt, leicht gestiegen von knapp unter auf knapp über einen Tag pro Jahr.

Kremsmünster

In Kremsmünster bei Linz hingegen hat der Trend bei den Maximalniederschlägen pro Jahr ABGENOMMEN. Vor 1970 gab es sieben Jahre mit mehr als 80 Litern in 24 Stunden, danach nur mehr das Jahr 2002. Auch bei den Tagen mit mindestens 20 Litern gab es so gut wie keinen Anstieg – ganz minimal zeigt der Trand hier nach oben. Mehr als 18 im jahr 1958 waren es nie, zuletzt gab es 2023 16 solcher Tage. und bei den Tagen mit mehr als 40 Litern geht der Trend ganz eindeutig abwärts. Nur vor dem jahr 1900 gab es zwei Jahre mit jeweils fünf solcher Tage, dann bis 1960 immer wieder Jahre mit 4 davon, danach gab es das nur mehr zweimal und das letzte Mal war das 2002 der Fall.

Bad Bleiberg

Ganz im Süden Kärntens wurden in Bad Bleiburg folgende Daten gemessen:

Bis 1980 gab es dort oft einmal Jahre mit mehr als 100 mm gemessenem Tagesniederschlag, seither wurde nur mehr im Jahr 2010 so ein Wert gemessen. Kein Wunder also, dass die Maximalwerte in Bad Bleiberg sinkende Tendenz anzeigen.

Tage mit mindestens 20 Litern sind dort offensichtlich keine Seltenheit, im Schnitt sind es um die 20 im Jahr – vor 130 Jahren waren es noch 5 mehr pro Jahr.
Bei den Tagen mit mehr als 40 Litern gibt es auch viele zu verzeichnen, es sind allerdings auch fast nie mehr als 10 davon zu verzeichnen. Nur 2014 waren es in den letzten 60 Jahren mit 12 mehr davon. Davor gab es in etwa 70 Jahre zehn Mal einen Wert über mind. zehn solcher Tage. „Tendenz sinkend“ ist die logische Folge.

Wien

In Wien gab es zwar 2024 den Rekordwert der letzten 130 Jahre zu verzeichnen, allerdings zeigt der Gesamttrend in Sachen maximalwerte kaum nach oben – trotz dieses Wertes.
Bei den mit mehr als 20 Litern gibt es absolut gleichbleibende Tendenz – im Schnitt fünf Mal pro Jahr gibt es mehr als 20 mm Niederschlag zwischen 7 und 7 Uhr in Wien. Mehr als zehn solcher Tage gab es dort zuletzt 2007.
Und wenn es um 40 Liter und mehr geht, dann sehen wir bei Wien nur DREI Jahre in den letzten 130, in denen es mehr als 3 Mal so viel geregnet hat: 2024 und 1930 waren es vier Mal und 1941 sogar 5 Mal. Die Tendenz in Sachen solcher Tage ist minimal fallend.

FAZIT

Was ich nicht feststellen kann, ist eine deutliche Zunahme an „Starkniederschlagstagen“ österreichweit. Im Gegensatz dazu allerdings sehr wohl bestätigen kann ich die Verrohung der Sprache und dass Respekt immer mehr zum Fremdwort wird – solche Meldungen wie die im Bild sind für mich nicht dafür geeignet, den – angeblich „gewünschten“ – Dialog zu fördern:

Ich sehe bei den von mir untersuchten Stationen unterschiedliche Trends. Mancherorts werden die Tage mit mehr als 20 oder 40 mm Niederschlag in 24 Stunden mehr, anderenorts, werden sie weniger. Mehr kann ich aus Datensicht nicht liefern – über die Gründe für das eine oder andere schon gar nicht. Eines möchte ich allerdings betonen: „gekauft“ bin ich zum Glück von gar niemandem… Schönes Wochenende noch allen!