Sterbegeschehen in Österreich seit 1970

Vorbemerkung mit Kopfweh

Manchmal ist es seltsam: Auf den ersten Blick scheint es, wenn es um die Sterbefälle in Österreich geht und ich wissen will, wie alt die Verstorbenen waren, keine Zahlen vor 2000 zu geben. Per Zufall habe ich jedoch entdeckt, dass es sehr wohl Zahlen dazu gibt: Bei den Todesursachen gibt es bereits ab 1970 Zahlen zu den Altersgruppen der Verstorbenen. Diese können zwar – was ich vollkommen unsinnig finde – NICHT mit den Todesursachen verknüpft werden, wenn ich jedoch keine Todesursache auswähle, sondern alle in den jeweiligen Altersgruppen Verstorbenen suche, finde ich plötzlich die fehlenden Daten vor 2000. Bei solchen Tatsachen erwacht mein Schleudertrauma wegen Kopfschüttelns in Sachen Daten aus der offiziellen Pandemiezeit wieder zum Leben…

Doch jetzt zur Auswertung der Daten nach Altersgruppen – dazu noch eine Vorbemerkung: Die Zahlen für 2024 sind noch „vorläufige Zahlen“ aus den wöchentlichen Berichten der Statistik Austria – die können sich dahe rnoch geringfügig ändern…

Die Allerjüngsten

Ich beginne mit der Altersgruppe, bei der das Zusammenfassen von 5-Lebensjahren absolut keinen Sinn macht: Die Babys und Kleinkinder unter 5 Jahren. Der Grund ist schnell erklärt: Ab dem ersten Geburtstag gibt es – zum Glück – bis zum 50. Lebensjahr derzeit nirgends eine Altersgruppe, in der mehr als 1 Person pro 1.000 Menschen im Jahr stirbt. Bei den Säuglingen (den Babys bis zum ersten Geburtstag) sind es derzeit (2024) 3 pro 1.000 – das entspricht in etwa den 60-70-Jährigen, was die Sterbezahlen betrifft. Daher macht es keinen Sinn, hier alle unter 5 Jahren zusammenzufassen. Ich habe das getrennt dargestellt – und vorne weg gibt es auch noch Zahlen zu den Totgeburten.

Totgeburten

1995 gab es bei den Totgeburten eine Definitionsänderung. Bis 1994 galt ein Kind als Totgeburt, wenn es mindestens 35cm groß war und keine Lebenszeichen festgestellt werden konnten. Ab 1995 wurde die Defintion geändert:

„Ab 1995 (neue Definition entsprechend den WHO-Richtlinien) gilt eine Leibesfrucht dann als totgeboren oder in der Geburt verstorben, wenn weder die Lungenatmung eingesetzt hat noch sonst ein Lebenszeichen erkennbar ist und sie ein Geburtsgewicht von mindestens 500 Gramm aufweist. (Totgeborene Leibesfrüchte, deren Geburtsgewicht weniger als 500 Gramm beträgt, gelten als Fehlgeburten und werden nicht beurkundet.)
Da die bis 1994
gültige Definition mit 35 cm Körperlänge einem durchschnittlichen Geburtsgewicht von etwa 1000
Gramm entspricht, die ab 1995 gültige Definition aber bei einem Geburtsgewicht von mindestens
500 Gramm ansetzt, bedeutet das eine definitorische Erhöhung der Totgeburtenhäufigkeit um
etwa ein Drittel ab 1995.“
QUELLE: Statistik Austria

Daher folgen hier zwei getrennte Darstellungen für die beiden Zeiträume:

Bis zum Jahr 1995 sank tendenziell die Zahl der Totgeburten pro 1.000 Geburten von etwa 10 auf 3 – ein starker Rückgang. Seit 1995 sieht das anders aus. Das Jahr mit den meisten Todesfällen (immer rot markiert in der Grafik) war 1996 mit fast genau 4,5 pro 1.000 – nach der neuen Definition! Am wenigsten (jeweils die grüne Säule) waren es 2019 mit 3,07. Seit 2020 ist die Zahl HÖHER als in den Jahren seit 2012, 2020 war sie sogar höher als in allen Jahren seit 2008. Dieses Jahr 2020 ist mit 3,79 pro 1.000 Geburten das höchste der letzten fünf Jahre und ist darum orange hervorgehoben.

Säuglingssterbefälle

Bei den Säuglingssterbefällen gab es vor 55 Jahren noch über 25 Todesfälle auf 1.000 Säuglinge. Das sind 2,5% aller Geborenen, die das erste Lebensjahr nicht überlebten oder jedes 40 Baby! Diese Zahl sank bis 1987 auf unter 10 und liegt seit 1997 unter 5 – das entspricht etwa jedem 20. Lebendgeborenen. Das Jahr mit der niedrigsten Sterblichkeit vor dem ersten Geburtstag war das Jahr 2022 mit 2,44 pro 1.000 – das sind 0,24% – ein Zehntel der Sterblichkeit von vor 55 Jahren! Von den letzten 5 Jahren war 2020 das Jahr mit den höchsten Zahlen, damals waren es 3,13 pro 1.000.

Kleinkinder im Alter von 1-4 Jahren

Bei den Kleinkindern sieht das Ganze – ohne die Säuglinge – so aus:

Genau 1 von 1.000 Kindern im Alter von ein bis vier Jahren verstarb im Jahr 1970 in Österreich. Seit 1986 sind es weniger als 0,5, seit 2010 weniger als 0,2 pro 1.000. Von den letzten sechs Jahren sticht am ehestens 2019 heraus – allerdings sprechen wir hier bei so niedrigen Sterbezahlen von sehr geringen Unterschieden.

Kinder im Alter von 5-9 Jahren

In dieser Altersgruppe ist die Sterblichkeit noch geringer als bei den Kleinkindern. Schon 1970 waren es „nur“ 0,5 pro 1.000, seit Mitte der 80er-Jahre sind es weniger als 0,25 und seit 2006 liegt die Sterblichkeit bei unter 0,1 pro 1.000. Das heißt, seit dem Jahr 2006 gab es niemals mehr als einen Sterbefall unter 10.000 Kindern in diesem Alter pro Jahr! Die niedrigsten Werte stammen aus dem Jahr 2015 und 2021, am höchsten war der Wert zuletzt 2024 – auch hier gilt: bei so niedrigen Zahlen sind die Unterschiede sehr gering!

Die 10-14-Jährigen

Nicht immer war 1970 das Jahr mit den meisten Todesfällen seit 1970. Das erste Mal anders ist das hier, wo es 1971 noch etwas mehr waren. Die Zahlen liegen ganz ähnlich wie bei den 5-9-Jährigen, beginnen mit etwas weniger (0,45 pro 1.000) und liegen seit 2007 um 0,1 pro 1.000. 2022 war nicht nur in den letzten Jahren der höchste Wert, sondern auch der höchste seit 2015. Und 2024 scheint das Jahr mit den niedrigsten Sterbezahlen in dieser Altersgruppe seit 1970 zu sein.

Die 15-19-Jährigen

Bei den „Teens“ war 1973 mit fast 1,2 Todesfällen pro 1.000 das höchste Jahr, die Werte sanken hier langsamer als bei den Kindern bis 10 Jahren ab und liegen seit 1995 durchgehend unter 0,6 pro 1.000. Seit 2010 liegen sie unter 0,4, allerdings waren sie seither nie höher als 2023 (0,36) – das ist deutlich mehr als im Jahr 2013 mit den niedrigsten Zahlen (0,26). Auch 2024 liegt so wie es aussieht höher als alle anderen Jahre seit 2012.

Die 20-24-Jährigen

1971 gab es fast 1,4 Todesfälle unter 1.000 Menschen im Alter von 20 bis 24 Jahren. Seit 2005 liegt diese Zahl permament unter 0,6 und seit 2012 immer zwischen 0,32 und 0,42 Todesfällen pro 1.000 Menschen in dieser Altersgruppe. In den letzten Jahren waren 2021 und 2022 die beiden mit den höchsten Werten, der niedrigste Wert stammt aus dem Jahr 2017.

25-29 Jahre

Auch hier liegt der Höchstwert im Jahr 1971 – damals waren es mit 1,2 noch weniger als bei den 20-24-Jährigen zuvor. Auch hier sind die Werte seither fast durchgehend gesunken. Der niedrigste Wert stammt aus dem Jahr 2020 (0,33), der zuletzt höchste aus dem Jahr 2022 mit 0,42 pro 1.000 Menschen.

30-34 Jahre

Fast 1,5 Todesfälle pro 1.000 waren es 1971 bei den 30 bis 34 Jahre alten Menschen in Österreich. Diese Zahl blieb bis in die Mitte der 80er-Jahre eher gleich, Seither sank sie schnell ab – ab 1997 waren es immer weniger als 0,75. Seit etwa 2008 pendeln die Werte immer um 0,5 Todesfälle pro 1.000. Der niedrigste Wert stammt auch hier aus dem Jahr 2017, zuletzt am höchsten waren gleichauf 2019 und 2021.

35-39 Jahre

Seit längerem wieder einmal ein Spitzenwert aus dem Jahr 1970: Etwa 2,2 Todesfälle pro 1.000 Menschen waren es damals, seit 1985 weniger als 1,7 und seit 1996 weniger als 1,2. Ab 2006 lag diese Zahl ummer unter 0,9 Todesfällen pro 1.000.
Die zwei Jahre mit den tiefsten Werten waren 2016 und 2019 – seit 2019 steigen die Zahlen leicht an, 2024 wird das Jahr mit den höchsten Zahlen seit 2010 werden!

40-44 Jahre

Bis 1976 gab es in dieser Altersgruppe immer mehr als 3 Todesfälle pro 1.000 Menschen, seit 1977 nie mehr. Mit leichten Schwankungen ist hier generell ein Trend nach unten zu sehen. Der niedrigste Wert stammt aus dem jahr 2019, der höchste zuletzt aus dem Jahr 2024.

45-49 Jahre

Eine Besonderheit sehen wir hier: Der höchste Wert seit 1970 stammt bei den 45-49-Jährigen aus dem Jahr 1979 – damals starben fast 5 von 1.000 Menschen. Seit 2004 liegt diese Zahl durchgehend unter 2,5. 2024 (1,51) könnte das Jahr mit den niedrigsten Werten werden, zuletzt war 2021 das Jahr mit den höchsten Zahlen.

50-54 Jahre

Auch bei den 50-54-Jährigen war 2021 zuletzt das Jahr mit den höchsten Zahlen, diese liegen mit fast 3 pro 1.000 schon deutlich höher als bei der Altersgruppe davor. Am niedrigsten sind die Werte von 2024, es könnte das erste Jahr werden, in dem weniger als 2,5 pro 1.000 Menschen in diesem Alter gestorben sind. Der Höchstwert liegt hier noch später als bei den 45-49-Jährigen: Im Jahr 1983 waren es mehr als 7 pro 1.000 Menschen!

55-59 Jahre

Fast wie mit dem Lineal gezogen sind die Werte in dieser Altersgruppe. 1970 gab es hier noch fast 11,5 Todesfälle pro 1.000 Menschen – das ist mehr als 1 von 100! Seit 1995 sind es immer weniger als 7,5 pro 1.000 gewesen und seit 2016 waren es niemals mehr über 5 pro 1.000 Menschen, die im Laufe eines Jahres verstarben. Den höchsten Wert der letzten Jahre gab es hier 2020, ganz knapp vor 2021 – der niedrigste wird ziemlich sicher von 2024 stammen.

60-64 Jahre

Fast das gleiche Bild sehen wir hier: Waren es 1970 am meisten (seit 1970), nämlich fast 20 pro 1.000 – so liegt der Wert dieses Jahr wahrscheinlich unter 7 pro 1.000 – also fast nur mehr ein Drittel von damals. Der höchste Wert der letzten Jahre stammt wie oft aus dem Jahr 2021.

65-69 Jahre

Vor 55 Jahren waren Menschen in diesem Alter schon einige Jahre in Pension. Zur Zeit ist das jenes Alter, in dem Männer in „Alterspension“ gehen dürfen:

1970 starben mehr als 30 von 1.000 in einem Jahr, seit 2002 sind es nicht einmal mehr halb so viele. Der niedrigste Wert könnte auch hier aus dem vergangenen Jahr stammen mit rund 11,5 pro 1.000, auch hier war 2021 das schlechteste Jahr der letzten 5-6 Jahre.

70-74 Jahre

Waren es 1970 noch mehr als 5%, also mehr als jeder 20. im Alter von 70-74 Jahren, die in einem Jahr verstarben, so sind es heute unter 2%. Auch hier war 2021 das Jahr mit den höchsten Zahlen der letzten Jahre – in dem Fall sogar aller Jahre seit 2006! Und ebenfalls zu sehen: Auch hier kann 2024 das Jahr mit den niedrigsten Zahlen seit 1970 werden.

75-79 Jahre

Es ändert sich etwas: Bei den 75-79-Jährigen ist das Jahr 2016 das mit den niedrigsten Zahlen gewesen – damals starben 29,3 Menschen pro 1.000 – das sind fast drei Mal weniger als 1970, als noch fast 85 Menschen von 1.000 aus dieser Altersgruppe das Zeitliche segneten. Auch hier war – ganz knapp vor 2020 – das Jahr 2021 das mit den meisten Todesfällen in der letzten Zeit – in dem Fall seit 2010.

80-84 Jahre

Wer bei mir mitliest, weiß: Das ist die Altersgruppe, die dem Mittel aller „mit und an Covid“ Verstorbenen entspricht.

Tatsächlich war auch 2020 ganz knapp das Jahr mit den meisten Todesfällen der letzten 6 Jahre in dieser Gruppe. Am wenigsten waren es 2019 und 2024. Vor 55 Jahren starben hier noch etwa 13,5% aller Menschen in einem Jahr, heute sind es weniger als 5,5%. „Spitzenjahr“ war hier wieder einmal 1971.

85-89 Jahre

Mehr als jeder fünfte aus dieser Altersgruppe verstarb in den Siebzigerjahren innerhalb eines Jahres. Seit 2006 ist es nur mehr einer von ungefähr 8 und 2023 und 2024 waren es weniger als einer von 9. Der höchste Wert seit 2015 stammt hier aus dem Jahr 2020.

90-95 Jahre

1971 starb noch fast jede dritte Person im Alter von 90 bis 94 Jahren im Laufe eines Jahres. Der niedrigste Wert aus dieser Altersgruppe stammt hier aus dem Jahr 2014, als 196 pro 1.000 Menschen verstarben, das sind nicht einmal mehr eine(r) von 5. Der höchste Wert der letzten Jahre (bis 2008 zurück) stammt hier interessanterweise aus dem Jahr 2022!

Menschen ab 95 Jahren

Mehr als 42 Mal so viele Menschen als 1970 leben heute in Österreich, die 95 Jahre oder älter sind. Das ist eine GEWALTIGE Steigerung! Wie sieht es bei den Ältesten der Alten aus in Sachen Sterbegeschehen pro 1.000 Menschen? Nimmt dieses wie bisher auch überall ab?

Die Antwort ist ganz klar: NEIN! Der niedrigste Wert dieser Altersgruppe stammt aus dem Jahr 1987. Damals waren es „nur“ 307 von 1.000 – also knapp ein Drittel, das verstarb. Auf den ersten Blick könnte man meinen, zumindest hier die „Pandemie“ zu finden, weil die rote Säule mit den höchsten Zahlen hier in der jüngsten Vergangenheit liegt: Es war allerdings das Jahr 2022, in dem mehr als 40% aller Menschen über ab 95 Jahren verstorben ist!

Fazit

In ALLEN Altersgruppen – außer der, in der die Menschen 95 Jahre oder älter sind, sinken die Todeszahlen seit 1970 ab. Am stärksten war der Rückgang in den 90er-Jahren, seit etwa 2006 ist es in vielen Gruppen kaum mehr zu einem weiteren Rückgang gekommen.

Auf dieser „Heatmap“ sehen wir die Todesfälle der letzten 6 Jahre. Violett hervorgehoben sind die Jahre mit den höchsten Zahlen pro 1.000 Menschen und Altersgruppe. Nur bei den Totgeburten, den Säuglingssterbefällen, den 55-59-Jährigen und den 80-90-Jährigen war 2020 das Jahr mit den höchsten Zahlen. Lassen wir die Geburten und Säuglinge außen vor, sind das genau 3 Altersgruppen. Sieben Mal war 2021 das „schlimmste“ Jahr, 5 Mal das Jahr 2022 – dabei ist bei den Menschen ab 95 Jahren auch das EINZIGE mit der höchsten Sterblichkeit seit 1970 dabei. Überall sonst lag die Sterblichkeit WEIT unter dem Maximum der letzten 55 Jahre. Einmal war das Jahr 2023 das mit den höchsten Zahlen der letzten sechs Jahr und dreimal das abgelaufene Jahr 2024 – in beiden Jahren waren das Altersgruppen unter 45 Jahren.

Zur Verdeutlichung dazu noch eine letzte Grafik:

Im Schnitt lag die „höchste Sterblichkeit“ der letzten 6 Jahre nicht nur ganz selten im Jahr 2020, als uns allen von der besonderen Notlage, den vielen Todesfällen, den überlasteten Krankenhäusern und anderem berichtet wurde. Im Vergleich der Maxima der letzten sechs Jahre zum Maxima des Sterbegeschehen seit 1970 liegen – bis auf EINE Altersgruppe – ALLE Sterbezahlen DEUTLICH unter den Werten aus früheren Jahren.
Diese eine Ausnahme ist die Altersgruppe 95 Jahre und älter – und hier liegt das Maximum im Jahr 2022! Daher gehe ich davon aus, dass wohl eher die restriktive Maßnahmenpolitik, die zu einer zunehmenden Vereinsamung dieser Menschen führte, oder eine andere Tatsache an diesem „Spitzenwert“ Schuld war und nicht die so gefährlich dargestellte Krankheit selbst.

Gut ist, dass 2024 grundsätzlich ein Jahr gewesen zu sein scheint, in dem das Sterbegeschehen allgemein zurück gegangen ist – zumindest für Menschen, die wissen, dass Zahlen relativiert werden müssen, um sie vergleichen zu können. Denn eines ist fix: Die Sterbezahlen an sich werden – auch ohne den vielerorts heraufbeschworenen neuen Angstmacher „Krieg“ – in den nächsten Jahren kräftig zunehmen. Dafür sorgen die geburtenstarken Jahrgänge, die jetzt immer mehr ins „klassische Sterbealter“ vorrücken.