Heute möchte ich einmal ein paar Grafiken zu oft gehörten Aussagen posten, über die ich in letzter Zeit so stolpere:
„Wir stecken mitten in einer Sommerwelle“
Diese Aussage stimmt recht gut, wenn wir sie genau nehmen. Denn so wie es aussieht, ist zumindest in Tirol, Vorarlberg un Wien der Höhepunkt bereits überschritten. In den anderen Bundesländern ist das noch nicht so eindeutig. Wer allerdings die „Welle“ mit den zwei letzten Wellen vergleicht, dem fällt sofort auf, dass der Anstieg sowohl bei Delta als auch bei Omikron VIEL höher (also steiler) war als jetzt bei der „Sommerwelle“.
Hier noch die Inzidenzkurve von Vorarlberg – Stand gestern Abend:
„Das ist nur, weil derzeit so wenig getestet wird“
Die „Sommerwelle“ soll uns seit einigen Wochen erfasst haben. Und sie soll eigentlich VIEL höher sein, weil nur mehr so wenig getestet wird.
Das ist die Entwicklung seit Jahresbeginn.
Wenn wir das so isoliert betrachten, dann sieht das wirklich dramatisch aus für Österreich, oder? Schauen wir allerdings einmal GENAUER hin: Denn erstens steht als END-DATUM der zahlen hier der 23. Juni. Offensichtlich gibt es danach keine offiziellen Daten mehr zu diesem Parameter bei ourworldindata…
Und so sieht die Kurve aus, wenn wir sie von Beginn der Pandemie weg anschauen – es geht hier nur um die durchgeführten TESTS!
Und das hier ist ein weltweiter Vergleich mit anderen Staaten, die ebenfalls ungefähr 10 Mio EW haben:
Wir sehen: Wir sind IMMER NOCH ganz vorne dran – nur Griechenland schint uns derzeit überholen zu wollen – doch HALT – DERZEIT? Die Daten sind 1 Monat alt!
Ein Blick auf die AGES-Daten zeigt: Der Rückgang bei den Test-Zahlen (blaue Säulen) ist bereits gestoppt – sie gehen eher wieder nach oben! Und die Inzidenz (rote Linie) steigt unbeeindruckt davon an und sinkt zuletzt wieder – ebenfalls ohne auf die Testzahl zu achten…
Ein Blick auf die Vorarlberger Zahlen macht das noch deutlicher… OBWOHL die Testzahlen seit Anfang Juni von im 4-Tagesmittel unter 400 wieder auf mehr als 1.200 (also drei Mal so viele!) gestiegen sind, sinkt die Inzidenz bereits wieder sichtbar ab.
„Die Inzidenzen sagen nicht mehr so viel aus…“
Ich wäre versucht „HURRA“ zu rufen – endlich haben sie es erkannt, dass diese Größe nicht wirklich als Referenz herangenommen werden kann, weil eben die Testzahlen dauernd andere sind und die Personengruppen, die getestet werden (außer bei den Schultests) unbekannt sind oder zumindest nicht veröffentlicht werden und und und…
Allerdings kommt da immer das „aber“ danach: Denn nun sind es bei manchen wieder die Spitalszahlen, die derzeit steigen oder auch das Abwassermonitoring.
Gerne hätte ich euch zu Letzerem Zahlen präsentiert – leider sieht die Homepage des Landes diesbezüglich derzeit (uns das schon seit Tagen) bei mir so aus, wenn ich was anschauen will:
Das sind die aktuellen Ergebnisse:
Und das ist die Virenkonzentration:
Auch die Seite Abwasser/Inzidenzvergleich sieht genau gleich aus… auch wenn ich verschiedene Browser oder auch ein anderes Gerät verwende…
Und leider bin ich nach zweieinhalb Jahren Pandemie nicht mehr zufrieden, wenn mir jemand sagt, dass es so und so „sei“ – ich habe gerne die Daten vor mir…
Zu den Spitalszahlen noch etwas:
Nur in Vorarlberg gibt es seit Monaten den Satz im wöchentlichen Bericht:
Rund 80% der COVID-19-Patienten werden derzeit wegen einer anderen Erkrankung in den Spitälern behandelt, die Corona-Erkrankung ist die Nebendiagnose.
https://www.landeskrankenhaus.at/news/lagebericht-covid-19
Immerhin gab es zuletzt auch schon Meldungen aus ganz Österreich, dass wohl zumindest 50% solche PatientInnen seien. Auch die Kärntner hatten zuletzt Meldungen, dass es sogar 95% sind. Die versprochenen Zahlen seitens des Gesundheitsministerums gibt es immer noch nicht – weil offensichtlich nicht alle Länder und Spitäler dabei mitmachen…
Es fällt in Vorarlberg allerdings schon auf, dass die Zahlen zuletzt wieder steigen in den Spitälern:
Die grüne Kurve zeigt den Anstieg der MitarbeiterInnen, die derzeit wegen einem positiven Test abgesondert sind. Mir kommen hier auch Infos zu Ohren, dass ganze Abteilungen – trotz fast kompletter Durchimpfung – derzeit in Absonderung sind. Das macht mich doch nachdenklich…
Die rot gepunktete Linie zeigt die C19-PatientInnen im Wochenschnitt – auch hier geht es leider aufwärts mit den Zahlen. Das wundert mich jedoch weniger, weil die Tatsache, dass die Zahlen der „Sommerwelle“ bis vor einer Woche gestiegen sind zwangsläufig auch dazu führen musste, dass wieder mehr PatientInnen, die aus anderen Gründen aufgenommen werden müssen, positiv getestet werden.
Die Sache mit dem Long Covid
Ich bin überzeugt, dass manche Menschen lang mit den Folgen einer schweren Covid-Erkrankung zu kämpfen haben. Nach keiner Erkrankung ist es angenehm, sich wieder so weit zu erholen, dass der Gesundheitszustand wieder dem entspricht, wie er vor der Erkrankung war.
„Long Covid“ wird wie folgt definiert:
Bei ungefähr 10 Prozent der an COVID-19-Erkrankten halten Beschwerden länger als vier Wochen an. Dieser Zustand wird als „Long-Covid“ (bei Beschwerden mehr als vier Wochen nach der Erkrankung) bzw. „Post-COVID“ (bei Beschwerden ab der 12. Woche nach der Infektion) bezeichnet.
https://presse.vorarlberg.at/land/dist/vlk-65511.html
Jetzt habe ich Fragen dazu:
- Sind die angegebenen 10% Menschen, die vier Wochen nach einer „Erkrankung“ noch Beschwerden haben, von allen „Erkrankten“ berechnet oder von den positiv Getesteten, die oft auch als „Infizierte“ bezeichnet werden?
Weil in Vorarlberg gab es von 1. bis 23. Juni 5.395 positive Tests (Quelle: AGES). Da diese nun alle bereits 4 Wochen her sind, müssten davon 539 noch „Beschwerden“ gehabt haben in den letzten 23 Tagen.
Im Spital deswegen angemeldet wurden in der neu errichteten Stelle im LKH Hohenems von den behandelnden Ärzten laut Land zum Glück nur zwei davon. - Wie viele ANDERE Erkrankungen verlaufen so, dass nach vier Wochen noch „Beschwerden“ auftreten können? Bei wie vielen ist auch nach 12 Wochen noch mit „Beschwerden“ zu rechnen? Und was zählt alles als „Beschwerden“?
- Wie viele Menschen leiden unter „Post-Covid“ – also nach 12 Wochen immer noch unter Beschwerden – und wie viele davon hatten VOR der Covid-Erkrankung KEINE Beschwerden gleicher oder ähnlicher Art?