Sterblichkeit seit 2000

Derzeit geistern wieder viele Meldungen herum. Einerseits über Krankheitswellen, andererseits über Todesfälle im Land. Wie so oft wollte ich es genauer wissen und habe mir die Daten der Statisik Austria dazu angesehen.

VORBEMERKUNG

Zwei Limitierungen sind bitte fürs laufende Jahr 2023 zu berücksichtigen: Erstens gibt es bei der Statistik Austria – wenn es um die 5-Jahres-Altersgruppen geht – erst Daten bis zur KW 40, das ist bis zum 8. Oktober. Und zweitens kann ich noch keine „Jahresdurchschnittswerte“ für die Bevölkerung bekommen. Ich musste also – neben der noch ungenauen Zahlen bei der Bevölkerung – die Todeszahlen pro 100.000 Menschen von 40 auf 52 Wochen hochrechnen. Das ist vor allem bei den älteren Menschen sehr mit Vorischt zu genießen, weil hier im Winter deutlich mehr Personen sterben als im Sommer. Und die letzten 12 Wochen des Jahres waren gerade in den letzten 3 Jahren solche, die deutlich über dem Mittelwert aller Wochen davor lagen. Ich gehe daher vor allem bei den Altersgruppen ab 70 Jahren davon aus, dass die Werte und Kurven bis zum Jahresende noch ansteigen werden.

Die Heatmaps

Bei den nächsten vier Grafiken sind die Jahre 2000 bis 2023 (letzteres hochgrechnet) zu sehen für alle jeweils 5 Jahre umfassenden Altersgruppen. Dabei gibt es Werte für die weiblichen und männlichen Verstorbenen und ein Gesamtwert – jeweils pro 100.000 Personen.
Die Jahre, in denen am wenigsten Sterbegeschehen vermerkt war, sind dunkelgrün vermerkt, die 4 Jahre mit den zwei- bis fünftniedrigsten Zahlen hellgrün. Das „schlimmste“ Jahr in Sachen Todesfälle ist dunkelrot, die zweit- bis fünftstärksten Jahre in Sachen Verstorbene hellrot und die anderen 5 Jahre unter den „Top 10“ aus den 24 Jahren seit 2000 gelb. Ganz links erkennen wir gelb markiert das Jahr 2020, den Beginn der drei Pandemiejahre.

Wir erkennen folgendes bei den Menschen unter 25 Jahren:

  • Nirgends sterben mehr Menschen als bei den unter 5 Jahre alten männlichen Kindern. Sowohl der Höchstewert aller 24 Jahre (fast 130 pro 100.000 Menschen) als auch der niedrigste Wert (56 Todesfälle auf 100.000 im jahr) sind die höchsten Werte aller Altersgruppen und Geschlechter unter 25 Jahren. Dahinter folgen die 20-24 Jahre alten Männer und die Mädchen unter fünf Jahren.
  • In ALLEN Altersgruppen und Geschlechtern liegt das Jahr mit der höchsten Sterblichkeit in den ersten 6 Jahren ab dem Jahr 2000.
  • Nur sechs Mal gab es in den Jahren ab 2007 einen Wert, der zu den höchsten fünf der entsprechenden Altersguppe zählte.
  • Nur vier Mal gab es seit 2016 einen Wert, der zu den höchsten zehn aller Jahre ab 2000 zählt. Drei dieser vier Werte stammen aus den Jahren 2022 und 2023 (Achtung, Hochrechnung! Siehe Einleitung“).
  • Bis auf zwei Werte (5-9-jährige Mädchen und 10-14-jährige Knaben) liegen alle Jahre mit den niedrigsten Werten in der Zeit von 2017 bis 2023.
  • Nur sechs Mal war der Wert aus einem der Jahre vor 2013 unter den „Top 5“ seit dem jahr 2000.

So sieht das ganze bei den 25-49 Jahre alten Personen aus

  • Auch hier liegen die „besten Jahre“ alle in den letzten Jahren seit 2016.
  • Das „schlimmste Jahr“ war überall entweder das Jahr 2000 oder das Jahr 2001.
  • Nur viermal gab es nach 2013 in allen 15 Altersgruppen ein Jahr, das unter den schlechtesten zehn Jahren seit 2000 lag – einmal stammt dieser Wert aus dem Jahr 2023, ist also noch mit Vorsicht zu genießen. Acht der 15 Bestwerte mit den wenigsten Todesfällen pro 100.000 Menschen stammen aus den letzten 4 Jahren seit 2020.
  • Je älter die Menschen werden, desto mehr versterben. Und es sterben immer mehr Männer als Frauen in diesen Altersgruppen.

Und wie sieht die Heatmap für die Menschen von 50 bis 74 Jahren aus?

  • Mit zwei Ausnahmen wind wieder die ersten beiden Jahre die „schlimmsten“ in Sachen Sterbegeschehen in allen Altersgruppen und Geschlechtern.
  • Nur bei den Frauen von 55 bis 59 Jahren (2003) und den Frauen von 60 bis 64 Jahren (2004) liegen die höchsten Werte zwei bzw. drei Jahre später.
  • Bis auf drei Werte sind alle Jahre mit „Top-5-Platzierungen“ von 2000 bis 2006 zu finden. Und selbst von den drei Ausnahmen liegen zwei in den Jahren 2009 und 2010. Nur bei den Männern von 65 bis 69 Jahren ist einer der fünf höchsten Werte im Jahr 2015 vermerkt.
  • Wenn eine Altersgruppe wuffällt, dann sind das die Personen im Alter von 70 bis 74 Jahren: Erstens ist der niedrigste Wert bei den Frauen und gesamt schon im Jahr 2011 zu finden und zweitens sind nur in dieser Altersgruppe die Jahre 2020 und (bis auf die Männer) 2021 unter den Jahren mit den sechts- bis zehnthöchsten sterbezahlen pro 100.000 Menschen zu finden.
  • Die zehn „Bestwerte“ für das Jahr 2023 sind noch sehr zu hinterfragen (siehe Vorbemerkung).

Ein Blick auf die Menschen ab 75 Jahren zeigt folgendes:

Wir wissen, dass sich das Sterbegeschehen während der Pendemie vor allem auf die älteren bevölkerungsgruppen konzentriert hat – das durchschnittliche Sterbealter der offiziell an oder mit Covid Verstorbenen lag in Österreich bei über 82 Jahren. Daher muss sich das auch in den Zahlen wiederfinden, oder?

  • Bis auf die Menschen ab 95 Jahren liegen in ALLEN Altersgruppen ab 75 die höchsten Sterbezahlen auch hier in den Jahren 2000 bis 2003.
  • Nur bei den Männern im Alter von 90-94 Jahren sind zwei der höchsten fünf Jahreswerte in Sachen Sterbezahlen pro 100.000 Menschen nach 2005 zu finden – und NIRGENDS liegt dieser Wert bei allen Altersgruppen unter 95 Jahren nach 2008!
    • Blicken wir genauer auf die Menschen, die über 95 Jahre alt wurden, bevor sie verstarben in Österreich seit dem Jahr 2000: Das „schlimmste“ Jahr für diese Altersgruppe war das Jahr 2022 mit den jeweils eindeutig höchsten Werten aller 24 Jahre seit dem Jahrtausendwechsel.
    • Auch das Jahr 2020 zählte zu den fünf Jahren mit den höchsten Sterbezahlen (Platz 3 bei den Frauen und gesamt und vier bei den Männern). Und 2021 war bei den Männern das fünftschlimmste Jahr, was die Sterblichkeit pro 100.000 Menschen betrifft.

Grafiken

Hier noch die Grafiken der einzelnen Altersgruppen zur Veranschaulichung – sie enthalten genau die Zahlen, die oben schon dargestellt wurden:

Das sind die Altersgruppen unter 50 Jahren – blau jeweils die Kurven der männlichen Todesfälle, lila die der weiblichen und schwarz der Gesamtwert beider Geschlechter zusammen.

Hier sehen wir alle Wert von Menschen im Alter von 50 bis 89 Jahren.

Zuletzt die beiden Altersgruppen jenseits der 90. Während der Höchstwert bei den 90-94-Jährigen mit fast 24% an Verstorbenen in einem Jahr im jahr 2000 erreicht wurde, gab es bei den Menschen ab 95 Jahren den Höchststand im jahr 2022 mit fast 40% an Verstorbenen innerhalb des einen Jahres. Das Jahr 2020 hingegen – das erste Jahr der Pandemie – liegt in etwa im Bereich der Jahre 2013 und 2003.

FAZIT

Ja, ich war durchaus wieder einmal überrascht. Nicht nur, weil die Pandemie – auch vor der Einführung der laut Schätzungen der WHO Millionen Menschenleben rettenden Vakzine – in den Zahlen eigentlich nur bei den 70-74-Jährigen und den Menschen über 95 Jahren zu sehen ist. Sonst sind die Jahre, in denen es angeblich zu so dramatisch hohen Übersterblichkeiten kam, so gut wie in keiner Altersgruppe irgendwie auffällig.

Ich finde es auch interessant, dass es offensichtlich bereits in anderen Jahren durchaus bemerkenswerte Anstiege bei den – relativ berechneten (also pro 100.000 Menschen) – Todesfällen von Jahr zu Jahr gab. Wer sich zum Beispiel 2015 genauer ansieht, erkennt hier durchaus starke Anstiege in manchen der Altersgruppen über 60. Und falls jemand glaubt, dass dies mit dem durchaus rekordverdächtig hohen Temperaturen in diesem Jahr zu tun hat, den muss ich enttäuschen. Ich weiß aus anderen Berechnungen aus diesem Jahr, dass die Übersterblichkeit NICHT aus dem Sommer resultiert! Auch die Jahre 2007 und 2018, die überdurchschnittlich warm waren, deuten nicht auf viel mehr Todesfälle wegen hoher Temperaturen hin.

Zu beobachten bleibt ein bedenklicher Trend bei den jungen Menschen von 15 bis 24 Jahren, wo es zuletzt zu einem auffallenden Anstieg der Todesfälle kam – auch wenn diese in Summe natürlich viel weniger Todesfälle ausmachen als bei den älteren Menschen.