Vorbemerkung
Das ist quasi der vierte Teil (Teil 1 ohne Nummer war die Gesamt-Schau auf alle Sterbefälle ohne Altersgruppen) zum Thema Sterbezahlen 2022. Nach den Menschen unter 60 folgen hier die Altersgruppen, unter denen sich auch all jene befinden, die den Großteil der „an oder mit Covid“ Verstorbenen darstellen. Die Quelle aller Zahlen sind wieder die Daten der Statistik Austria, bei der die Daten in 5-Jahres-Gruppen verfügbar sind.
Da ich die Daten immer pro 100.000 berechne, können alle Jahre seit 2000 miteinander verglichen werden, da dadurch auch Schwankungen bei der Stärke der Jahrgänge ausgeglichen werden.
Ich verwende auch heute wieder die gleichen zwei Grafiken, die ich schon bisher verwendet habe. Auf der einen (unten) sehen wir immer, wie viele Menschen pro 100.000 der jeweiligen Gruppe im Schnitt pro einzelner Woche verstorben sind im jeweiligen Jahr. Auf der anderen (oben) werden die einzelnen Kalenderwochen im Verlauf aller Jahreskurven gezeigt, wobei der Schnitt schwarz (durchgehend = 10 Jahre von 2012 bis 2021; gestrichelt = 20 Jahre von 2000 bis 2019) dargestellt ist und die drei Pandemiejahre orange (2020), hellrot (2021) und dunkelrot (2022).
Menschen von 60 bis 79 Jahren
Wir befinden uns altersmäßig nun in einem Bereich, der einerseits die Menschen umfasst, die kurz vor dem Ende ihrer Berufslaufbahn stehen oder auch schon im wohverdienten Ruhestand sind – andererseits sind ab hier immer mehr Menschen der Gruppe derjenigen zuzuordnen, die sich nicht mehr „vollständiger Gesundheit“ erfreuen. Gerade in Österreich ist die Gruppe der Menschen, die „nicht gesunde Lebensjahre“ verbringt, besonders groß.
Die Menschen von 60 bis 64 Jahren
Bisher verliefen die Durchschnittswerte der einzelnen Jahre meist so, dass es eine kontinuierliche Abnahme der Zahlen gab in den einzelnen Altersgruppen. Hier sieht das Ganze etwas anders aus: Nach einem Wert nahe 20 Todesfällen pro Woche un 100.000 Menschen im Jahr 2000 sank der Wert mit Auf- und Abbewegungen bis 2005 auf 17 ab. Von da an ging es bis 2010 wieder leicht aufwärts auf fast 18. Danach sanken die Zahlen bis 2019 durchgehend auf unter 14 Todesfälle pro 100.000 Menschen – das ist ein Rückgang um 30% seit dem Jahr 2000!
Danach steigen die Zahlen wieder – 2021 liegt sogar über dem Zehnjahresschnitt, 2022 liegt knapp darunter.
Bei den Männern ist nur das Jahr 2003 wirklicher „Trendbrecher“ in der Abwärtsbewegung und von 2005 bis 2009 steigen die Werte minimal an. Auch hier ist 2021 das Jahr über dem Zehnjahresschnitt.
Bei den Frauen ist das anders – Hier liegen mit Ausnahme von 2002 alle Jahre bis 2004 auf recht hohem Niveau. Von 2005 bis 2010 steigen die Werte wieder an, um dann zu fallen. Der niedrigste Wert ist aus dem Jahr 2018, seither steigen die Werte fast gleichmäßig Jahr für Jahr an. 2022 liegt über dem 10-Jahres-Ø.
Die KW 15 im Jahr 2001 sticht deutlich heraus und liegt vier Mal höher als die KW 28 im Jahr 2017.
Die Menschen von 65 bis 69 Jahren
Auch bei den Menschen, die ihre Ruhestandjahre im Alter von 65 bis 69 genießen, gibt es auf den ersten Blick nichts Auffälliges zu sehen. Allerdings erkennen wir nun zum ersten Mal recht eindeutig, dass die Todesfälle im Sommer weniger sind als in den Wintermonaten (rechts und links auf der oberen Grafik). Zwischen 15,68 und 41,22 Menschen pro Woche sterben in diesem Alter von 100.000.
Die Pandemiejahre 2021 und 2022 liegen über dem Zehnjahresschnitt. Interessant ist, dass hier bei den gleichen Jahrgängen wie auch bei den Menschen, die 5 Jahre jünger sterben, ein Anstieg weg vom Trend zu sehen ist: Es sind die Jahrgänge um den Jahrgang 1946 herum, die für eine höhere Sterblichkeit sorgen – und das, obwohl die Zahlen pro 100.000 der Gruppe berechnet sind.
Wieder sieht die Kurve der Wochen-Schnitt-Werte bei den Männern weniger auffällig aus. Was sich hier – wie auch oben bei den Menschen ab 60 Jahren gut zeigt, sind die steigenden Zahlen der Sterblichkeiten ab etwa KW 40, wo vor allem die orange und hellrote Kurve der Jahre 2020 und 2021 über dem Schnitt liegen.
Das Jahr mit dem niedrigsten Durchschnittswert seit 2000 bei den Frauen in diesem Alter ist 2010. Danach steigen die Zahlen wieder an, um nach 2015 wieder zu sinken. Von den Pandemiejahren war das Jahr 2021 das einzige, das über dem Zehnjahresschnitt liegt. Sowohl im jahr 2020 (KW 49) als auch im Jahr 2022 (KW 41) gibt es eine Woche, die den Höchstwert aller Wochen seit 2000 darstellt.
Die Menschen von 70 bis 74 Jahren
Ein Blick auf die Wochenkurven der 70-74-Jährigen zeigt, dass die ersten beiden Pandemiejahre ab etwa KW 42 „aus dem Ruder laufen“. Davor waren sie ganz durchschnittlich. 2022 steigt nur in den letzten Wochen des Jahres über die Durchschnittswerte an. Trotzdem liegen alle drei Pandemiejahre über dem Zehnjahresschnitt, am wenigsten ist das im Jahr 2022 der Fall.
Bei den Männern waren ebenfalls alle drei Pandemiejahre überm Schnitt. Hier war 2020 schlimmer als 2021 – am wenigsten darüber liegen die Werte von 2022. Wochen-Höchstwerte gab es nur im Jahr 2021 an zwei aufeinanderfolgenden Wochen im November.
Bei den Frauen lagen die Zahlen im Jahr 2021 sogar über dem 20-Jahres-Ø. 2022 liegt fast genau im Schnitt der letzten zehn Jahre. Höchstwerte gab es nur in der KW 38 und KW 50 Im Jahr 2020.
Die Menschen von 75 bis 79 Jahren
Selbst in der KW 23 im Jahr 2017 verstarben bei den Menschen im Alter von 75-79 Jahren mehr pro 100.000, als es bei den 65-69-Jährigen in der Woche mit den meisten Todesfällen seit dem jahr 2000 waren. Das zeigt, wie sehr die Todeshäufigkeit vom Alter abhängt.
Kaum eine andere Kurve vorher war schon schön linear wie diese, wenn es um die Durchschnitteswerte der einzelnen Jahre geht. Allerdings erfolgt mit 2020 ein jäher Bruch, seither geht es in die andere Richtung und alle drei Jahre liegen über dem Zehnjahresschnitt.
Das sieht auch bei den Männern nicht viel anders aus. Interessant ist, dass KEINE EINZIGE WOCHE in allen drei Jahren eine war, die den höchsten Wert seit 2000 erreicht hat in dieser Altersgruppe!
Auch bei den Frauen ist das nur in der KW 50 im Jahr 2020 der Fall. Sonst fällt mir noch auf, dass 2020 und 2021 praktisch gleichauf liegen.
Menschen ab 80 Jahren
Wir nähern uns der „Lebenserwartung“ in Österreich – sprich wir sind jetzt dort, wo das durchschnittliche Sterbealter der ÖsterreicherInnen liegt und bewegen uns dann darüber hinaus.
Die Menschen von 80 bis 84 Jahren
Was nun viel besser zu erkennen ist, ist die „Krümmung“ bei den Wochenzahlen – im Sommer sterben (mit einer Ausnahme), deutlich weniger Menschen als in den Wintermonaten. Den höchsten Wert stellt übrigens mit 219,37 Todesfällen pro 100.000 Menschen dieser Altersgruppe die allererste Kalenderwoche des neuen Jahrtausends!
Bei den Durchschnittswerten sehen wir gut, dass die Zahlen schön absinken bis 2019. 2020 liegt dann über dem Zehnjahresschnitt, 2021 und 2022 wieder leicht darunter.
Wieder ist gut zu erkennen, dass vor allem 2020 die Werte der einzelnen Wochen bei den Männern ab KW 43 extrem ansteigen. Sonst sind bis auf wenige Ausnahmen die Wochen der drei Pandemiejahre eher unterdurchschnittlich.
Bei den Frauen sieht das ähnlich aus, allerdings ist hier auch 2021 im Frühwinter eine längere Zeit überdurchscnittlich.
Die Menschen von 85 bis 89 Jahren
Neue Altersgruppe, ähnliches Bild – wieder ist 2020 im Herbst/Frühwinter ganz oben zu finden – allerdings nicht, wenn wir es mit den Werten aus dem Frühjahr anderer Jahre vergleichen.
Alle drei Pandemiejahre sind über dem Zehnjahresschnitt, keines über dem von 20 Jahren vor der Pandemie.
Nicht viel Neues gibt es bei den männlichen Verstorbenen dieser Altersgruppe. Wieder sticht das Ende des Jahres 2020 heraus, liegt aber unter den Werten anderer Jahre aus dem ersten Quartal.
Bei den Frauen ist 2021 sogar unter dem Schnitt, 2022 nur ganz knapp darüber. Während in der KW 3 des Jahres 2000 mehr als 386 Frauen in diesem Alter pro 100.000 verstarben, waren es zum Höhepunkt der Pandemie in der KW 49 im Jahr 2020 „nur“ 338.
Die Menschen von 90 bis 94 Jahren
Vorletzte und zweitälteste Altersgruppe – hier lebten im Jahr 2000 genau 34.530 Menschen zu Jahresbeginn. 2019 waren es mit 64.959 fast doppelt so viele. Und der nun erwartet hat, dass durch die vielen Pandemietodesfälle im hohen Alter die Zahlen zurück gegangen sind seither: Das stimmt bedingt: Von 2020 (65.714) sanken sie auf 65.675 (-39) im Jahr 2021 und stiegen dann ein klein wenig auf 65.683 (+8) im Jahr 2022.
Während 2020 und auch 2022 die Sterbezahlen in dieser Altersgruppe ÜBER denen des 20-Jahres-Schnitts vor der Pandemie lagen, waren sie im Jahr 2021 gerade einmal knapp über dem Schnitt der letzten zehn Jahre.
Fünf Wochen in Folge (KW 46 bis KW 50) lagen sie im Jahr 2020 auf einem historischen Höchstwert für diese Wochen. Im Jahr 2022 war das nur in der KW 29 der Fall.
Zwischen 245 (KW 20 im Jahr 2003) und 914 (KW 5 im Jahr 2000) Todesfälle pro 100.000 Menschen diesen Alters versterben innerhalb einer Woche in Österreich. Das sind keine realen, absoluten Zahlen! In Wirklichkeit verstarben in dieser Woche „nur“ 74 Personen – allerdings muss ich zur Vergleichbarkeit das Ganze auf 100.000 hochrechnen!
Wieder liegen mit 2020 und 2022 zwei Pandemiejahre über dem 20-Jahres-Schnitt, 2021 liegt sogar unter dem Zehnjahresschnitt.
Bei den Männern gab es vor allem 2020 hohe Zahlen – die höchsten seit 2011. 2022 ist immer wieder knapp über dem Schnitt.
Bei den Frauen liegt keines der Pandemiejahre über dem 20-Jahres-Schnitt. Was hier jedoch auffällt, ist dass erstmals das Jahr 2022 sehr oft hoch über den Durchschnittswerten liegt und am Schluss sogar einen neuen Höchstwert aufweist.
Die Menschen ab 95 Jahren
Und wie sieht das Ganze bei den älstesten EinwohnerInnen Österreichs aus?
Ganz anders! Es lebten nur knapp 17.955 Menschen in Österreich, die so ein hohes Alter erreicht haben Anfang des Jahres 2022 – im Jahr 2000 waren es nur 6.874 – also nicht einmal halb so viele. Allerdings sieht hier die Kurve VOLLKOMMEN anders aus!
Zum ERSTEN MAL unter allen Altersgruppen ist hier ein Jahr aus der Pandemie das mit den meisten Todesfällen seit 2000. Im Jahr 2022 starben durchschnittlich – hochgerechnet auf 100.000 – 759 Menschen innerhalb einer Woche. Aber selbst hier stammt der Spitzenwert aller Wochen aus dem Jahr 2017, als während der damaligen Grippewelle (hochgerechnet) 1.380 Menschen in einer Woche verstarben pro 100.000.
Das waren damals absolut gesehen 196 Todesfälle in einer Woche – das entsprach mehr als 1,38% aller Menschen dieser Altersgruppe in einer Woche! Die 209 Todesfälle in der KW 50 des Jahres 2020 hingegen entsprachen „nur“ 1,2% aller Menschen dieser Altersgruppe.
Aller drei Pandemiejahre liegen über dem Zehn- und dem 20-Jahres-Schnitt. Letzterer ist nur in dieser Altersgruppe niedriger als der der letztenzehn Jahre.
Was ist bei den Männern anders? Nun, das Jahr 2021 war fast genauso schlimm wie das Jahr 2020! Und im Gegensatz zur Gesamtkurve dieser Altersgruppe gab es hier sogar im Herbst 2001 eine Woche mit mehr Todesfällen als während der Pandemiezeit.
Bei den Frauen war das Jahr 2020 ziemlich genau im Schnitt. 2020 und vor allem 2022 liegen jedoch klar darüber. Und die Grippewelle Anfang 2017 war wohl besonders bei den Frauen dieser Altersgruppe besonders schlimm.
FAZIT
FRAGE 1: Von ALLEN 20 verschiedenen 5-Jahres-Altersgruppen und auch von den geschlechtsspezifischen Altergruppen (das sind dann 40) gab es wie viele, in denen der allerhöchste Wert in Sachen Sterblichkeit pro 100.000 Menschen während der Pandemie erreicht wurde?
Wenn wir diese Frage auf die durchschnittliche Wochensterblichkeit beziehen (also den Schnitt aller Wochen des Jahres), dann waren es nur die Menschen ab 95 Jahren. In allen anderen Altersgruppen gab es übers gesamte Jahr gesehen immer andere Jahre mit mehr Todesfällen pro 100.000 Menschen.
Wenn wir die Einzelwochen anschauen, gibt es KEINE EINZIGE ALTERSGRUPPE, in der ein einziger Wert während der Pandemie den höchsten aller Wochen seit dem Jahr 2000 darstellt.
FRAGE 2: Wie kann es dann sein, dass insgesamt das Jahr 2022 das mit den meisten Todesfällen war?
Nun, die Summe macht’s aus. Wenn in vielen Altersgruppen die Werte eher hoch sind, auch wenn sie nicht die höchsten sind, dann reicht das alles zusammen doch aus, um insgesamt den höchsten Wert zu generieren. In anderen Jahren, in denen die eine oder andere Altersgruppe höher lag, waren wahrscheinlich die entscheidenen Altersgruppen, nämlich die, in denen viele Menschen sterben, nicht so stark beteiligt wie in den letzten drei Jahren.
FRAGE 3: Und welche Altergruppen hatten 2022 besonderen Anteil an den hohen Zahlen?
Das waren mehrere: Einerseits die allerältesten unter unseren MitbürgerInnen – dort starben gerechnet auf 100.000 Menschen so viele wie nie zuvor. Weiters gab es auch bei den Gruppen, in denen in absoluten Zahlen die meisten Todesfälle passieren, viele Todesfälle. Das sind die Altersgruppen von 80 bis 89 Jahren.
Und außerdem gab es auch bei den jüngeren Altersgruppen auffallend hohe Zahlen. So starben etwa relativ viele junge Frauen zwischen 20 und 30 Jahren, oder auch Männer von 25 bis 30 bzw. 35 bis 40 Jahren.
Leider gab es auch bei den Kindern, hier vor allem den Mädchen zwischen 5 und 14 Jahren, relativ gesehen viele Todesfälle.