Vorbemerkung
In einem Artikel, der vorgestern (6. Juli) unter anderem online beim Kurier, der APA, „vienna.at“, in der Krone, der Kleinen Zeitung, auf heute.at, auf oe24.at, msn.com und auch beim Standard zu lesen war, ging es darum, dass diesen Sommer ein „Ferieneffekt“ auftreten würde und werde bei Corona. Überall wird dabei das „Prognosekonsortium“ erwähnt. Sinngemäß geht es darum, dass sich das Kontakt- und Testverhalten seit Beginn der Schulferien im Osten geändert habe, zu sehen sei.
Unter anderem gibt es folgendes zu lesen:
Insbesondere in der Altersgruppe der Fünf- bis 14-Jährigen und speziell in den Bundesländern Wien und Niederösterreich wurde in den vergangenen Tagen die deutlichste Abflachung der Infektionskurven beobachtet, berichteten die Forscher in ihrer wöchentlichen Prognose im Auftrag des Gesundheitsministeriums.
Wer mich kennt, weiß, was ich mache: Ich schaue mir das selbst an. Die Daten dazu habe ich ja zum Glück bereits. Es sind die tagesaktuellen Datend er AGES – die Datenquellen sind wie immer bei den Grafiken angegeben!
Die 5-14 Jährigen
Ohne jetzt auf die Frage einzugehen, warum dieser Effekt nur bei den 5-14-Jährigen zu beobachten sein soll, und etwa nicht bei den 15-24-Jährigen: Schauen wir uns einmal die vorhandenen Daten an:
Wir erkennen auf einen Blick: Da ist etwas Seltsames passiert! Wien hat quasi eine Art „Hut“ bei der Kurve. Wer schon lange bei mir mitliest, weiß, dass er so etwas schon einmal gesehen hat. In Vorarlberg gab es einmal eine „Nachmeldung“ von Fällen. Diese führte dazu, dass die Inzidenz genau eine Woche höher war als sie es hätte sein sollen. Und tatsächlich – auch der Wiener „Hut“ dauert genau eine Woche. Danach fallen solche Meldungen nämlich erst wieder aus der Berechnung der Inzidenzzahlen heraus (Inzidenz = positive Tests pro 100.000 EW und 7 Tagen!).
Aber Moment – im Text im Kurier (und sicher sonst auch) ist doch auch von NÖ und vor allem auch von den Ferien die Rede. Ich habe daher die drei Bundesländer, die bereits eine Woche Ferien haben, durch gestrichelte Linien gekennzeichnet. Der „Effekt“ in NÖ ist – sagen wir einmal so: überschaubar. Und im Burgenland gibt es ebenfalls einen Abwärtstrend, en hat das Prognosekonsortium wohl übersehen? Genauso haben die Damen und Herren desselben nicht erwähnt, dass in Wien als einzigem Bundesland auch NACH dem offiziellen Ende der Zwangstestungen an den Schulen Anfang Juni weiter mittels PCR getestet wurde – wenn wir den Zahlen des BM für Gesundheit Glauben schenken können. Und dass an vielen Schulen fleißig weiter – natürlich nicht mehr mit „zwang, sondern nur noch mit „wir tun’s trotzdem“ auch mit Antigentests weiter getestet wurde. Von letzteren wissen wir vom letzten Jahr aus Vorarlberg, dass über ein halbes Schuljahr fast 50% der positiven falsch positiv waren, aber auch das ist eine andere Geschichte…
Die Gesamtinzidenzen
Schauen wir uns die – auf Basis der täglichen Altersgruppen-Angaben der AGES errechnten – Inzidenzen aller Bundesländer einmal an. Hier sind also ALLE Altersgruppen zu einer Zahl zusammengefasst. Wo ist nun der „Ferieneffekt“?
Offensichtlich gab es in Kärnten bereits einen Ferieneffekt ohne Ferien, denn dort ist die Gesamtinzidenz – wie auch in der Steiermark – bereits diese Woche gegen Ende erkennbar gesunken. Auch in OÖ und NÖ war zuletzt ein Absinken zu erkennen und sonst stagnieren die Zahlen eher – außer in Vorarlberg, dem Burgenland und vor allem in Salzburg, wo der Anstieg schon verdächtig der linken „Huthälfte“ Wiens gleicht von letzter Woche. Ob es auch Nachmeldungen sind, wird sich in 7 Tagen zeigen… 😉
Wien alleine
Zuletzt schauen wir auf die Altersgruppen aus Wien. Es soll sich ja vor allem um die 5-14-Jährigen handeln, oder?
Da sieht das ganze doch seltsam aus, vor allem auch, weil ich die Geschlechter auch noch getrennt dargestellt habe (gestrichelte Linien sind die weiblichen Altersgruppen). Den besonderen Anstieg von Sonntag auf Montag gab es nämlich NICHT NUR bei den 5-14-Jährigen (hier ausnahmsweise schwarz dargestellt). Er ist nämlich bei so gut wie ALLEN Altersgruppen zu sehen. Eine Ausnahme bilden die Frauen ab 85 Jahren und auch alle anderen Menschen ab 65 sind nicht SOO stark betroffen von der plötzlichen Erhöhung der Inzidenz letzte Woche.
Genauso wenig zeigt sich bei diesen Altersgruppen aber auch das Absinken GENAU 7 TAGE DANACH – das ist sonst ÜBERALL erkennbar.
Die neuen Positiven pro Tag
Auch diese Grafik zeigt uns, wo das „Problem“ her kommt:
Wäre es wirklich ein Anstieg bzw. ein Abfallen der Zahlen als „Ferien-Effekt“ allgemein gewesen, dann müsste die gestrichelte rote Linie aus Wien immer deutlich über den anderen liegen und dann unter den anderen. Sie sticht allerdings vor allem am 27. Juni heraus. Das tut sonst nur die Linie aus dem Burgenland… natürlich sind die Daten pro 100.000 EW gerechnet, um die Bundesländer vergleichen zu können!
Der Anstieg in Salzburg heute fällt darum nicht so auf, weil Salzburg in den anderen Kurven „versteckt“ ist…
Wenn wir ihn alleine anschauen, sehen wir, dass da – neben dem „traditionellen“ Anstieg am Mo und Di plötzlich ein unerwarteter Anstieg der Zahlen am Freitag da ist, wo diese sonst abfallen. Und nachdem die Veränderungd er Inzidenz eigentlich immer nur ein „wie ist der Unterschied zu heute vor 7 Tagen“ ist, fällt das durchaus ins Gewicht!
FAZIT
Nach der „Sommerwelle“ ist es nun also der „Ferien-Effekt“ der von sich reden macht. Wer hier genauer hinsieht, erkennt sofort: Es handelt sich um Nachmeldungen im großen Stil in Wien. Dort gab es EINEN EINZIGEN TAG, Montag, den 27. Juni, an dem die Zahl der „Fälle“ doppelt so hoch war wie die Höchstwerte aller anderen Bundesländern jemals in den letzten 20 Tagen.
Dass so eine „Nachmeldung“ oder auch Sammlung von Positiven an einem Tag zu einer Verzerrung der Inzidenz führt, wissen alle, die sich damit auskennen, wie so eine Inzidenz berechnet wird. Und dass es dann genau 7 Tage danach zu einem ebenso schnellen Absinken der Kurve führt, auch.
Was ich immer noch nicht verstehen kann: Wo sind die Journalisten und Journalistinnen, die sich inzwischen so stark mit der Materie auseinander gesetzt haben, dass sie das auch verstehen und nicht mehr mittels „kopieren und einfügen“ einfach das schreiben und sagen, was ihnen vorgesetzt wird?
Ach ja: Letztes Jahr waren noch die Ferien, die Öffnung der Nachtgastro und das Fallen der Abstandsregeln „Schuld“ am ANSTIEG der Kurven zu Ferienbeginn…