Ein Thema hat es mir noch angetan, um die „Extremwetterereignisse“ in Österreich abzuschließen: Die Starkniederschläge. Damit meine ich nicht, welcher Boxer wie stark zuschlagen kann, sondern die Tage, an denen besonders viel Niederschlag fällt. Ich habe dafür Stationen über ganz Österreich verteilt gesucht, die Daten haben, die weit zurück reichen – idealerweise bis zum Jahr 1895 – ein Jahr, in dem viele Mess-Stationen ihren Dienst aufnahmen.
Stationsvergleich
Das ist die Lage der Stationen. Drei davon liegen sehr nahe beieinander – das ist leicht erklärt: Rauris ist in Salzburg nördlich des Alpenhauptkamms und liegt in einem hochgelgenen Alpental. Fast „darüber“ gibt es die Wetterstation am Sonnblick in mehr als 3.000 Meter Seehöhe. Und Lienz in Osttirol ist auch nicht sehr weit entfernt und ist neben bad Bleiberg in Kärnten die einzige Station im Süden der Alpen, deren Daten ich ausgewertet habe.
Dazu kommen noch (von West nach Ost) Feldkirch, Innsbruck, Salzburg, Kremsmünster, Freistadt, Zwettl, Bruck/Mur, Reichenau an der Rax, Bad Gleichenberg, Wörterberg und Wien.
Auf dieser Heatmap sehen wir, wo es mehr oder weniger Niederschläge gab im Schnitt der letzten 130 Jahre pro Monat. In den Monaten Jänner bis Mai liegt immer der Sonnblick vorne, von Juni bis August regnete es nirgends mehr als in Salzburg und von September bis Dezember liegt immer Bad Bleiburg voran. Insgesamt (unterste Zeile) gibt es am Sonnblick und in Bad Bleiburg über 4 mm Niederschlag pro Tag im Mittel der letzten 130 Jahre. In Feldkirch und Salzburg sind es zwischen 3 und 4 mm, Am wenigsten regnet und schneit es in Zwettl mit 1,26 mm pro Tag. Das bedeutet, dass es am Sonnblick fast dreieinhalb Mal so viele Niederschläge gibt wie in Zwettl. Auch Wien und Wörterberg im Burgenland haben unter 2 mm Tagesniederschlag im Mittel aller Jahre.
Was die Jahresverteilung an den einzelnen Stationen betrifft, so liegt der Schwerpunkt der Niederschläge an fast allen Stationen im Juni, Juli und August. Nur am Sonnblick gibt es im April die meisten Niederschläge des Jahres. Die trockenste Zeit des Jahres ist überall im ersten Quartal – nur am Sonnblick gibt es im Herbst die wenigsten Niederschläge. Das ist auch auf der folgenden Grafik zu sehen:
Starkniederschläge im Detail
Auf der letzten Grafik oben ist zu sehen, dass es – im Mittel aller Jahre seit 1895 – nirgends mehr pro Tag regnet als im Juli in Salzburg – dort fallen pro Tag immerhin fast 6mm Regen – das entspricht 6 Litern pro Quadratmeter.
Heute geht es allerdings mehr um die stärksten Niederschläge – das habe ich am Beispiel Feldkirch folgendermaßen veranschaulicht:
Die blauen Punkte zeigen uns das Maximum des Jahres an. Das heißt am Beispiel, dass wir in Felkirch im Jahr 2024 im ersten halben Jahr bereits einen Tag hatten, an dem es 55,7 Liter pro Quadratmeter geregnet hat. Das ist, wie wir an den anderen blauen Punkten sehen, noch kein besonders hoher Wert für Österreichs westlichste Stadt. Den einsamen Rekord hält das Jahr 2022, als es an einem Tag im August mehr als 167 Liter Regen gab! Das ist mehr als ein Drittel der Jahresniederschlagssumme in Zwettl! Es gibt allerdings eine andere unter den ausgesuchten Mess-Stationen, die diesen Wert noch überbietet!
Der zweithöchste Wert in Feldkirch in 130 Jahren stammt aus dem Jahr 1910 und beträgt 121,5 Liter pro Quadratmeter an einem Tag.
Die grauen Säulen stehen für Tage, an denen es mehr als 40 Liter geregnet hat, also Tage mit besonders viel Niederschlag. In Feldkirch gab es im Jahr 2020 gleich sieben solcher Tage. 1927 und 2023 waren es sechs und 1981, 1999 und 2016 betrug an fünf Tagen die Niederschlagssumme mehr als 40mm. Wenn wir also nur Feldkirch heranziehen für eine Auswertung, dann sieht es durchaus so aus, als würden die Niederschläge stärker und auch die Tage mit viel Niederschlag scheinen eher in den letzten Jahrzehnten zu liegen. Blicken wir auf die anderen Stationen (in alphabetischer Reihenfolge):
Bad Bleiberg in Kärnten zeigt ein ganz anderes Bild. Dort, wo es ebenfalls viel Niederschlag gibt, dieser jedoch im Herbst am häufigsten ist, gab es eindeutig vor den Weltkriegen mehr Jahre mit vielen Tagen, an denen starke Niederschläge fielen. Auch die Höchstwerte einzelner Tage stammen aus dieser Zeit. Nur einmal gab es in den letzten 50 Jahren einen Tag, an dem es mehr als 100 Liter Niederschlag gab.
Der Rekordwert aus Bad Gleichenberg ganz im Südosten des Landes wurde im Jahr 1979 erreicht. Damals fielen an einem Tag 112,6 Liter pro Quadratmeter. An zweiter Stelle folgt das Jahr 1898. Die meisten Starkniederschlagstage gab es im Jahr 2009 mit sechs an der Zahl. Fünf waren es im Jahr 1965 und die Jahre mit vier Tagen, an denen mehr als 40 Liter fielen, verteilen sich von 1910 bis 2014.
Auch Bruck an der Mur liegt südlich des Alpenhauptkammes. 1993 fielen dort an einem Tag fast 87 Liter Niederschlag, das ist der Rekordwert. 1950, 1995 und 2015 sind die anderen Jahre mit besonders starken Niederschlägen an einem Tag. Die Jahre mit vielen Tagen, an denen mehr als 40 Liter pro Quadratmeter fielen, liegen fast alle in den letzten 40 Jahren.
Dass von all den von mir gewählten Stationen ausgerechnet Freistadt im Norden von Oberösterreich den Tag mit dem höchsten Wert aufweist, was die Niederschläge betrifft, hätte ich nicht erwartet. Im Jahr 2002 wurde dort mit 171 Litern pro Quadratmeter an einem Tag mehr Regen gemessen als in allen anderen der 15 Stationen seit dem Jahr 1895! An zweiter Stelle liegt das Jahr 1938 – alelrdings liegt der Wert dort unter 100 mm.
Das Jahr 2022 war auch das einzige, in dem an vier Tagen mehr als 40 Liter Regen pro Quadratmeter fielen! Generell scheint dort die Zahl der Tage mit viel Niederschlag höher zu werden seit etwa 10 Jahren – allerdings gibt es dort generell nur sehr wenige Tage, an denen mehr als 40mm Niederschlag fallen.
Überrascht hat mich, dass es in Innsbruck seit 1895 nie mehr als 92 Liter Regen pro Quadratmeter an einem Tag gab. Dieser Wert wurde im Jahr 1999 erreicht, Nummer zwei ist das Jahr 1916. Nur im Jahr 1954 gab es an 4 Tagen mehr als 40mm Niederschlag, die Jahre mit 3 Tagen verteilen sich recht gleichmäßig.
In Kremsmünster südlich von Linz gibt es deutlich mehr Tage mit über 40 Litern Niederschlag. Nur in den Jahren 1897 und 1899 waren es allerdings 5 davon und vier Mal in einem Jahr gab es das zuletzt 2002. Die beiden Rekordwerte in Sachen maximalniederschläge stammen aus den Jahren 1928 und 1955.
Überraschend oft für mich gibt es in Lienz „Starkniederschlagstage“ – gleich fünf Mal waren es sieben an der Zahl – nur einmal stammt dieser Wert aus den letzten 40 Jahren. Der Tag mit dem stärksten Niederschlag seit 1895 stammt aus dem Jahr 1966, an zweiter Stelle liegt 2020.
Aus Rauris fehlen die Werte von 1900 bis 1928. Spitzereiter war 1966 mit etwas mehr als 95 Litern pro Quadratmeter an einem Tag, gefolgt von 1991. Die Jahre mit vielen Starkniederschlagstagen stammen alle aus der Zeit ab 1985.
In Reichenau aus der Rax gibt es Werte seit 1901. Neben 2007 mit über 121 mm an einem Tag fällt das Jahr 1913 mit 108 mm auf. Vier Mal gab es fünf Tage mit mindestens 40mm Niederschlag und sechs Mal vier solcher Tage in einem Jahr. Die letzten zehn Jahre waren auffallend „ruhig“.
Am Salzburger Flughafen fehlen die Daten aus den Jahren 2019 und 2020. den meisten Niederschlag an einem Tag gab es 1954, danach folgt 1920. Auch alle weiteren Jahre mit Werten um und über 120 Litern pro Quadratmeter stammen aus der Zeit vor 1977. Im Jahr 1920 gab es gleich neun Tage mit mehr als 40 Litern Regen, 1949 waren es sieben und 1959 sechs. Den Daten nach scheint der starke Niederschlag in Salzburg eher weniger zu werden als mehr.
Auch an der höchsten Wetterstation Österreichs nehmen die Starkniederschläge nicht zu: Nie mehr wurden wie Werte von 1935 und 1962 erreicht,a ls es an einem Tag mehr als 100 Liter pro Quadratmeter waren. In diesen beiden Jahren gab es außerdem acht Mal mehr als 40 Liter Niederschlag an einem Tag.Ebenfalls auffallend sind die Jahre 1896, 1954, 1972, 2013 und 2023 in dieser Hinsicht.
In Wien, wo es mehr Hagelunwetter gibt als an vielen anderen Orten Österreichs, fielen nie mehr als 92,8 mm Niederschlag an einem Tag – das war im Jahr 1951. Die anderen beiden Höchstwerte stammen aus den Jahren 1897 und 1991. Jahre mit mindestens 3 Starkniederschlagstagen gab es laut den Daten nur vor 1951.
Wörterberg im Burgenland hat erst Daten ab 1936. 1998 gab es 88,5 Liter Regen pro Quadratmeter an einem Tag. Danach folgen die Jahre 1979 und 1982. Jahre mit vielen Starkniederschlagstagen gab es nur vor 1999. Allerdings fällt 2024 auf, mit einem durchaus hohen Einzelwert von fast 70 Litern an einem Tag.
Auch in Zwettl beginnen die Werte erst 1936. Neben 2002 mit 95mm Niederschlag an einem Tag fällt 1964 auf als letztes von 4 Jahren zwischen 1940 und 1980, an denen es mehr als 70 Liter Niederschlag an einem Tag gab. Nur in den Jahren 2002, 2005 und 2007 gab es drei Tage mit Niederschlägen von mehr als 40 Liter pro Quadratmeter.
FAZIT
Nehmen die Tage mit viel Niederschlag zu? Vereinzelt ja, aber sicher nicht generell. Gibt es stärkere Einzeltage in Sachen Maximalwerte der täglichen Regenmengen? Nein, auch das kann ich nicht erkennen. Österreich hat ein anderes Phänomen, das es seit 130 Jahren zu beobachten gibt: Sehr starke Unterschiede, was die Niederschlagsmengen insgesamt betrifft. Im Westen, am Nordrand der Alpen, aber auch im Süden der Alpen gibt es deutlich mehr Niederschlag als im Südosten oder im Osten und Norden des Landes.
Umso überraschender war es, dass – von den ausgewählten 15 Mess-Stationen, die historische Daten zu bieten haben und auch aktuelle – der Höchstwert aller Stationen aus dem äußersten Norden des Landes stammt. In Freistadt, wo im Schnitt knapp über 700 Liter im ganzen Jahr fallen, fielen am 7. August 2002 gleich 171 Liter an einem einzigen Tag!
Uns allen wünsche ich einen Sommer ohne Extremwetter, mit so viel Regen wie die Natur ihn braucht und so viel Sonne, wie wir sie alle gerne hätten. Genießt die Tage, egal wie heiß sie werden oder kühl sie bleiben und macht das, was vernunftbegabte, eigenständig denkende Personen instinktiv richtig machen, wenn das Wetter zu Extremen neigt!