Krankenstände, die dritte…

Eine Analyse habe ich noch zu den Krankenständen (siehe auch hier und hier): Wie haben sich PROZENTUELL die Krankenstände in den einzelnen Altersgruppen entwickelt seit 1995?

Wir sehen, dass es immer Schwankungen gab, am extremsten waren sie – und das ist mathematisch bedingt – in der Gruppe mit den wenigsten Erwerbstätigen. Wenn nämlich bei dem Menschen ab 65 nur 40.000 Personen enthalten sind, dann wirken sich viele Krankenstände, zB wegen einer Grippewelle, in Prozent deutlich stärker aus, als wenn gleich viele Krankenstände in einer Gruppe mit mehr als 1 Million Menschen dazu kommen.
Was klar zu sehen ist: Im Jahr 2020 sanken die Krankenstandsfälle bei ALLEN Altersgruppen im Vergleich zum Vorjahr ab. Danach stiegen sie bei ALLEN Gruppen zwei Jahre lang stark an. Und bis auf die Allerjüngsten war das auch noch 2023 der Fall. Das bedeutet, dass auch nach den starken Anstiegen 2021 und 2022 im Jahr 2023 die Zahlen weiter stiegen.

Diese Grafik zeigt das meiner Meinung nach besser: Hier wird das jeweilige Jahr mit dem DURCHSCHNITT der 5 Jahre davor verglichen. 2023 wird also mit dem Mittel der Jahre 2018-2022 verglichen.
Wir hatten also im vergangenen Jahr zwischen 25% und 48% MEHR Krankenstandsfälle als im Durchschnitt der 5 Jahre zuvor! Bei allen Altersgruppen außer den 50-64-Jährigen war dieser Wert im Jahr 2022 noch höher. Dass angesichts dieser Tatsache nicht Versicherungen und Menschen aus dem Gesundheitssystem Alarm schlagen, ist mir unerklärlich.

Bedenklich ist, dass – auch verglichen mit einem Fünfjahres-Schnitt, der bereits die Auf und Ab-Bewegung während der Covid-Jahre beinhaltet – die Krankenstände derart zugenommen haben seit 2021. Am ehesten lässt sich das für mich auch dadurch erklären, dass vor 2019 oft Menschen mit zB leichtem Halsweh oder einer Erkältung trotzdem arbeiten gingen und jetzt sehr viele (wir haben das ja so „gelernt“) zuhause bleiben beim kleinsten Anzeichen einer Erkrankung. Dazu würde auch ein allgemeines Absinken der Krankenstandsdauer passen.

Diese Heatmap zeigt die durchschnittliche Dauer eines Krankenstandes. Dadurch werden zwei Sachen deutlich:
1. Je älter die Erwerbstätigen, desto länger die Krankenstande.
2. Die Dauer der Krankenstände geht seit 1995 kontinuierlich zurück – die Ausnahme war 2020, wo die überall länger dauerten. Da diese Entwicklung allerdings einen 30-jährigen Trend zeigt, kann dadurch die These mit „Menschen gehen schneller in den Krankenstand aber dafür weniger lang“ wieder ausgeschlossen werden.

FAZIT

Wir wissen bereits, dass es 2020 in allen Altersgruppen zu einem Rückgang der Krankenstände kam. Wenn das daran liegen würde, dass die Absonderungen und die Quarantäne wegen Covid nicht als Krankenstand gezählt wurden, dann hätte dieser Wert 2021 und auch 2022 ebenfalls noch deutlich unter dem der Vorjahre liegen müssen. Vor allem 2022, als wegen Omikron zeitweise fast 10 Prozent aller EinwohnerInnen positiv getestet worden sind. Daher glaube ich nicht, dass das der Grund für den Rückgang 2020 war.
Wahrscheinlicher erscheint mir, dass es durch die strengen Lockdowns, die im Jahr 2020 ALLE betrafen, weil noch keine Unterscheidung zwischen Ungeimpften und Geimpften getroffen wurden, eine Zeit lang die Menschen, die sonst im Krankenstand gewesen wären, „einfach so“ zuhause krank waren. Oder auch, dass es durch die Weigerung vieler ÄrztInnen (leider kenne ich da viele Fälle dazu), Patienten mit Symptomen zu empfangen (oft hieß es „bleiben sie zuhause“), weniger ausgestellte Krankenständsbescheinigungen gab.

Dass der Grund für den Anstieg der Krankenstände wohl auch nicht darin liegt, dass Menschen nach Covid grundsätzlich „vorsichtiger“ sind und schneller als früher zuhause bleiben, erscheint angesichts der Tatsache, dass die Dauer der Krankenstände seit 1995 gleichmäßig absinkt (was eher auf ein „Einsparungspotential“ und weniger lange Krankschreibungen hin deutet), ebenfalls unwahrscheinlich – siehe oben.

Wenn beide Thesen nicht der Grund sind, bleiben dann doch nur mehr Ursachen übrig, die auf ein generell geschwächtes Allgemein-Immunsystem hindeuten? Und wenn dem so wäre – warum äußert sich dann niemand dazu? Alles auf „Long-Covid“ (das müsste übrigens schon lange „Post-Covid“ sein per Definition) zu schieben, ist auch nicht richtig, denn die Zahlen der ÖGK geben das nicht her (habe bereits etwas dazu geschrieben vor einigen Monaten und es war auch schon im Juni 2023, als das Buch „3 Jahre Corona Schlagzeilen“ erschien, absehbar – es gibt auch dort einen Beitrag dazu).