Weil ich für eine Freundin nach Zahlen gesucht habe, bin ich bei Eurostat auf 20-Jahres-Altersgruppen gestoßen. Diese habe ich für Österreich aufbereitet und dabei die folgenden Grafiken erstellt, die ich bei der ersten, der ältesten Altersgruppe, genauer erkläre:
Menschen ab 80 Jahren

Das sind die Todesfälle pro 100.000 Menschen und Kalenderwoche für die Menschen ab 80 Jahren seit dem Jahr 2000. Wir sehen – für diese Altersgruppe typisch – starke Unterschiede in der Höhe der Kurve, die immer im Winterhalbjahr höher ist als im Sommer.

Die allerhöchste Zahl stammt aus dem Winter 1999/2000 – leider beginnen diese Wochenzahlen erst mit dem Jahrtausendwechsel, daher können wir weder sagen, wie der Winter damals vor dem 1. Jänner verlief, noch wie es in den 90er oder 80er Jahren aussah. Fakt ist, es waren NIEMALS danach auch nur annähernd so viele Todesfälle pro Woche als damals – und da ich bezweifle, dass das mit dem Maya-Kalender oder dem Millenium-Bug zu tun hat, tippe ich auf eine außergewöhnlich starke Grippewelle in den ersten Wochen des neuen Jahrhunderts.
Ebenfalls auffallend hohe Zahlen gab es 2003 und 2017 – und auch im Herbst 2020. Die zwei rot beschrifteten Wochen aus den Jahren 2002 und 2007 sind insofern besonders, als sie aus dem SOMMERhalbjahr stammen und die beiden höchsten Werte aus den Sommerwochen darstellen seit dem Jahr 2000. Was bei beiden auffällt, ist, dass sie jeweils nur eine Woche zu umfassen scheinen.
Farbig markiert ist auch die offizielle „Pandemiezeit“ in Österreich, wobei die ersten Wochen bis zur Verteilung der Vakzine blau, die andere Zeit lila markiert ist.

Was noch auffällt? Das es Winter mit deutlich weniger Sterbegeschehen gab: 2005/06, 2007/08, 2009/10, 2010/11, 2011/12, 2013/14, 2014/15, 2015/16, 2018/19, 2019/20 und zuletzt 2023/24 und 2024/25. Meist folgen solche „ruhigen Jahre“ auf Jahre mit stärkeren Ausschlägen nach oben oder es folgt umgekehrt nach ruhigen Jahren oft eine stärkere Reaktion auf Grippe- oder andere -wellen.

Bei der zweiten Grafik habe ich jeweils eine „Saison“ zusammengefasst und den Zeitraum ab KW30 bis zur KW29 des Vorjahres dargestellt pro Jahr. Das heißt, mein „Jahr“ beginnt und endet immer Hochsommer, wo es normalerweise wenige Todesfälle gibt – auf jeden Fall weniger als im Winter.
Was so noch besser zu sehen ist: Die „Sterbewelle“ im Winter 1999/2000 dauerte mindestens 7, wahrscheinlich noch mehr Wochen lang (1999 fehlt uns ja leider). Damit ist sie mindestens so lang wie die Welle in der rote Linie, die die Corona-Welle von 2020 zeigt. Letztere ist übrigens auch niedriger als die Grippewelle von 2016/17 und die Grippewelle im März 2003.
Ebenfalls gut zu sehen sind die beiden „Sommerwellen“ von 2002 und 2007. Farblich hervorgehoben sind auch die Winter von 21/22 (pink) und 22/23 (dunkelrot) sowie 23/24 (hellblau und 24/25 (schwarz). Die beiden letzten Jahre fallen dadurch auf, dass nicht viel auffällt – oft stellen sie die Wochen mit dem niedrigstem seit dem Jahr 2000 dar bei den Menschen ab 80 Jahren.
Menschen im Alter von 60-79 Jahren

Bei den Menschen von 60 bis 79 Jahren gab es vom Winter 1999/2000 bis zum Winter 2004/2005 jedes Jahr höhere Werte als im Herbst 2020. Auch 2008/2009 und 2016/2017 waren es etwa gleich viele. Auch hier sehen wir oft vor oder nach Jahren mit viel Sterbegeschehen eine deutlich niedrigere Kurve – am niedrigsten ist sie im laufenden Winterhalbjahr.

Dass die Covid-Zeit bereits in dieser Altersgruppe nicht extrem auffällt, sehen wir hier noch besser – Viele Wochen – sogar zwei aus dem Sommer 2000 zeigen höhere Sterbezahlen als der „Pandemiewinter 1“. Auch hier fallen die beiden letzten jahre durch sehr niedrige Zahlen auf – diese sind natürlich auf die Altersgruppenstärke berechnet und nicht nur einfach absolute Zahlen! Extrem auffällig im negativen Sinne ist auch hier das erste halbe Jahr des Mileniums, das fast durchgehend den höchsten Wert aller Jahre zeigt (gelbe Linie).
Menschen im Alter von 40-59 Jahren

Bei den Menschen, die mindestens 80 Jahre alt sind, sterben im Vergleich zu denen von 40 bis 59 Jahren fast 40 Mal weniger! Auch sind hier viel weniger diese Wellen von Winter- und Sommerhalbjahr zu erkennen. Was auffällt?
- Auch hier starben gleich zu Beginn des Jahrtausends auffallend viele Menschen.
- Bis zum Herbst 2003 gab es oft Wochen mit mehr als 8 Todesfällen pro 100.000 Menschen, danach nie mehr.
- Bis zum Februar 2010 gab es manchmal noch Wochen mit mehr als 7 Todesfällen pro 100.000 Menschen, danach nie mehr.
- Die zwei Wochen mit den höchsten Sterbezahlen der letzten 6 Jahre waren die KW 6 im Jahr 2019 (das bei den älteren menschen sehr unauffällig war) und die KW 48 im Jahr 2021, also im zweiten Pandemiejahr, als klar wurde, dass zwei Gaben von Pfizer & Co zu wenig waren und geboostert wurde.
- Auch hier waren die letzten Beiden Jahre eher ruhig.

Das zeigt sich natürlich auch bei dieser anderen Art der Darstellung: Erstens sind die Unterschiede zwischen Sommer (links und rechts) und Winterhalbjahr (in der Mitte) kaum erkennbar. Zweitens sticht das Jahr 2000 extrem hervor (gelbe Linie) bis in den Sommer hinein. Auch der Zeitraum 2002/03 (orange) fällt auf mit vielen Spitzenwerten. Von den „Pandemiejahren“ ist am ehesten 2021/22, das zweite Jahr auffällig, vor allem vom Sommer bis zum Jahreswechsel. die letzten beiden jahre sind auch hier ganz unten zu finden.
Menschen im Alter von 20-39 Jahren
Wir sind bei den jungen Erwachsenen angelangt:

Was auch immer bei den Menschen ab 40 zu sehen war in den ersten Wochen des neuen Jahrtausends: Hier ist es nicht zu sehen. Nur eine Woche im Herbst 2000 sticht heraus – Im Herbst 2000 passierte in Kprun das Seilbahnunglück, das viele – vor allem junge – Menschen das Leben kostete. Dieses Unglück ist mit Werten, die doppelt so hoch sind wie die meisten anderen Höchstwerte – extrem gut zu sehen. Wäre das ganze eine Krankheitswelle gewesen, hätte es länger als eine Woche zu sehen sein müssen.
Ebenfalls auffallend hoch waren zwei Wochen im Herbst 2001 und Sommer 2005. Seit 2008 waren es niemals mehr mehr als 1,8 Todesfälle pro 100.000 Menschen, Seit 2011 nie mehr mehr als 1,70 – mit Ausnahme der letzten Jännerwoche im Jahr 2023.
Im Gegensatz zu den älteren Gruppen sinken die Werte hier in den letzten beiden Jahren NICHT ab, sie scheinen eher zu steigen.

Das Ganze zeigt sich auch hier – Keine Wellenbewegung, eine „Extremwoche“ und zwei andere sehr starke Wochen im Jahr 2001 und 2005. Und die hellblaue und schwarze Kurve der letzten beiden „Saisonen“ sind – im Gegensatz zu den älteren Gruppen – hier fast nie ganz unten zu finden – gerade die letzten Wochen zeigen eher Werte aus dem oberen Mittelbereich.
Kinder und Jugendliche von 0 bis 19 Jahren

Auch hier sehen wir – sogar noch extremer – die Woche mit dem Seilbahnunglück in Kaprun. Ansonsten fällt am ehesten noch die KW 9 im Jahr 2000 auf und die Zeit von Sommer und Herbst im Jahr 2005. Zuletzt gibt es seit 2013 wenig Auffälliges der durch den hohen Wert von 2000 sehr flach erscheindenden Kurve.

Auch hier ein ähnliches Bild: die letzten beiden Saisonen (23/24 in hellblau und 24/25 in schwarz) haben zwar einzelne Wochen mit sehr wenig Sterbegeschehen, aber auch (zB KW 47 2024) einzelne Wochen mit sehr hohen Werten. Während der Pandemie gab es im Winter am ehesten im Winter 22/23 mehr Todesfälle als üblich und im Sommer 2022 sticht die KW 19 hervor, genauso wie die KW 17 im Jahr 2021.
Fazit
Wenn ich mir diese Grafiken und Zahlen alle ansehe, dann frage ich mich zwei Sachen: Erstens wüsste ich gerne, wo die „Pandemie“ zu sehen ist, in der doch so viele Menschen an oder mit C19 verstorben sind. Und zweitens frage ich mich, was im ersten halbjahr des neuen Jahrtausends los war bei den Menschen ab 40 Jahren – und warum wir damals und auch heute nichts darüber hören. Waren bei diesen viel höheren Sterbezahlen als zu der Zeit, als alle von der „Überlastung des Systems“ schrieben und sprachen, die Systeme noch besser als heute? Oder gab es damals aus anderen Gründen nicht so viel Aufmerksamkeit dafür?
Apropos Zahlen und Kurven: Eine habe ich noch für euch, die so frappant an unser tragisches Seilbahnunglück erinnert von 2001 – diese Grafik stammt nich von mir sondern kann von jedem auf der Seite von Eurostat „nachgebaut“ werden, wenn er Bergamo und die Gesamtsterbezahlen eingibt:

Sieht für mich viel eher wie ein „Unglück“ aus, als eine drei Jahre andauernde Pandemie – und wie Tom Lausen, der Datananalyst in einer seiner Präsentationen einmal sinngemäß sagte: Wo ist hier danach das Absinken der Zahlen zu sehen, wenn es sich um „vorgezogene Todesfälle“ handelt?
UPDATE mit Überraschungen:
Das oben sind die Zahlen aller Sterbefälle – interessanterweise sind aber nicht nur die Menschen 80+ und auch 60-79 davon betroffen, sondern auch die von 40-59, die sonst bei allen zahlen der Pandemie im Frühjahr 2020 kaum auffallen…
