Heute habe ich ein paar Highlights aus dem Ländle, die mir gerade auffallen… nicht alles davon macht wirklich noch Sinn (oder hat jemals Sinn gemacht), vor allem, wenn wir bedenken, was anfangs gesagt wurde vor inzwischen fast zweieinhalb Jahren und was als Ziel genannt wurde…
Vorwort 1: Inzidenz – Unsinn oder sinnlos?
Zur Erinnerung: Was ist eine Inzidenz, wie sie immer noch verwendet wird? Sie stellt die Zahl der Menschen dar, die innerhalb der letzten 7 Tage (erstmalig im Sinne von für die aktuelle „Infektion“) einen positiven Test auf Covid 19 hatten – und zwar berechnet auf 100.000 Menschen.
Diese Relativierung macht durchaus Sinn, weill es ja einen Unterschied macht, ob es einen positiven Fall in Dornbirn gibt (dort bedeutet der eine Zunahme der Inzidenz um genau 2), oder in Nüziders (dort steigt die Inzidenz dadurch um ungefähr 20) oder in Dünserberg (dort macht ein Fall gleich eine Inzidenz von 694!). Vergleich kann ich das also nur, wenn ich berücksichtige, wie viele Menschen es sind.
Das hätte allerdings von Anfang an auch durch Prozentangaben erfolgen können. Dann wäre ein Fall in Dornbirn eine Zunahme um 0,002%, in Nüziders um 0,020% und in Dünserberg um 0,694% (der Einwohner).
Allerdings gibt es Menschen, die behaupten, das wäre dann eine Verharmlosung der Zahlen. Ich finde, das kann nur jemand sagen, der Zahlen nicht versteht. Denn ob wir es bei einer Inzidenz von 2.986 (heute in Lingenau) berechnen oder bei einem Prozentwert von 2,986% – es dauert in BEIDEN Fällen bei gleichbleibender Intensität mehr als 33 Wochen, bis ALLE Menschen im Ort theoretisch einmal positiv waren.
Genauso ist es aber auch falsch zu behaupten, dass Inzidenzen bei kleinen Ortschaften sinnlos sind, weil die Zahl höher ist als die Zahl der Einwohner. Sie sind dort genauso sinnvoll oder sinnlos wie bei großen Städten. Allerdings stellt sich wieder die Frage, ob Prozentwerte nicht besser wären.
Vorwort 2: Abgesonderte & Inzidenz – immer noch sinnvoll?
Auch ein zweiter Wert ist derzeit zu hinterfragen: Die Zahl der Abgesonderten in den einzelnen Ortschaften – vor allem im Zusammenhang mit den Inzidenzen. Denn durch die Tatsache, dass Menschen nach 5 Tagen schon wieder aus der Absonderung entlassen werden können, kommt es so gut wie überall dazu, dass die Inzidenz (7 Tage) noch Fälle zählt, die schon nicht mehr in Absonderung sind! Das ist, als würden wir in einem Wald die Bäume zählen, in dem hinter uns einige der gezählten Bäume schon wieder gefällt werden.
Dünserberg
Dünserberg hat heute Mittag keinen einzigen aktiv Positiven (=Abgesonderten). Allerdings gab es vor vier Tagen einen positiven Test, vor sechs Tagen und sieben Tagen gab es ebenfalls jeweils eine(n) neue(n) positiv Getestete(n) (von denen einer jedoch schon ein Genesener war, als er/sie eingetragen wurde!).
Das führt dazu, dass Dünserberg heute – bei KEINEM ABGESONDERTEN – eine Inzidenz von 2.083 hat (was 2,083% aller Menschen in Dünserberg entspricht).
Warth
Warth ist vielen auch darum bekannt, weil es im Winter kurzzeitig eine Inzidenz von mehr als 20.000 hatte – das würde dann bedeuten, dass innerhalb einer Woche mehr als 20% aller Wather und Wartherinnen positiv getestet worden sind. Das war damals jedoch nur möglich, weil zur Winterzeit offensichtlich viele dort wegen einem Job im Tourismus gemeldete Menschen positiv waren. Diese werden bei der Berechnung der Inzidenzen der Ortschaften nicht berücksichtigt, weil sich diese an den offiziell dort mit Wohnsitz gemeldeten Menschen bei den Zahlen des Landes Vorarlberg orientiert.
Auch Warth hat keinen einzigen Abgesonderten im Ort zur Zeit. Und jetzt wird es interessant: Es gab in Warth laut Landes-Dashboard einen neuen positiven Test am 17. Juli – also VORGESTERN! Diese Person wurde bereits ZWEI TAGE nach dem positiven Test wieder als „genesen“ geführt!
Nichtsdestotrotz bleibt die Inzidenz im hintersten Bregenzerwald damit noch weitere vier Tage auf mindestens 592 – so viel steigt sie dort nämlich pro positivem Test!
Lingenau
Aber so etwas passiert ja nur bei den einwohnermäßig extrem kleinen Ortschaften, oder? Lingenau, vor gut einer Woche Veranstalter des großen Bezirksmusikfestes, hat mehr als 10 mal so viele EinwohenrInnen wie Dünserberg und fast 10 Mal so viele wie Warth.
Heute sind 1,715% aller LingenauerInnen in Absonderung (Stand 12 Uhr). Das ist einer der höchsten Werte im Land.
Trotzdem liegt die Inzidenz bei 2.986, was 2,986% der Menschen aus Lingenau bedeutet. Das heißt, dass von den 46 in den letzten 7 Tagen positiv getesteten Lingenauern und Lingenauerinnen bereits 19 wieder aus der Absonderung entlassen worden sind. In dem Fall entspricht die Zahl fast exakt den Menschen, die vor 6 und 7 Tagen positiv waren – es sind nämlich 20!
Nüziders
Werfen wir noch einen Blick auf Nüziders – letztes Wochenende Veranstalter des Bezirksfeuerwehrfestes.
Die Inzidenz 1.477 sagt uns, dass in den letzten 7 Tagen 1,477% aller in Nüziders gemeldeten Personen ein positives Testergebnis hatten.
1,134% aller Menschen aus Nüziders sind derzeit in Absonderung – das sind 56 Personen. Es wurden in den letzten 5 Tagen jedoch nur 46 davon positiv getestet – die anderen 10 sind zumindest schon 6 Tage in Absonderung.
Spitzenreiter Übersaxen
Nirgends gibt es derzeit – rechnerisch – einen Menschen, der länger als 7 Tage abgesondert ist – außer in Übersaxen, dort sind es 8 Tage, die zumindest EINE Person abgesondert sein muss.
0,813% aller Menschen sind dort derzeit in Absonderung.
Nur 0,650% wurden in den letzten 7 Tagen positiv getestet.
FAZIT
Siehe bitte auch die Vorworte – meiner Meinung nach war den „Erfindern“ der Dashboards nicht bewusst, wie sich die Zahlen und die Lage entwickeln werden. Und darum haben wir jetzt extrem hohe Werte, bei denen es vor zwei Jahren sicher anders ausgeschaut hätte.
Vielleicht wäre es am besten, wenn es keine offiziellen Zahlen mehr geben würde und wir das Kranksein entpolitisieren würden? Dann könnte es vielleicht auch nicht passieren, dass ein über 90 Jahre altes positiv getestetes Paar in Österreich von einem Arzt zuhause besucht werden kann und nicht quasi „alleine gelassen“ wird… beiden geht es übrigens – trotzdem – inzwischen wieder deutlich besser so weit ich weiß!