Wie sag ich’s meinem Kinde?

Es kommt -auch – auf die Darstellung an, wenn ich Zahlen präsentiere. Ich möchte euch das heute an einem Beispiel zeigen und nehme dafür die Temperaturen von Österreich dazu:

Das sind die Jahres-Durchschnittstemperaturen in Sachen Maximaltemperaturen der letzten 50 Jahre in Österreich. Die dünnen Linien stellen die einzelnen Jahreswerte dar, die dicken entsprechen dem 10-Jahres-Mittel, das gleicht Schwankungen durch einzelne besonders heiße oder kalte Jahre aus.

Das ist das Gleiche – nur anders dargestellt. Dadurch, dass ich die Höhe der Grafik ändere, sieht der Anstieg größer aus. Außerdem habe ich die Skalierung geändert und es sind statt 10 Jahren nur mehr 5,5 Grad Unterschied zwischen der untersten und der obersten Linie.

Und das sind jetzt nur mehr die letzten zehn Jahre. Der Unterschied innerhalb der Grafik beträgt nun nur mehr 1,25 Grad. Damit sehen die 1,08 Grad, die Österreichs Maximaltemperaturen aus vier Mess-Stationen in zehn Jahren zugenommen haben im Zehnjahresmittel, sehr dramatisch aus. Blicken wir doch einmal in Zehnjahres-Schritten zurück:

Die zehn Jahre davor war der Anstieg gerade einmal ein Drittel von dem der letzten zehn Jahre. und von 2009 bis 2013 ging’s sogar leicht abwärts im Trend.

Wieder zehn Jahre davor stieg die Temperatur mehr an, allerdings immer noch nur in etwa halb so viel wie zuletzt.

Noch einmal zehn Jahre früher betrug die Erwärmung wieder nur etwa ein Drittel des aktuellen Anstiegs.

Auch die zehn Jahre davor, also die erste Dekade der letzten 50 Jahre, gab es etwa ein Drittel Grad mehr im Verlauf von zehn Jahren.
Es sieht also so aus, als hätte es so einen starken Anstieg noch nie geben, oder?

DOCH! Das hier ist der Anstieg direkt am Ende des zweiten Weltkrieges: Innerhalb von nur 8 Jahren stieg damals der Durchschnitts-Maximalwert österreichweit um mehr als 1 Grad an (der höchste Punkt war bereits 1952 erreicht).

Die Aufzeichnungsdrittel

Wenn wir Messgeschichte ab 1775 auf drei gleiche Abschnitte aufteilen, kommen wir auf drei Abschnitte zu 81 Jahren. Ganz zu Beginn kann ich noch kein Mittel errechnen, daher habe ich nach fünf Jahren den ersten Durchschnitt berechnet und den bis zu zehn Jahren sukzessive eweitert.

Im letzten Drittel stieg die Temperatur des Zehnjahresmittels um mehr als 3,5 Grad an! Das heißt: Es war um 1940 herum um etwa 3,5 Grad kälter im Schnitt als heute. Da damals ebenfalls bereits an alle den von mir verwendeten Mess-Stationen Maximalwerte des Tages ermittelt wurden, gibt es hier keine Abweichungen durch Mess-Umstellungen. Die hellrote Kurve zeigt die Daten aus Wien, die dunkelrote die Werte des Mittels der Zahlen aus Feldkirch, Lienz, Kremsmünster und Wien.

Beim mittlerern Drittel haben wir nur mehr bedingt Werte aus ganz Österreich und ein Teil davon sind keine Maximalwerte, sondern 14-Uhr-Temperaturen. Und es gab bemerkenswerte Unterschiede zu den letzten 81 Jahren:

  • Erstens blieb die Temperatur insgesamt im Mittel in etwa konstant in dieser Zeit.
  • Zweitens gab es auch hier gegen Ende des 18. Jahrhunderts innerhalb von nur zehn Jahren einen starken Anstieg bei den Messungen – der danach aber fast ebenso rasch wieder zurück ging.
  • Und drittens gab es zu BEGINN dieser Zeit einen noch viel stärkeren Anstieg, als es innerhalb von nur 8 Jahren um mehr als 1,3 Grad wärmer wurde!

Im frühesten Drittel, also der Zeit ab 1780, stammen die Daten ausschließlich aus Wien. Innerhalb dieser 81 Jahre stieg die Durchschnittstemperatur um etwa ein Grad an.
Auffällig sind hier drei Anstiege, von denen vor allem der letzte sehr interessant ist, weil wir ja wissen, dass es danach (siehe oben) noch einmal 8 Jahre um mehr als ein Grad wärmer wurde. Das heißt, es wurde damals in nur 15 Jahren um fast 2,5 Grad wärmer im Zehnjahresmittel in Wien.
Aber auch zwei andere Anstiege innert zehn Jahren sind gleich stark oder stärker als der von 2014 bis 2023.

Fazit

Wer darüber streiten will oder gar negiert, dass es in den letzten 10, 50 oder auch 100 Jahren wärmer geworden ist, der leugnet die Fakten der Messreihen aus Österreich in gleicher Weise, wie Leute, die behaupten, dass es noch nie in so kurzer Zeit so einen starken Anstieg gegeben hat. Das zeigt auch diese Grafik der Mittelwerte aus vier Stationen bzw. aus Wien alleine, wo es schon Daten seit 1775 gibt:

Tatsache ist jedoch auch, dass es noch nie so lange Zeit quasi ohne wirkliche Unterbrechung wärmer wurde. alle früheren Anstiege wurden irgendwann von einem Rückgang quasi wieder ausgeglichen, der meist mindestens so lang dauerte. Wäre das Ganze ein rein natürliches Phänomen, dann würde es zu lange dauern, als dass ich noch erleben könnte, wie die Werte wieder auf dem Niveau aus der Zeit der Weltkriege angelangt ist.
Ich kann weder in die Vergangenheit schauen, die VOR diesen Daten liegt, noch in die Zukunft, die uns erwartet. Was mich allerdings befremdet, ist dass nicht der Weg der sachlichen Information und des Miteinander beschritten wird, bei dem als „Nebenprodukt“ auch noch kompetente MitbürgerInnen selbst überlassen wird, Schlüsse aus den vorliegenden Daten zu ziehen, sondern dass es immer mehr auf ein im negativsten Sinne schulmeisterliches Belehren und Vorschreiben hinausläuft. Jeder, der selbst Kinder hat, weiß, dass das meist nicht zum gewünschten Ergebnis führt.
Uns allen wünsche ich einen Sommer mit vielen Sommertagen, die zum Bewegen in der Natur einladen, wenigen Hitzetagen und Unwettern und statt dessen vielen Gelegenheiten, miteinander Tolles zu unternehmen. Allen, die bald Ferienbeginn haben, wünsche ich eine schöne Zeit und den anderen viel Kurzweil beim Warten auf den Sommerurlaub!
Und wenn ihr Zahlen präsentiert bekommt, dann schaut sie euch an und überlegt selbst, was ihr davon mitnehmen könnt, sagt euch euer „Zahlenfreak“.