In den letzten Tagen gab es einige Unwetter in Österreich. Dazu habe ich mir verschiedene Daten angesehen bei der „geosphere austria“ (früher ZAMG).
Wien
Leider gibt es in Tabellenform noch kaum Daten zu den letzten Tagen – daher habe ich mir mit den „TAWES“-Daten der geosphere geholfen, welche bereits die Niederschlagswerte eingetragen hat. Es stimmt, bei der Hohen Warte gab es Niederschlagsmessungen wie es sie noch nie seit Beginn der Niederschlagsaufzeichnungen dort (1852) gegeben hat. Es kamen mehr als 100 mm innerhalb von 24 Stunden, ja sogar innerhalb kürzester Zeit zusammen:
Ich habe das Ganze auf etwa 120 Liter pro Quadratmeter (=mm) zusammenzählt. Interessant finde ich dabei auch folgende Daten der anderen Stationen im Umfeld:
Es wird sofort sichtbar, dass es zwar an der Hohen Warte zu einem „Extremereignis“ gekommen ist und auch die Werte für Donaustadt (50mm) und die Jubiläumswarte (40mm) sind beachtlich, an den anderen Stationen gab es jedoch keine extremen Werte. Das zeigt, wie kleinräumig solche Ereignisse sein können bei einem Gewitter!
Vorarlberg bzw. Arlberg
Auch in Vorarlberg gab es mehrere Starkniederschlagsereignisse. Sowohl im hinteren Montafon als auch am Arlberg kam es zu Vermurungen nach starken Niederschlägen. Auch hier habe ich die Daten der geosphere herangezogen um zu schauen, wie große die Mengen an Niederschlag waren:
Silvretta-Hochalpenstraße
Das ist die Menge an Niederschlag, die in Gaschurn gemessen wurde am fraglichen Abend – zusammen sind das in etwa 20-25mm Niederschlag.
Das sind in etwa 5 bis 6 Kilometer bis zu der Stelle, an der sich – ausgelöst durch die Niederschläge auf ein bereits durche ine Mure verwüstetes Glände, wieder Material gelöst hat.
Arlberg
Auch am Arlberg kam es gleich an mehreren Stellen zu Murenabgängen. Auch hier zeigen die Aufzeichnungen der geosphere die Regenmengen an verschiedenen Stellen:
Direkt in St. Anton waren es 15 bis 20 mm Niederschlag am besagten Abend. Interessanterweise gab es dort am 12. August in kurzer Zeit eine höhere Menge an gemessenen Niederschlag!
Am Galzig in über 2000m Seehöhe sah das schon ganz anders aus: Nicht nur, dass es dort am 12. August schon mehr Niederschlag gegeben hat, es war vor allem am 16. deutlich mehr gemessen worden: Über 90 mm entsprechen fast der Menge, die in Wien an der Hohen Warte gemessen wurden!
Auf der anderen Seite des Arlbergs in Lech sieht das Ganze wieder anders aus: In etwa 15-20 mm wurden hier gemessen – hier gab es anscheinend am 13. August ein Gewitter mit knapp über 20mm Regen.
Auch in Langen am Arlberg regnete es am 13. August mehr als am 16., wo nur wenige Kilometer weiter oben am Arlbergpass die Straße weggespült wurde. Mehr Regen wurde dort auch in den vergangenen Stunden verzeichnet.
Die Grafik für Warth am Hochtannberg sieht zwar beeindruckend aus, wir müssen jedoch beachten, dass die Skala nur bis 5mm geht und die Mengen dementsprechend deutlich geringer sind!
Leider verzeichnet die Wetterstation Valluga, die sich ebenfalls noch in der Nähe befunden hätte, keine Niederschlagsdaten.
Vergleich mit 2005
Am 22. August 2005 gab es in Vorarlberg nicht nur ein kleinräumiges Gewitter. Durch flächendeckend extreme Niederschläge kam es fast im ganzen Land zu starken Vermurungen und Überschwemmungen, bei denen nicht nur Brücken und Straßen weggerissen wurden, sondern leider auch Menschen ums Leben kamen.
Das sind alle geosphere-Stationen mit Daten, die es in Vorarlberg gibt. Alle, die damals Niederschlagswerte aufgezeichnet haben, sind in meiner Grafik dargestellt:
193,5mm Niederschlag innerhalb von 24 Stunden in Schoppernau sind ungefähr doppelt so viel, wie es bei den Ereignissen dieses Jahr waren, die ich oben beschrieben habe! Damals regnete es übrigens auch am Vortag und am Tag danach zusammen noch einmal in Summe zwischen 20 und 50mm! Dadurch stieg die Gesamtmenge in drei Tagen im Bregenzerwald auf 215 bis 240 Liter pro Quadratmeter.
Historisches
Von „meinen“ Mess-Stationen aus ganz Österreich habe ich seit Messbeginn folgende Daten in Sachen Extremwerte: Den höchsten gemessenen Tageswert unter diesen 16 Stationen (Langen am Arlberg [=Gemeinde Klösterle] ist neu dabei, der Sonnblick liegt im Gemeindegebiet von Rauris und Heiligenblut) hatte Freistadt in Oberösterreich: Am 7. August 2002 wurden dort 171 mm Niederschlag gemessen.
Im ansonsten sehr trockenen Wörterberg im Südburgenland gab es 1998 an zwei Tagen im Juni 88,5 (8.6.) bzw. 80,5 mm (28.6.) Niederschlag, und zwar im Jahr 1998. Das wird in dem Ort, in dem durchschnittlich knapp über 1.000 Liter im Jahr fallen, wohl einer der feuchtesten Juni aller Zeiten gewesen sein.
Auch in Zwettl gab es zwei Tage mit starkem Niederschlag: Am 6, August 2002 regnete es 80,8mm, am Tag darauf sogar 95mm. Das sind in Summe fast so viel, wie es in Schoppernau im Jahr 2005 innerhalb von 24 Stunden geregnet hat.
Und in Kremsmünster nahe Linz regnete es am 12. und 13. September 1899 ebenfalls sehr viel: 96,5 bzw. 101,8 Liter pro Quadratmeter.
Noch extremer waren die Niederschläge in Lienz in Osttirol am 3. und 4. November 1966: Damals kamen – wohl bedingt durch ein Adriatief – 119,4 und 138,7 Millimeter zusammen! Das sind insgesamt sogar mehr als die 236,5 mm in drei Tagen in Schoppernau! Allerdings kann ich mir vorstellen, dass die im November damals zumindest teilweise als Schnee fielen.
Den offiziellen Rekord innerhalb von 24 Stunden verzeichnete übrigens die Mess-Station am Loiblpass an der Grenze zu Slowenien: Die höchste Tagessumme stammt vom Loiblpass in den Karawanken, hier kamen am 4. September 2009 ganze 233 Liter pro Quadratmeter in nur 24 Stunden zusammen! (Quelle: hier) und laut derselben Quelle liegt der Rekord für Italien für 24h in Genua mit 948 Litern pro Quadratmeter vom 7. auf den 8. Oktober 1970. Da erscheinen dorch die 100 oder 200 Liter aus Österreich gleich in einem anderen Licht, oder?
Der August ist in Österreich an vielen Orten der Monat, an dem die extremsten Niederschläge der Messgeschichte verzeichnet wurden. Bei „meinen“ Mess-Stationen der geosphere Austria sieht das so aus:
Die Werte liegen zwischen 88,5 mm in Wörterberg und 171 mm in Freistadt. In Feldkirch (167,1 Liter am 19. August 2022), Bad Gleichenberg (112,6 Liter am 19. August 1979), Freistadt (171 Liter am 7. August 2002) und Zwettl (95 Liter am 7. August 2002) und Wien (ca. 120 Liter vor wenigen Tagen) waren die Rekorde jeweils im August.
In Wörterberg (8. Juni 1998 mit 88,5 Litern), Salzburg (8. Juli 1954 mit 135 Litern), der Sonnblick (108,4 liter am 16. Mai 1935), Reichenau (121,6 Liter am 5. September 2009), Innsbruck (92,2 Liter am 21. Mai 1999) und Bruck an der Mus (86,7 Liter am 20. Juni 1993) liegen die Höchstwerte ebenfalls in der warmen Jahreszeit.
Bad Bleiberg (156 mm am 23. November 1926), Lienz (138,7 mm am 4. November 1966) und auch Rauris (95,8 mm am selben Tag wie Lienz!) haben ihre Höchstwerte im November, wenn es oft zu Mittelmeer-Tiefdrucklagen kommt. Die „Ausnahme“ aller Stationen stellt Langen am Arlberg dar: Dort liegt der Höchstwert von 120,2 mm Niederschlag am 9. Jänner 1914 – damals wohl ziemlich sicher als Schnee gefallen.
FAZIT
Grundsätzlich sind also Wetterextreme im Sommer bei uns eher die Regel als die Ausnahme. Starke Regenmengen durch Gewitter sind meist sehr kleinräumig und richten vor allem dann viel Schaden an, wenn sie nicht schnell vorüber ziehen, sondern sich stationär entladen.
Spätestens im Herbst verlagern sich dann die „Schlagzeilen-Wetter“ in den Süden der Alpenrepublik. Regenmengen wie sie anscheinend schon in Genua (fast 1.000 Liter in 24 Stunden) gemessen wurden, sind jedoch bei uns unvorstellbar, denke ich. Und laut wetterdienst.de ist die höchste je gemessene Regenmeng in 1870 mm von 15. auf den 16.03.1952 in Cilaos, einer Insel zwischen Mauritius und Madagaskar. Das entspricht in etwa der Jahres-Gesamt-Regenmenge von Salzburg und der doppelten von Wien!