Inzwischen weiß ich mehr zu der Sache mit dem Strom, als bei meinem letzten Posting. Wie immer lasse ich dieses jedoch stehen und mache hier ein Neues, das die Lage in Österreich und speziell in Vorarlberg besser erklärt:
Die Ausgangsbasis
Ich nehme einen beliebigen Haushalt, der – weil er nachhaltige Stormerzeugung fördern will, einen ÖKÖSTROMTARIF der VKW bezieht. Bisher (seit 1.5.2022) hieß das 11,1 Cent pro kWh beim Tagstrom und 8,95 Cent für den Nachtstrom. Das ist der REINE Preis für den Strom ohne Grundpreis oder Netznutzungsgebühren oder andere Abgaben.
Ich nehme nun an, dass es einen Strom-Mix-Preis von 10,5 Cent pro kWh ergibt, weil der jeweilige Haushalt deutlich mehr Tagstrom als Nachtstrom bezieht.
NEU (laut Tarifblatt der VKW hier) sind es jetzt 25,1 Cent für den Tagstrom und 22,95 Cent für den Nachtstrom für den Ökostrom – auch hier gehe ich wieder von einem Mixpreis aus: 23,75 Cent.
Dass die Preise in Vorarlberg damit immer noch weit unter denen in anderen Bundesländern liegen, ist mir klar. Sobald der Strompreis über 40 Cent pro kWh liegt, wird das Ganze noch komplizierter…
Laut E-Control (hier) lagen die Preise – allerdings in dem Fall die GESAMTPREISE mit allen Kosten! – zwischen 18,28 Cent in Tirol und 43,53 Cent in Kärnten. Allerdings sind die Daten mit Stand 1.7.2022!
Wenn ich mich bei „durchblicker.at“ durch die Tarife wühle, dann sind bis auf Bestandskunden in Vorarlberg, die nicht über den Anbieter gewählt werden können, alle Tarife inzwischen über 40 Cent GESAMTkosten für die kWh gelegen.
Beispiele
5 Personen (5.000 kWh)
Eine Familie mit 5 Personen hat einen (sparsamen) fiktiven Jahresverbrauch von 5.000 kWh: Das bedeutete bisher reine Stromkosten von (5.000 x 10,5 Cent) 525 Euro.
In Zukunft werden 3.600 kWh mit 10 Cent (Bundesbremse) berechnet das sind 360 Euro. Dazu kommen 1.400 kWh x 23,75 Cent, das sind 332,5 Euro.
Jetzt ziehen wir die Unterstützung des Landes ab – das 3 Cent für alle 5.000 kWh – also 150 Euro. Das ergibt dann 692,5 Euro gesamt.
Das sind 167,5 Euro mehr im Jahr – oder ein Plus von 31,9%.
3 Personen (3.500 kWh)
Nehmen wir einen Haushalt mit 3 Personen, der 3.500 kWh braucht: Bisher waren das 367,5 Cent.
Neu bezahlen sie dank Bundesbremse für die ersten 2.900 kWh 290 Euro. Und für die restlichen 600 kWh kommen 142,5 Euro dazu. Nun kommt wieder der Abzug durchs Land – in dem Fall 105 Euro – dann bleiben 327,5 Euro.
Das ist WENIGER als bisher (um 40 Euro) – ein Minus von 10,9%!
1 Person (2.000 kWh)
Ein Einpersonenhaushalt mit 2.000 kWh zahlte bisher 210 Euro im Jahr.
Neu sind es durch die Bundesdeckelung nur mehr 200, dann kommt noch ein Abzug durchs Land von 60 Euro dazu – bleiben 140 Euro übrig. Das ist ein Minus von 33,33%.
Haushalt mit 4 Personen und einem Elektroauto (10.000 kWh)
Ein Vierpersonenhaushalt mit einem viel genutzten Elektroauto, das zuhause bei der Ladestation geladen wurde, zahlte bisher 1.050 Euro.
Neu werden die ersten 3.250 kWh durch den Bund auf 325 Euro gedeckelt. Für die anderen 6.750 kWh fallen nun 1.603,13 Euro an. Die Landesförderung bringt 300 Euro Einsparung, damit bleiben schlussendlich 1.628,13 stehen. Das sind 578,13 Euro mehr oder ein Plus von 55,1%.
FAZIT
Wenn wir davon ausgehen, dass die Strompreise nicht wieder gesenkt werden in Vorarlberg und die Förderungen im Jahr 2024 auslaufen, dann haben ab dann unsere fiktiven Haushalte ALLE eine Strompreiserhöhung von 126,2%.
Bis es so weit ist, können Einpersonenhaushalte wie unser Beispiel sich über eine Senkung der Kosten um ein Drittel freuen. Bis zu einem „durchschnittlichen“ Dreipersonenhaushalt, wo die Ersparnis immer noch fast 11% beträgt, wird es billiger. „Pech“ haben alle Haushalte mit mehr Personen – die zahlen ab 1. April 2023 schon drauf – selbst ein sparsamer 5-Personen-Haushalt muss mit Mehrkosten von ca. 32% rechnen! Das ist ein klein wenig mehr als die Inflation… 😉
Was ich an diesem Modell nicht verstehe, ist dass damit Haushalte von ein bis drei Personen quasi gleich viel zahlen, wenn sie mehr Strom verbrauchen. Das kann zur kuriosen Situation führen, dass sogar mehr Strom verbraucht wird. Oder es führt vielleicht dazu, dass große Haushalte sich bei kleineren „Strom kaufen“?
Das könnte theoretisch so ausschauen: Herr X wohnt in einem Haushalt mit 4 Personen und fährt ein Elektroauto. Damit er dieses weiterhin billig laden kann, macht er das in Zukunft bei seinen Nachbarn A,B,C und D, welche alle alleine leben und „nur“ 2.000 kWh Strom verbrauchen, also weitere 900 kWh pro Jahr um 10 Cent „verkaufen“ können. Das reicht, um mit einem Elektroauto eine weite Strecke zu fahren (je nach Größe und Verbrauch des Autos zwischen 11.000 und 25.000 km)! Herr X kann sich damit weiter um denselben Preis wie bisher sein Auto laden und den Nachbarn sogar mehr bezahlen, als die für den verbrauchten Strom bezahlen müssen. Da Elektroautos auch mit normalen Stromanschlüssen (wenn auch sehr langsam) geladen werden können, braucht es dafür auch keine Ladestationen, nur eine Steckdose oder ein langes Kabel vom Nachbarn zum Parkplatz von Herrn X.
OFFENE FRAGEN
Was mir noch nicht klar ist sind die Antworten auf folgende Fragen:
- Wie wird die Bremse/Deckelung berechnet bei „Mischstrom-Tarifen“ (also bei Tag- und Nachtstrom – ich habe oben einfach einen Mischpreis angenommen)?
- Was passiert bei Anlagen, wo es für mehrere Haushalte nur einen gemeinsamen Zähler gibt?
- Und umgekehrt: Können in einem Haushalt mehrere Stromzähler angeschlossen werden?
- Was ist mit dem so genannten „Allgemeinstrom“ in Wohnanlagen? Wird der auch bezuschusst? Auch hier ergeben sich wieder „verkauft mir doch den Strom-Möglichkeiten“ für Haushalte mit vielen Personen und daher einem höheren Haushaltsverbrauch.