Noch einmal die Krankenstände

Ich habe mir die Zahlen zu den Altersgruppen und Krankenständen noch einmal angesehen und mir etwas berechnet, was die Statistik Austria – aus welchem Grund auch immer – nicht anführt: Es wird zwar angegeben, wie viele KrankenstandsTAGE es pro Erwerbstätigem gibt, aber nicht, wie sich die KrankenstandsFÄLLE entwickelt haben.
Sprich: Wenn – aus welchem Grund auch immer – die DAUER der einzelnen Krankenstände sinkt, dann fällt durch so eine Darstellung die ANZAHL der Krankenstände, wenn sie steigt, gar nicht auf.
Seht selbst, was ich dabei entdeckt habe:

Zuerst musste ich mir die Zahl der Erwerbstätigen suchen – die hat sich so entwickelt zum jeweiligen Jahresende:

Bei den Menschen unter 20 Jahren hat sie deutlich abgenommen von fast 200.000 auf etwa 140.000 in fast 30 Jahren. Im Gegensatz dazu gibt es heute etwa doppelt so viele Menschen ab 65 Jahren, die immer noch erwerbstätig sind. Trotzdem stellen beide Gruppen die absolute Minderheit dar unter allen Erwerbstätigen.
Die größte Gruppe waren vor 30 Jahren die 20-34 Jahre alten Menschen, heute sind es die 35-49 Jahre alten Personen. Das ist leicht erklärt, weil die Babyboomer sich in dieser Altersgruppe befanden bzw. befinden. Stark zugenommen hat die Zahl der Menschen, die 50-64 Jahre alt sind – auch hier stecken viele geburtenstarke Jahrgänge hinter dem Anstieg.

Für uns ist weniger relevant, wie viele Menschen in welcher Altersgruppe erwerbstätig sind, sondern das In-Bezug-Setzen dieser Größen zu den Krankenständen. Die absoluten Zahlen der Krankenstände sind bei den ursprünglich von mir verwendeten Daten der Statistik Austria zu finden:

Natürlich liegen die beiden Gruppen, die den Großteil der Erwebstätigen stellen, hier vorne. Auffallend sind allerdings die Schwankungen zuletzt. Sehen wir uns das Ganze aber gleich „relativiert“ an und zur besseren Sichtbarkeit pro Altersgruppe einzeln:

Bei den Menschen unter 20 Jahren, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, gab es 1995 etwa 1,6 Krankenstandsfälle pro Person und Jahr. Dieser Wert stieg bis 2019 kontinuierlich auf 2,6 Fälle (+62,5%) an. Dann erfolgte im Jahr 2020 ein starker Rückgang auf nur mehr 2 Fälle pro Jahr, ehe im Jahr 2021 das Gegenteil passierte und die Werte auf fast 3,5 Fälle pro Erwerbstätigem stiegen. Auch 2023 blieb dieser Wert hoch – weit höher, als es der lineare Trend vermuten lassen würde…

Bei den 20 bis 25-Jährigen war der Anstieg von 0,9 auf 1,4 im Jahr 2019 mit einem Plus von 55,5% geringer. Danach erfolgte auch hier ein starker Rückgang im Jahr 2020, dem ein deutlich zu hoher Anstieg im Jahr 2022 folgte. 2023 blieben die Werte gleich erhöht wie 2022.

Bei der zweiten großen Gruppe, den 35-49-Jährigen, stiegen die Werte von 0,7 im Jahr 1995 auf 0,9 im Jahr 2019 – das ist nur ein Anstieg von +28,5%. Auch hier das selbe Bild: einem Abfall im Jahr 2020 folgte ein rascher Anstieg über den Trend bis 2022 – hier setzt sich die Aufwärtsbewegung sogar 2023 noch weiter fort!

Bei den 50-64-Jährigen zeigt sich praktisch dasselbe Bild wie bei der Altergruppe darunter – auch die Werte sind fast identisch:

Überraschend sind die Werte vor allem bei den Menschen ab 65, die noch erwerbstätig sind:

Erstens arbeiten wohl nur eher gesunde Menschen noch im Alter von 65, denn die Zahl der Krankenstände pro Erwerbstätigem sind DEUTLICH niedriger als in allen anderen Gruppen (am höchsten sind sie übrigens immer schon bei den Unter-20-Jährigen). Und zweitens gab es hier neben dem schon bekannten Anstieg in den Jahren 2022 und 2023 auch rund um 2005 einen starken Anstieg der Krankenstandsfälle pro Erwerbstätigem! Etwa 83% höher waren die Zahlen damals im Vergleich zu 1995 – gleich hoch waren sie erst wieder 2019.
Bei den ansteigenden Fallzahlen der letzten zwei Jahre fällt zudem auf, dass der „Abfall“ aus dem Jahr 2020, der sonst überall zu beobachten war, hier nicht vorhanden ist!
Der absolute Tiefststand in dieser Altersgruppe war übrigens auch zu einem anderen Zeitpunkt als bei den anderen Gruppen: Im Jahr 2010 gab es gerade einmal 0,04 Krankenstandsfälle pro Erwerbstätigem über 64 Jahren!

FAZIT

Die KrankenstandsFÄLLE nehmen im Gegensatz zur KrankenstandsDAUER in Österreich zu. Besonders auffallend ist dabei, dass es seit einem Rückgang (Ausnahme Erwerbstätige ab 65) von 2019 auf 2020 in ALLEN Altersgruppen kontinuierlich STEIL bergauf geht mit der Zahl der Krankenstandsfälle pro Erwerbstätigem.
Was mich überrascht hat war die Tatsache, dass die Fälle pro Erwerbstätigem mit dem Alter immer weniger werden und bei den Menschen unter 20 Jahren etwa doppelt bis dreimal so hoch sind wie bei den 35 bis 65-Jährigen. Das war allerdings schon 1995 so und hat sich nur weiter verstärkt.

Warum die Fälle seit 2020 so stark zunehmen kann ich nicht sagen, dazu müssten wir wirklich Menschen in Gesundheitsberufen fragen. Warum die KrankenstandsTAGE pro Fall abgenommen haben, könnte ich mir durch die Tatsache erklären, dass überall versucht wird, Kosten einzusparen.