Vorbemerkung
Wie sieht es denn aus, wenn wir uns anschauen, wie viele Menschen in den einzelnen Wochen in Österreich bzw. den Bundesländern versterben?
Die Datenquellen, die ich für diese Zahlen verwendet habe, sind Zahlen der AGES (Covid-Verstorbene) bzw. der Statistik Austria. Die Daten sind immer in Todesfällen pro 100.000 der Bevölkerung im jeweiligen Bundesland dargestellt. Dadurch sind alle Bundesländer direkt miteinander vergleichbar.
Zur Erklärung der Grafiken noch vier wichtige Details:
- Der Zeitraum ist NICHT ein Kalenderjahr, sondern quasi auf die „Pandemiejahre“ umgelegt, beginnt also immer mit der KW 9 (das war die letzte Woche in diesem Jahr und die erste Woche, in der es Zahlen gibt über Covid von der AGES) und endet mit der KW 8.
- Die gepunktete Linien zum Jahreswechsel sind quasi „Übergänge“ für alle Jahre außer (rot) dem Zeitraum 20/21. Denn 2020 gab es 53 Kalenderwochen, sonst immer nur 52!
- Die gestrichelten Linien zeigen jeweils die Verstorbenen OHNE die offiziellen C19-Todesfälle – also so, als wären ALLE C19-Verstorbenen nur wegen der Pandemie verstorben.
- Ich habe alle Grafiken einmal von der Höhe der Achse her gleich gestaltet, damit wir die einzelnen Bundesländer vergleichen können miteinander. Das heißt, der höchste Wert aller Wochen in einem der Bundesländer bestimmt den obersten Wert bei allen, der niedrigste in einem anderen den untersten.
Österreich
Wir erkennen sofort drei große „Ausreißer“ nach oben – wenn wir genau schauen eigentlich sogar vier:
- In Rot fällt die Herbstwelle 2020 auf – nirgends in den letzten 6 Jahren war der Unterschied zu den anderen Kurven (= Jahren) so groß.
- Dann die erste Überraschung: Die Grippewelle 2016/2017 (genau zum Jahreswechsel) war die zweitgrößte Abweichung und auch zeitlich zog sich das Ganze fast über gleich viele Wochen wie die C19-Wellen!
- Überraschung Nummer zwei: Die Grippewelle 2018 war ebenfalls stärker als jede Woche mit C19 im zweiten Pandemiejahr – sie fällt nur darum nicht so auf, weil sie genau um die Zeit war, wo jetzt die Kurve startet und endet.
- Erst an vierter Stelle, was den höchsten Punkt der Kurve betrifft, kommt die Delta-Welle im vergangenen Herbst.
Was sonst noch auffällt, ist dass bei der blauen Linie (also dem gerade zu Ende gegangenen zweiten Pandemiejahr) am Anfang die gestrichelte Linie die niedrigste aller Jahre wäre – sprich ohne alle offiziellen C19-Verstorbenen wäre das das Jahr mit den wenigsten Verstorbenen im März, April und Mai gewesen. Danach liegt jedoch die gestrichelte Linie überall dort, wo es mehr Todesfälle als in den anderen Jahren gab, klar ÜBER denen der anderen 4 Jahre vor der Pandemie.
So sieht die Kurve aus, wenn wir uns NICHT an den Höchst- und Tiefstwerten der anderen Bundesländer orientieren. Wir sehen: In Österreich starben in den letzten 6 Jahren pro Woche nie weniger als 15 Menschen pro 100.000 EW und nie mehr als 29.
Das Burgenland
Was für ein Unterschied! Wir sehen sofort, wie anders das ganze aussieht, wenn wir vom gesamten Bundesgebiet zum Bundesland mit den wenigsten EW kommen. Hier machen weniger Todesfälle gleich mehr aus, darum gibt es ein ständiges „Auf und Ab“.
Was fällt auf?
- Die Woche mit den meisten Todesfällen im Burgenland war während der Grippewelle 2016/17.
- Dann folgt praktisch gleichauf die Grippewelle im Jahr 2018 und die beiden Herbst-Wellen in Sachen Covid. Aber auch im Jahr 2019 gab es in der KW 9 eine Woche mit vielen Todesfällen.
- Was ebenfalls auffällt, ist dass bei der blauen Linie (also dem gerade zu Ende gegangenen zweiten Pandemiejahr) die gestrichelte Linie praktisch NIE stark von der durchgezogenen abweicht. Das heißt, dass Übersterblichkeiten im zweiten Pandemiejahr im Burgenland praktisch NICHT auf Covid zurückzuführen sind – mit Ausnahme der Wochen im März und April 2021. Das sah 2020 im Herbst ganz anders aus!
S
o sieht die Kurve aus, wenn wir uns NICHT an den Höchst- und Tiefstwerten der anderen Bundesländer orientieren. Wir sehen: Im Burgenland starben in den letzten 6 Jahren pro Woche nie weniger als 13 Menschen pro 100.000 EW und nie mehr als 36.
Kärnten
Wir kommen zu dem Bundesland mit der „schlimmsten Woche“ unter allen Bundesländern in den letzten 6 Jahren. In Kärnten gab es im Herbst 2020 eine Woche mit fast 49 Todesfällen pro 100.000 EW.
Was fällt sonst noch auf?
- Wie geschrieben: Die Woche mit den meisten Todesfällen war während der Herbst-Covid-Welle 2020.
- Dann folgt praktisch gleichauf die Grippewelle im Jahr 2016/17 und die Delta-Welle im jahr 2021. Aber auch im Jahr 2019 gab es in der KW 9 eine Woche mit vielen Todesfällen.
- Was ebenfalls auffällt: Auch OHNE die C19-Todesfälle wäre der Herbst 2020 in Kärnten ein auffälliger gewesen. Und im Frühjahr 2020 gab es in Kärnten quasi KEINEN Unterschied zwischen den Kurven mit oder ohne C19. Das sah 2020 und 2021 im Herbst ganz anders aus!
Hier macht eine Änderung der Kurve keinen Sinn, weil ja der höchste Wert aus diesem Bundesland stammt! Wir sehen: In Kärnten starben in den letzten 6 Jahren pro Woche nie weniger als 14 Menschen pro 100.000 EW und nie mehr als 49.
Niederösterreich
Im Gegensatz zu Kärnten gibt es in NÖ weniger „Ausreißer“, wenn wir die angepasste Kurve anschauen.
Was fällt auf?
- Hier war die Übersterblichkeit durch die Grippewelle 2016/17 deutlich auffallender als alle C19-Wellen.
- Der Herbst 2021 war in Sachen Abweichung dramatischer als der Herbst 2020. Gleichzeitig waren dort aber viel weniger Fälle auf C19 zurückzuführen!
- Auch hier ist die Grippewelle im Jahr 2018 deutlich erkennbar und weit höher als die Frühjahrswellen mit Corona.
Hier macht eine Änderung der Kurve durchaus Sinn, weil es wenig Extremwerte gab. Wir sehen: In NÖ starben in den letzten 6 Jahren pro Woche nie weniger als 15 Menschen pro 100.000 EW und nie mehr als 32.
Oberösterreich
Ähnlich wie NÖ hat auch OÖ wenig große „Ausreißer“, was natürlich bei beiden auch daran liegt, dass sie relativ viele EW haben, was einzelne starke Wochen nicht so sehr überzeichnet, weil es zB in anderen Bezirken des Landes ev. nicht so schlimm war.
Was fällt auf?
- Ganz klar die stärkste Abweichung gab es bei der Herbstwelle 2020, aber auch im vergangenen Herbst bei Delta.
- Dann folgt die Grippewelle 2016/17 mit einer seltsamen „Doppelspitze“.
- Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern war ist die gestrichelte Linie (ohne C19-Verstorbene) immer DEUTLICH tiefer als die durchgehende im Herbst 2020 und 2021.
Auch hier macht eine Änderung der Kurve durchaus Sinn, weil es wenig Extremwerte gab. Wir sehen: In OÖ starben in den letzten 6 Jahren pro Woche nie weniger als 13 Menschen pro 100.000 EW und nie mehr als 30 – der Höchstwert ist einer der niedrigsten im Bundesgebiet!
Salzburg
In Salzburg starben in der KW 27 im Jahr 2016 nicht einmal 10 Menschen pro 100.000 EW. Das ist eine der „ruhigsten“ Wochen überhaupt im Vergleich aller Bundesländer.
Was fällt noch auf?
- Ganz klar die stärkste Abweichung gab es bei der Herbstwelle 2020, aber auch im vergangenen Herbst bei Delta. Die Welle 2020 war jedoch eindeutig „kürzer“ (also weniger Wochen so hoch) als die 2021.
- Dann folgt die Grippewelle 2016/17 mit einer „Doppelspitze“ wie in OÖ.
- Die gestrichelte Linie im Herbst 2021 (ohne C19-Verstorbene) ist eine der höchsten, vor allem auch deutlich höher als alle anderen Vergleichsjahre.
Auch hier sieht die Kurve ohne die Skalierung wegen dem „Extremwert“ bei den Spitzen nach oben in Kärnten ganz anders aus. Wir sehen: In Salzburg starben in den letzten 6 Jahren pro Woche nie weniger als 9 Menschen pro 100.000 EW und nie mehr als 30 – der Höchstwert ist einer der niedrigsten im Bundesgebiet!
Die Steiermark
Auch wenn es die Kärntner und die Steirer angeblich nicht so gerne haben, wenn sie zusammen sind 😉 – in Sachen zahlen sind die Werte oft ähnlich.
Was fällt auf?
- Auch in der Steiermark sticht die Herbstwelle 2020 heraus – wenn auch mit deutlich niedrigeren Werten!
- Dann folgt die Grippewelle im Jahr 2016/17 und auch die Grippewelle im März 2018.
- Die Delta-Welle im Jahr 2021 ist deutlich zu sehen, aber klar niedriger als die Grippewellen.
So sieht die Kurve ohne die Berücksichtigung des Höchstwertes aus Kärnten aus. Wir sehen: In der Steiermark starben in den letzten 6 Jahren pro Woche nie weniger als 13 Menschen pro 100.000 EW und nie mehr als 36.
Tirol
Tirol wurde anfangs viel geschmäht wegen seiner Rolle in der Pandemie – dabei sieht es jetzt ganz anders aus.
Was fällt auf?
- Ganz klar erkennbar ist der Anstieg der „ersten Welle“ bereits im Frühjahr 2020. Und auch im Herbst 2020 gab es einen starken Ausschlag nach oben bei der Kurve.
- Die Delta-Welle im Herbst 2021 war neben der im Jahr davor die stärkste Abweichung nach oben. Allerdings, wenn wir genauer hinschauen, wäre sie das auch fast ohne die C19-Verstorbenen gewesen.
- Die Grippewelle 2016/17 war nämlich nur knapp höher als die Kurve während Delta ohne die C19-Todesfälle.
- Anders als bisher in den meisten Bundesländern ist in Tirol auch eine Welle im Frühjahr 2019 zu erkennen (schwarze Linie) neben der Grippe von 2018.
Auch hier sieht die Kurve ohne die Skalierung wegen dem „Extremwert“ bei den Spitzen nach oben in Kärnten anders aus. Wir sehen: In Tirol gab es nicht nur einen der tiefsten Werte aller Wochen (KW 32 im Jahr 2017). Es starben in den letzten 6 Jahren pro Woche nämlich nie mehr als 28 Menschen pro 100.000 EW (bisheriger Bestwert) und nie weniger als 9.
Vorarlberg
Die Kurve in Vorarlberg sieht ähnlich aus wie die von Tirol in manchen Bereichen. Außerdem erkennen wir wieder gut, dass sie wegen der wenigen Einwohner stärkere Schwankungen innerhalb der einzelnen Jahre aufweist. Was fällt auf?
- Ganz klar erkennbar ist ein seltsamer dreizackiger Anstieg in der „ersten Welle“ bereits im Frühjahr 2020. Im Herbst 2020 gab es den stärksten Ausschlag nach oben bei der Kurve im Ländle.
- An zweiter Stelle folgt dann schon die Grippewelle 2016/17 – nur zwei Wochen der zweiten C19-Welle im Herbst lagen höher.
- Die Delta-Welle im Herbst 2021 war die drittstärkste Abweichung – allerdings anfangs NICHT wegen der C19-Verstorbenen und sie wäre auch später immer höher gewesen als die anderen Jahre!
- Auch die Grippewelle 2017/18 war nämlich gleich hoch vom Höchststand her wie die Delta-Welle 2021.
- Anders als etwa in Tirol war 2019/20 ein sehr „mildes Jahr“, was die Sterblichkeit betrifft – keine größeren Ausreißer, außer einer Woche im Sommer (KW 30).
Auch hier sieht die Kurve ohne die Skalierung wegen dem „Extremwert“ bei den Spitzen nach oben in Kärnten anders aus. Wir sehen: In Vorarlberg gab es viele Wochen, in denen nicht einmal 10 Menschen pro 100.000 verstarben. Es starben in den letzten 6 Jahren pro Woche wie in Tirol auch nie mehr als 28 Menschen pro 100.000 EW (bisheriger Bestwert).
Wien
Zu guter letzte die Bundeshauptstadt. Wer aufgepasst hat bisher, weiß schon, was kommt: Wegen der vielen EW eine deutlich „flachere“ Kurve mit weniger Ausreißern.
Was fällt auf?
- Ganz klar erkennbar ist, dass die Grippewelle 2016/17 die stärkste Wochensterblichkeit der letzten 6 Jahre verursachte.
- Dann folgt erst die Herbstwelle 2020 und auch der Jänner/Februar 2021 fallen auf (rot).
- Noch über der Delta-Welle liegen auffällige Wochen im Sommer 2017 und 2018 (Hitzewellen?) und auch der März 2017 und 2018 oder der Jänner/Februar 2020.
- Wien ist auch das Bundesland, in dem die „stärksten Wochen“ die niedrigsten Werte von allen aufweisen.
Auch hier sieht die Kurve ohne die Skalierung wegen dem „Extremwert“ bei den Spitzen nach oben in Kärnten anders aus. Wir sehen: In Wien starben in den letzten 6 Jahren pro Woche nie weniger als 13 Menschen pro 100.000 EW und nie mehr als 26 (Bestwert)
FAZIT
In meinen ganzen Beschreibungen geht ein Jahr fast vollkommen unter: 2019 – das wohl „mildeste“ Jahr in Sachen Sterbewellen nicht nur in den letzten 6 Jahren. Ob das vielleicht auch ein Grund dafür ist, dass die Corona-Epidemie viele Todesopfer forderte? Weil in den Jahren davor (auch 2018 hat wenige „Ausreißer“) nur sehr wenige „Sterbewellen“ den vulnerablen Gruppen gefährlich wurden?
Fakt ist, dass es 2020 im Herbst deutlich mehr Sterbegeschehen gab in Österreich als sonst um diese Jahreszeit. Auch 2021 waren es wieder viele Todesfälle, allerdings nicht mehr nur wegen Corona. In den drei östlichsten Bundesländern war überall die Grippewelle 2016/17 in Sachen „schlimmste Woche“ vor den Corona-Wellen zu finden und im Burgenland, NÖ und auch OÖ war der Herbst 2021 praktisch gleich „schlimm“ wie der 2021, allerdings nicht wegen der C19-Verstorbenen alleine.