Ein Blick über den Tellerrand: Das Europa-Wetter 2024

Ich habe gerade auf ein Facebook-Posting reagiert, in dem es um neue Rekord-Temperaturen im September ging in Skandinavien, wo ich mich geärgert habe, dass wir wohl zur falschen Zeit dort Urlaub gemacht haben dieses Jahr. Wir mussten unsere Reiseroute nämlich so legen, dass wir wenigstens ab und zu mehr als 20 Grad hatten im Juli …
Daher dachte ich mir, ich picke einmal wahllos ein paar Stationen heraus bei weatherspark.com uns stelle die Grafiken (alle von weatherspark.com) in Sachen Temperaturen hier zusammen, um zu sehen, wie denn das Jahr 2024 generell verlaufen ist:

Norwegen

In der Nähe von Oslo (also in Südnorwegen) war der vergangene Winter ein sehr kalter mit teilweise neuen Rekordtemperaturen im Minusbereich. In Sandefjord nahe Oslo gab es dann Anfang Februar kurz hohe Tmperaturen, danach war es bis zum Mai wieder eher normal oder kühl. Der Mai war eindeutig zu warm, Juni, Juli und auch August eher kühl (was ich leider aus eigener Erfahrung bestätigen kann). Und jetzt, die letzten Tage, gab es eine „Hitzewelle“ von bis zu 25 Grad an dieser Station…

Schweden

In Upsala in Mittelschweden sieht es ganz ähnlich aus wie in Südnorwegen:

Der größte Unterschied ist, dass es hier Ende Juni einmal kurz sehr warm wurde mit fast 30 Grad über mehrere Tage.

Finnland

In Finnland habe ich einen Flughafen aus der Mitte des Landes gewählt:

Auch hier gab es sehr tiefe Temperaturen im Winter, die Wärmeperiode von Mai (NOR und SWE) ist hier etwas später zu sehen und nach dem heißen Ende des Juni war es im Sommer nur Ende Juli überdurchschnittlich warm und auch jetzt wieder. (Wir haben kurz überlegt, statt nach Norwegen nach Finnland zu fahren mit dem Wohnmobil, uns dann aber für die Fjorde und die tolle Landschaft in Norwegen entschieden).

Island

Wir bleiben im Norden: In Island war wohl das gesamte Jahr nicht besonders auffällig:

Wenn, dann war es höchstens Anfang März ungewöhnlich warm, dafür gab es im Jänner, Februar, Juni und vor allem im August ungewöhnlich kalte und kühle Tage.

Schottland

In Edinburgh, der Hauptstadt Schottlands, sah es so aus:

„Zu warm“ war es immer wieder einmal, vor allem im Jänner und Februar und auch im Mai. Im Jänner und April und auch im Sommer gab es allerdings auch immer wieder einzelne Tage, die zu kalt/kühl waren.

Irland

Auch in Dublin in Irland ein ähnliches Bild: Zuerst ein kalter Jahresbeginn, dann eher warm bis Ende Februar. Am ehesten zu warm war es im Mai, der Sommer war keiner mit Rekordtemperaturen und immer wiede rgab es auch Tage, die nach unten „ausscheren“…

England

In London Heathrow sieht es so aus:

Auch hier war der Jahres-Start eher kühl, dann war es bis Ende Februar eindeutig zu warm. Danach folgen ein eher leicht zu warmer März und April, ab Mai liegen die temperaturen mit wenigen Spitzen oft im Mittel, wobei vor allem die erste Junihälfte zu kalt und die zweite Junihälfte zu warm waren. „Heiß“ war es am ehesten um den Monatwechsel Juli/August herum.

Azoren

Wir wechseln auf die Azoren – die Atlantikinseln, die dem oft ersehnten oder auch gefürchteten Hochdruckgebiet ihren Namen geben:

Hier war 2024 offensichtlich tendentiell eher zu warm. Im Februar und von Juni bis August gibt es viele Tage, die über dem 90% Bereich liegen (hellrote Fläche) – allerdings gibt es gerade jetzt dort die wohl kühlste Phase des Jahres bezogen auf die „Normalwerte“ – wo alle Tage fast innerhalb des Mittels (rote und blaue Linie) liegen.

Portugal

Hier die Temperaturen von Lissabons Flughafen:

Ich war überrascht: In Portugal war der Sommer für portugiesische Verhältnisse wohl eher kühl, vor allem die Minimaltemperaturen waren offensichtlich eher kühl. Und seit Ende August gab es keinen einzigen Tag, der auch nur an das Mittel der Höchstwerte heranreichte.
Zu warm war es vor allem Mitte April und im Jänner und Februar. Einzelne heiße Tage gab es im Juli und zweimal im August.

Spanien mal zwei

Ganz anders sieht es in Madrid aus:

Dort war es Ende Jänner, Mitte März, Anfang April und zum Monatdwechsel von Mai und Juni oft überdurchschnittlich warm. Nach einem eher normalen Sommer bis Mitte Juli folgte dann eine lange sehr heiße Phase fast durchgehend bis Ende August. Auch hier sind die letzten zehn Tage eher „durchschnittlich“ – was im Vergleich zu davor schon als „kühl“ anmutet.

Auf Palma de Mallorca sieht das Ganze weniger extrem aus: Nach einem warmen Frühjahr gab es von Mitte April bis Ende Juli nur einzelne warme Tage. Dann folgte für etwa einen Monat eine heiße Zeit, Ab Mitte Augst war es wieder weniger warm. Erst die Zeit ab 25. August ist tendentiell wieder eher zu warm.

Frankreich

In Paris sah das Jahr bisher so aus:

Einerseits fällt ein sehr kühler Jänner auf, auch Ende April war es „frisch“. Von Mitte Mai bis Mitte Juli war es nur einmal Ende Juni eher warm. Danach folgt ein „Auf und Ab“ mit zwei einzelnen heißen Tagen am 30. Juli und 12. August (die olympischen Spiele dauerten von 26. Juli bis 11. August).
Zu kühl war es im Jänner und Ende April, aber auch am 28. Juli.

Italien mal zwei

Roms Kurve erinnert ein wenig an die von Madrid. Der Sommer war eindeutig warm und oft überdurchschnittlich warm am Flughafen Leonardo da Vinci. Seit Mitte Juli gab es nur zwei Tage, an denen es kühler war als im Mittel, aber ganz viele, die wärmer waren als 90% aller Tage der Vorjahre.

Auf Sizilien sieht das an einem Flughafen bei Palermo ganz anders aus – hier ist es zwar gerade jetzt eindeutig zu heiß (es war noch nie heißer diesen Sommer), allerdings waren davor viele Tage im Mittel der Temperaturen. Wirklich zu kühl war es nur Ende Jänner und in der zweiten Aprilhälfte.

Griechenland mal zwei

Auch in Athen war es tendentiell zu warm, bis auf den Jänner und die Zeit von Mitte April bis Ende Mai lagen die Temperaturen immer eher so, dass die rote Linie, die die Tageshöchsttemperaturen-Mittel darstellen, fast in der Mitte der Kurve für 2024 liegt. Nur ganz selten gab es Tage, die unter das Tagesminimums-Mittel reichten. Richtig heiß war es allerdings nur in der ersten Juni-Hälfte, ein einziges Mal reichte es für mehr als 40 Grad.

Auf der Ferieninsel Paros reichte es Mitte Juni einmal fast für 40 Grad, danach gab es nur einzelne Tage, die über den 90%-Bereich hinausragen. Im Jänner und Febraur wechselten sich kühle mit warmen Wochen ab – auch hier war es von Mitte April bis Ende Mai eher kühl, am heißesten war die erste Junihälfte.

Kroatien

Zadar liegt etwa in der Mitte von Kroatiens Küste. Wir sehen bis Ende April einige Tage, die eher zu kühl waren und wenige, die zu warm waren – mit Ausnahme der ersten Aprilhälfte. Dann folgt eine eher durchschnittliche Zeit bis Mitte Juli – danach war es lange Zeit sehr warm – nur Mitte August gab es einen kurzen Kaltlufteinbruch. Derzeit sinken die Temperaturen wieder Richtung Durchschnitt.

Ungarn

In Budapest war der Jänner nach einem warmen Beginn eher kühl, dann war es bis Mitte März relativ warm. Deutlich zu warm war es Ende März bis Mitte April und denn wieder Mitte Juli und seit Mitte August.

Österreich

Wenn ich die Kurve von Wiens Flughafen ansehe, fallen mir zwei Sachen aus: Der deutlich zu kühle Ande des Aprils und die letzten 5 bis sechs Wochen, die eindeutig zu warm waren – wie auch die Wochen von Ende März bis Mitte April. Ansonsten liegt die Temperaturkurve zwar oft etwas zu hoch, aber Extremwerte fehlen. am ehesten fällt der 10. Juli mit 35°C auf.

Auch die anderen Flughäfen in Österreich zeigen ganz ähnliche Temperaturverläufe.

Deutschland mal zwei

München und Wien sind sich sehr ähnlich im groben Verlauf. Allerdings gab es in München keinen Tag, der nahe an die 35°C heran kam.

Auch in Berlin ist der Temperatureinbruch im April gut zu sehen. Am wärmsten war es in Deutschlands Hauptstadt in den letzten 14 Tagen. der Juni war eher durchschnittlich und auch der Juli und die erste Augusthälfte fallen wenig auf. Dafür war auch hier die zeit rund um Ostern deutlich zu warm (Ende März/Anfang April).

Fazit

Es war wieder ein warmes Jahr – allerdings nicht überall und selten über sehr lange Zeit hindurch oder mit besonders extremen Temperaturen. In Madrid oder Rom war es besonders lange warm diesen Sommer. Skandinavien hat jetzt die erste wirkliche Hitzewelle des Sommers abbekommen und in Island war es gar nie wirklich auffällig. wie auch meistens im Nordwesten Europas und auch in Portugal.
Mich irritiert immer wieder, dass einzelne Rekord-Tage so heraus gestellt werden bei diversen Berichten, anstatt das Ganze in den Fokus zu stellen. Wobei bei den Rekorden nur mehr die viel Aufmerksamkeit finden, die nach oben ausscheren. Wenn umgekehrt nämlich jemand einzelne Tage oder Wochen mit zu kühlen Temperaturen anführt, dann wird gleich auf „Unterschied Wetter und Klima“ hingewiesen. Und bei Rekorden in einem Land mit einzelnen Stationen, die lange Datenreihen aufweisen, gilt eine Höchsttemperatur einer einzelnen, oft erst seit wenigen Jahren bestehenden Station als „Rekord seit Messbeginn“, der dann mit den Langzeit-Daten der anderen Station angegeben wird (bei der es keinen Rekord gegeben haben muss).
Mehr Sachlichkeit und weniger Schlag-Zeilen und/oder Polemik von uns allen wäre durchaus angebracht, finde ich. Ohne andere zu diffamieren, in eine oder die andere Ecke zu stellen oder vom Sachthema auf die persönliche Ebene zu wechseln – wo dann Begriffe wie „woke“ oder „Nazi“ gang und gäbe sind…