Sterben ist das einzige, das uns allen mit Sicherheit bevorsteht, wenn wir leben. Wenn es um die Zahlen in Zusammenhang mit dem Sterben geht, gibt es einiges, das beachtet werden sollte. Ich versuche einmal, das eine oder andere darzustellen und am in Teil 2 geht es dann um die wöchentlichen Sterbezahlen in Europa seit dem Jahr 2000 – aufgegliedert nach 5-Jahres-Altersgruppen, sofern verfügbar.
Wo passiert’s am häufigsten?
Wenig verwunderlich ist, dass – anteilsmäßig – mehr Menschen sterben, je älter die Gruppe ist, die wir anschauen. Wenn wir ALLE Verstorbenen der Jahre 2000 bis 2023 zusammen betrachten, zeigt sich folgendes Bild für die von mir ausgewählten Staaten (Österreich und seine Nachbarn ausg. Liechtenstein [zu klein für Datnvergleiche] und einige ausgewählte europäische Länder):
![](https://usercontent.one/wp/www.zahlenfreak.at/wp-content/uploads/2025/02/grafik-6-300x215.png?media=1694762373)
Während in der Slowakei gerade einmal etwa die Hälfte aller Verstorbenen 75 Jahre oder älter sind, sind es in Italien genau 75%. Will heißen: In Italien sind 3 von 4 Todesfälle mindestens 75 Jahre, in der Slowakei „nur“ 1 von 2. Auch Tschechien, Ungarn und Bulgarien haben weniger als 60% Anteil an Todesfällen von Menschen ab 75 Jahren. In den meisten Ländern liegt der Anteil in etwa bei zwei Drittel.
![](https://usercontent.one/wp/www.zahlenfreak.at/wp-content/uploads/2025/02/grafik-7-300x213.png?media=1694762373)
Wenn wir das Ganze ohne alle Menschen, die mindestens 85 Jahre alt werden darstellen, dann sind die Zahlen kaum anders. Das liegt daran, dass nur wenige Menschen 85 Jahre und älter werden. Wir können also festhalten, dass in allen von mir ausgewählten Staaten der Großteil der Sterbefälle Menschen im Alter von 75 bis 84 Jahren betrifft.
![](https://usercontent.one/wp/www.zahlenfreak.at/wp-content/uploads/2025/02/grafik-8-300x151.png?media=1694762373)
Um das zu präzisieren, habe ich noch dargestellt, wie große der Bevölkerungsanteil in dieser Gruppe ist: Zwischen 3,5% (Slowakei im Jahr 2000) und 8,7% (Deutschland im Jahr 2020). Das bedeutet, dass rund 5%-6% der Menschen in allen Staaten in der Altergruppe leben, in der durchschnittlich zwei Drittel aller Todesfälle passieren.
Die Bevölkerungsstruktur
In Folge werde ich immer wieder Österreich, die Schweiz, Deutschland und Schweden genauer betrachten und manchmal auch Bulgarien. Die ersten drei sind die deutschsprachigen Länder, Schweden wurde – auch während der Pandemie – immer wieder mit Österreich verglichen und Bulgarien fällt (siehe später) immer wieder auf.
Beginnen wir mit der Schweiz: Hier sehen wir für die jeweiligen Altersgruppen (und ganz oben die Gesamtbevölkerung) die Zahlen unseres Nachbarlandes: Die Schweiz ist insofern interessant, weil sie als neutrales Land nicht aktiv an den beiden Weltkriegen beteiligt war. Dadurch gab es dort in dieser Zeit kaum Todesfälle durch Gefallene oder auch Angriffe. Wir sehen (dunkelgrüne Felder mit weißer Schrift) in jeder Altersgruppe, in welchem Jahr es in der Gruppe am wenigsten Menschen gab und (dunkelrotes Feld mit weißer Schrift) in welchem am meisten:
![](https://usercontent.one/wp/www.zahlenfreak.at/wp-content/uploads/2025/02/grafik-9-300x75.png?media=1694762373)
Ab dem Alter von 15 Jahren gibt es 15 verschiedene 5-Jahres-Altersgruppen. In 11 davon war die Zahl der Menschen in dieser Gruppe im Jahr 2000 am niedrigsten. Das bedeutet, dass die Schweiz ein klassisches Einwanderungsland sein muss, außer es würden jedes Jahr mehr Menschen geboren in der Schweiz. Acht Mal ist bei diesem Altersgruppen auch das Jahr 2023 das mit den meisten Menschen in der jeweiligen Altersgruppe. Was auffällt in der Schweiz, ist (rosarote Rahmen), dass es offensichtlich in der Mitte der Neunzigerjahre sehr viele Babys gegeben haben muss, denn für diese Jahrgänge zieht sich der Höchstwert in späteren Jahren durch. Genauso muss es in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends WENIGE Babys gegeben haben, denn hier finden sich bis 2016 (und auch 2022) sehr niedrige Zahlen in den entsprechenden Gruppen.
![](https://usercontent.one/wp/www.zahlenfreak.at/wp-content/uploads/2025/02/grafik-10-300x77.png?media=1694762373)
Ganz anders sieht das in Österreich aus, das stark in zwei Weltkriege verwickelt war: Im Jahr 2000 zum Beispiel, als die Menschen, die zwischen 1935 und 1940 zur Welt kamen, 60-64 Jahre alt waren, ist deutlich zu erkennen, dass damals entweder weniger Menschen zur Welt kamen, oder viele dieser Babys im Jahr 2000 nicht mehr lebten, weil sie wahrscheinlich in den Kriegsjahren verstorben sind. Diese niedrigen Zahlen (rosa Rahmen) ziehen sich durch bis 2023 in die Gruppe der Menschen ab 85 Jahren. Das gleich sehen wir im Jahr 2000 für den ersten Weltkrieg bei den 80 bis 84-Jährigen und etwa 5 Jahre später bei den Menschen ab 85.
Was bei uns ebenfalls auffällt, sind die Menschen, die im Jahr 2000 30-34 Jahre alt waren – also die, die zwischen 1965 und 1970 zur Welt kamen (Babyboomer). Hier zieht sich der Höchststand (ebenfalls mit rosa Rahmen markiert) auch wieder durch bis ins Jahr 2023, wo diese Gruppe nun 55-59 Jahre alt ist. Das ist übrigens die Ursache für die „vollkommend überraschend“ (Achtung, Sarkasmus!) bevorstehend große Gruppe an Menschen, die in Pension gehen werden in den nächsten 5-10 Jahren.
Auch in Österreich gab es wie in der Schweiz (Mitte Neunzigerjahre) wohl viele Babys oder Kleinkinder, die zugezogen sind. Den niedrigsten Stand in Sachen Kleinkinder gab es bei uns 2010, dieser Tiefststand verwässert sich aber in Folge durch die starke Zuwanderung bei Kindern und Jugendlichen in den letzten zehn Jahren.
![](https://usercontent.one/wp/www.zahlenfreak.at/wp-content/uploads/2025/02/grafik-11-300x200.png?media=1694762373)
Das sind die „Bevölkerungspyramiden“ der beiden Staaten aus den Jahren 2000 und 2023. Was mir auffällt ist, dass
- in Österreich im Jahr 2000 mehr Menschen über 85 Jahre alt waren als zwischen 80 und 84. Das ist 2023 anders. In der Schweiz waren es beide Male in etwa gleich viele. Aus diesem Grund erwarte ich in Österreich stärker steigende Todesfall-Zahlen als in der Schweiz für die kommenden Jahre.
- Die jeweils größte Gruppe sind bei beiden Ländern die „Babyboomer“. Im Jahr 2000 waren die ungefähr 35 Jahre alt, heute sind sie knapp 60.
- Sowohl 2000 als auch 2023 waren die Altersgruppen von 0 bis 24 Jahren alle etwa gleich groß. In der Schweiz ist der Unterschied der 30-Jährigen zu den Babyboomern allerdings etwas geringer als bei uns.
![](https://usercontent.one/wp/www.zahlenfreak.at/wp-content/uploads/2025/02/grafik-12-298x300.png?media=1694762373)
Hier die anderen drei Länder im Vergleich: Während Deutschland in etwa vergleichbar ist mit Österreich ist (Babyboomer und Weltkriegs-Lücken), waren in Schweden im Jahr 2000 die Menschen rund um 50 die größte Gruppe und heute sind es die 30-34-Jährigen. Bei diesen Jahrgängen leben heute etwa 200.000 Menschen mehr in Schweden als noch vor gut 20 Jahren – das kann nur durch Einwanderung passiert sein!
In Deutschland fällt auf, dass die 80-84-Jährigen 2023 mehr sind als die 75-79-Jährigen. Zudem gab es in Deutschland schon 2000 und auch 2023 relativ wenige Menschen, die in den frühen 80er-Jahren geboren wurden.
Bulgarien sieht anders aus. Die Verteilung von 2000 zeigt ab 20 Jahren eine relativ „natürliche“ Verteilung, in der die Menschen grundsätzlich mit zunehmende Alter weniger werden. Auffallend sind die sehr wenigen Kleinkinder und Kinder. 2023 „fehlt“ darum quasi der Unterbau bis 25 – die bevölkerungsstärkste Gruppe sind die 45-49 Jahre alten Menschen, was zu den Zahlen von 2000 passt. Wenn sich in Bulgarien nichts ändert, dann wird das Land in eine massive Überalterung laufen in den nächsten 40 Jahren.
![](https://usercontent.one/wp/www.zahlenfreak.at/wp-content/uploads/2025/02/grafik-13-300x181.png?media=1694762373)
Interessant ist auch noch der Altersdurchscnitt der 5 Länder: Deutschland hat seine „Spitzenposition 2017 an Bulgarien abgegeben und Schweden, im Jahr 2000 noch an zweiter Stelle, hat inzwischen die jüngste Bevölkerung dieser fünf Staaten. Auffallend parallel laufen die Werte bei der Schweiz und Österreich.
Die Veränderung der Altersstruktur
![](https://usercontent.one/wp/www.zahlenfreak.at/wp-content/uploads/2025/02/grafik-14-300x173.png?media=1694762373)
Wir wissen von Beginn dieses Beitrags, dass der Großteil aller Todesfälle von Menschen im Alter von 75 bis 84 Jahren stammen. Ich habe am Schluss noch zwei große Gruppen miteinander verglichen: Die Menschen unter 30 Jahren und die Menschen ab 60. Wir sehen jeweils den Anteil an der Gesamtbevölkerung. Schweden fällt vor allem dadurch auf, dass sich deutlich weniger verändert hat als anderswo: Der Anteil der unter 30-Jährigen liegt immer noch über 34% – in der Schweiz und in Österreich sind es knapp unter 32%, in Deutschland etwa 30% und in Rumänien keine 28% mehr. Und der Anteil der Menschen ab 60 in Schweden beträgt aktuell etwa 26%, das ist fast gleich wie in der Schweiz und Österreich. Deutschland hat mit fast 30% deutlich mehr und Bulgarien liegt schon über 30%.
In Bulgarien entsprach im Jahr 2000 der Anteil der Menschen über 60 weniger als 60% dessen, was die Menschen unter 30 an Bevölkerungsanteil darstellten. Heute gibt es mehr „Alte“ als „Junge“. In Deutschland sind es fast schon gleich viele, in der Schweiz und Österreich sind es „nur mehr“ etwa 15% mehr bei den Jungen. Nur in Schweden ist der Unterschied derzeit noch recht groß zugunsten der Menschen unter 30 Jahren.
Fazit Teil 1
Vergleiche verschiedener Länder machen wenig Sinn, wenn wir nicht praktisch dieselben Gegebenheiten haben. Am ehesten vergleichbar sind deswegen noch die Schweiz und Österreich, wo sowohl das Durchschnittsalter als auch viele andere Parameter vergleichbar sind.
Was das Sterbegeschehen betrifft, so sollte jedem nach dem Lesen dieses Beitrags klar sein, dass eine Veränderung bei der Altersgruppe der 75-84 Jahre alten Menschen besonders starke Auswirkungen hat. Denn diese Gruppe, die weit unter 10% der Bevölkerung stellt, ist für – je nach Land – 50 bis 75% aller Todesfälle verantwortlich.
Im zweiten Teil wird es darum gehen, wie sich die wöchentlichen Sterbezahlen in den von mir ausgewählten Ländern entwickelt haben. Dazu gibt es zwar auch Zahlen der Gesamtbevölkerung, viel interessanter sind jedoch Beispiele aus einzelnen Altersgruppen, weil bei relativen Zahlen (also pro 100.000) aus diesen kleinen Gruppen deutlich mehr Tendenz erkennbar ist als bei einem Gesamtblick auf die Zahlen. So genannte „Altersstandardisierungen“ nehme ich bewusst keine vor, weil wir besser auf einzelne Gruppen schauen, als ein – berechnetes – Gesamtbild anzusehen.