Das Wetter am Land und am Berg…

Nachdem gestern einige Reaktionen zum Posting über die Temperaturen und dem Niederschlag kamen, haben mich einige der Fragen beschäftigt und ich habe – dank der bereits erstellten Analysetools war es weniger Aufwand – noch einige andere Stationen herausgesucht. DAS Kriterium dafür war: Entweder eine ganz andere „Ecke“ in Österreich oder – bei drei von vier Fällen: KEINE Stadtgebiete! Die Ergebnisse sind wieder sehr interessant, finde ich:

Lienz

Beginnen wir mit der einzigen „Stadt“ unter den heutigen Mess-Stations-Orten: Die Metropole Osttirols ist zwar eine Stadt, allerdings eine kleine mit weniger als 12.000 Einwohnern. Außerdem liegt sie als einzige der Messstationen südlich des Alpenhauptkamms.

Die Daten starten Ende des 18. Jahrhunderts – und da kommt gleich die erste Überraschung: In Lienz ist das zweitwärmste Einzeljahr der Aufzeichnungen nämlich das Jahr 1900! Es war nur um 0,2 Grad kühler als 2022, als es im Schnitt 14,9 Grad hatte.

Auch das kälteste Jahr war ein anderes als bei den Städten gestern: 1918 hatte es im Jahresschnitt nur 9,7 Grad – das sind in Lienz eineinhalb Grad weniger als 1940 – das in Wien, Salzburg und Feldkirch das kälteste Jahr war. Der 20-Jahres-Durchschnitt vor dem ersten Weltkrieg lag bei 11,1 Grad. Nach dem zweiten Weltkrieg war es etwa 1,3 Grad wärmer, dann wurde es bis 1987 im Schnitt um ein halbes Grad kälter. Danach stieg auch in Lienz das Mittel um die bereits vom gestrigen Post bekannten 2 Grad bis zum Jahr 2022.

Die Abweichung vom 20-Jahres-Mittel war nie größer als 1943 (+1,6 Grad) bzw. 1956 (-1,4 Grad). In den letzten 40 Jahren war es 15 Mal kälter und 25 Mal wärmer als im Schnitt der letzten 20 Jahre. Das ist deutlich weniger auffällig als im Norden der Alpen.

Erste Messdaten zum Niederschlag gibt es schon von 1880 bis 1890. Das trockenste Jahr mit Aufzeichnungen in Lienz war mit 597 Litern pro Quadratmeter 1932, das nasseste mit 1.353 war 1979. Das heißt erstens, dass es in Lienz deutlich stärkere Schwankungen gibt als im Norden und zweitens liegen die Werte zwar unter denen von Feldkirch und Salzburg, aber weit höher als die aus Wien.

Dass die Unterschiede zwischen den Jahren größer sind, sehen wir auch, wenn wir die Abweichungen vom 20-Jahres-Schnitt anschauen: 400 Liter mehr sind schon fast so viel, wie in sehr trockenen Jahren in Wien insgesamt Niederschlag fällt! Ein Trend zur Trockenheit ist in Osttirol NICHT erkennbar.

Hier noch ein Temperaturvergleich zum Zehnjahresschnitt: Seit 1993 ist der Schnitt um 2,4 Grad gestiegen – im Vergleich zu 1952 um 1,5 Grad.

Auch beim Niederschlag zeigt sich kein Trend zur Trockenheit, wenn wir den Zehnjahresschnitt als Vergleich bemühen. Im Gegenteil: 1989 war es deutlich trockener als jetzt!

Rauris

Auf der anderen Seite des Sonnblicks von Lienz aus gesehen liegt die etwa 3.000 Eiwohner zählende Gemeinde Rauris im Bundesland Salzburg.

Hier sind die Daten vor der Jahrhundertwende etwas kontinuierlicher, daher sehr wir hier die interessanten Schwankungen zwischen den Jahren. Das allerkälteste aufgezeichnete Jahr in Rauris war 1879 mit 8,5 Grad im Mittel. Danach wurde es rasch wärmer – der 20-Jahres-Schnitt lag 1899 bei 10,4 Grad. Nach dem zweiten Weltkrieg lag er bei etwa 10,8 Grad. sank dann bis 1981 auf 10,1 Grad ab. Dann folgt wieder das schon bekannte „plus 2 Grad“ bis heute. Das wärmste Jahr in Rauris war 2018 mit 13,1 Grad im Mittel. Vor 1994 gab es nur zwei Jahre, in denen der Jahresschnitt über 12 Grad lag, danach gab es elf!

Zweimal war es im Jahresmittel um 1,6 Grad kälter als es dem 20-Jahres-Schnitt entsprechen würde: 1940 und 1962. Dafür war es 1959 um 1,7 Grad wärmer. In den letzten 40 Jahren war es 12 Mal kälter als im Schnitt und 28 Mal wärmer.

Wassermangel im Sinne von weniger Jahresniederschlag? Fehlanzeige in Rauris! Der 20-Jahres-Schnitt war zwar 1997 mit 1.112 Liter im Jahr knapp höher als 2022, liegt aber heute deutlich höher als im 18. Jahrhundert und auch über dem von 1949. Das trockenste Jahr war 1879 mit 695,6 Litern pro Quadratmeter, der Unterschied zum nassesten Jahr 1966 ist weit geringer als in Lienz südlich des Alpenhauptkamms.

Die Abweichung vom 20-Jahres-Schnitt seit 1949 war nie größer als 322 Liter (1954) nach oben und 289 Liter nach unten (1971).

Der 10-Jahres-Schnitt lag 1987 2,2 Grad tiefer als heute. 1971 und 1896 lag er mit 10 Grad am niedrigsten.

Auch der Zehnjahresschnitt zeigt keinen Unterschied, was den Niederschlag betrifft, im Gegenteil: Es gab nie mehr Liter pro Quadratmeter als in den zehn Jahren vor 2022!

Langen am Arlberg

Nur knapp 700 Einwohner leben in Langen am Arlberg, das noch einmal etwa 200 Meter höher liegt als Rauris und etwa 500 m höher als Lienz.

Langen am Arlberg hat Wetterdaten seit 1896 – die wenigen Monate, in denen hier Daten fehlten, habe ich durch Durchschnittswerte der 5 Jahre davor gefüllt, was die Kurve deutlich ansehlicher macht. Im Jahr 1915 gibt es zum ersten Mal einen Durchschnittswert über 20 Jahre: 7,7 Grad waren es damals. Dieser Wert stieg bis 1949 auf 9,9 Grad – das sind mehr als 2 Grad in 30 Jahren! Dann sanken sie wieder auf 8 Grad im Jahr 1985 und derzeit liegt der Schnitt bei 9,5 Grad. In Langen war es also kurz nach dem zweiten Weltkrieg WÄRMER als heute! Das kälteste Jahr war 1956 mit 6,3 Grad, das wärmste 2022 mit 11 Grad.

Verglichen mit dem 20-Jahres-Schnitt war die Abweichung nach oben im Jahr 1927 (+2,2 Grad) am höchsten, 1954 war das Jahresmittel um 2,2 Grad zu niedrig. 14 Mal war es in den letzten 40 Jahren kälter als im Schnitt, 26 Mal wärmer.

Mit 2.521 Litern pro Quadratmeter lag der höchste Wert in Langen WEIT höher als alle bisherigen Werte, die ich heute und gestern dokumentiert habe. Der Wert von 1944 ist aber nur einer von 33 aus den letzten 126 Jahren, der über 2.000 Millimeter (entspricht Litern pro Quadratmeter) liegt.

Und mit 1.059 fielen beim niedrigste Wert im Jahr 1971 zwar weit weniger als halb so viele Liter vom Himmel, trotzdem ist dieser Wert immer noch höher als der Höchstwert von Wien (988) seit 1874!

Im Vergleich zum Mittel fällt allerdings auf, dass die Werte seit langem rückläufig sind in Langen. Seit 2001 gab es kein Jahr mehr mit mehr als 2.000 Litern pro Quadratmeter. Stark abgenommen im Vergleich zum Schnitt haben die Werte vor allem in den Siebzigerjahren.

Ein Blick auf den 10-Jahres-Schnitt der Temperaturen zeigt, dass es von 1944 bis 1954 fast gleich warm war wie heute. Seit 1987 haben die Temperaturen um 1,8 Grad zugenommen, sie liegen aber erst seit kurzem höher als in der Nachkriegszeit.

Das 10-Jahres-Mittel der Niederschlagssummen zeigt, dass es nach dem Krieg auch am feuchtesten war, damals lag sogar der Schnitt über 2.100 Litern! Wir sehen jedoch auch, dass es Ende der Siebzigerjahre deutlich weniger Niederschlag gab als heute.

Sonnblick

Die vielleicht besonderste Wetterstation Österreichs steht seit 1886 in mehr als 3.100 Metern Seehöhe zwischen Rauris und Lienz auf dem Sonnblick. Das besondere an dieser Station ist auh, dass sie im Gegensatz zu allen anderen Stationen DURCHGEHEND Daten geliefert hat seither!

Das erste Jahr, für das es vollständige Daten gibt, war nach 1909 (-6,9 Grad) auch gleich das zweitkälteste der Messgeschichte auf diesem Berg: 1887 hatte es im Jahresmittel nur -6,8 Grad! Nur elf Jahre später war es im Jahresmittel um mehr als zwei Grad wärmer. Der erste Wert für den 20-Jahres-Schnitt stammt von 1907 – damals lag dieser bei -5,6 Grad. Heute liegt der Schnitt bei -3,4 Grad, also mehr als zwei Grad höher. Interessant ist, dass der Schnitt hier im Gegensatz zu den anderen Stationen wenig Schwankungen aufweist und kontinuierlich steigt seit 1907.Nur von etwa 1965 bis 1985 war der Anstieg deutlich geringer.

Das wärmste Jahr dort oben seit Beginn der Messungen war 2020, als es nur mehr -2,5 Grad im Jahresmittel waren. Seltsam ist das Jahr 1920, das ein absoluter Ausreißer aus dem Trend ist. Damals sollen es „nur“ -3,7 Grad gewesen sein im Jahresschnitt.

Wir sehen diese Erwärmung auch gut, wenn wie die Jahre mit dem 20-Jahres-Schnitt vergleichen: Es gibt deutlich mehr Jahre die über dem Mittel lagen. 1920 sticht mit 1,8 Grad zu warm hervor und 1956 mit 1,4 Grad mehr Kälte (zu der Zeit war es auch in Langen sehr kalt!).

Wie sieht es beim Niederschlag im Hochgebirge aus?

Es ist gut zu erkennen: Vom Messbeginn weg bis kurz nach dem zweiten Weltkrieg verringerten sich die Mengen, danach stiegen sie wieder an. Das nasseste Jahr war 2000 mit 2.260 Litern (einiges weniger als in Langen), das trockenste mit 772 das Jahr 1942 – das ist fast nur ein Drittel der Menge von 2000 oder auch 1895! Und nie lag der 20-Jahres-Schnitt höher als zuletzt, auch wenn auch hier 2022 eher ein trockenes Jahr war.

Wenn wir die Jahreswerte mit dem 20-Jahres-Durchschnitt vergleichen, dann sehen wir, dass die Jahre vor 1950 fast alle UNTER dem Schnitt der 20 Jahre davor lagen. Von 1951 bis 1981 gab es nur drei Jahre, die unter dem Schnitt waren. Nach einer Phase mit Rückgang bis 1994 folgte wieder eine Zunahme. Erst in den letzten Jahren wechseln die über- und unterdurchschnittlichen Jahre sich schneller ab.

Hier noch die Zehn-Jahres-Mittel:

Bei den Temperaturen geht es mit Ausnahme der Zeit von 1906 bis 1916 und 1954 bis 1971 durchgehend aufwärts.

Und beim Niederschlag liegen wir derzeit fast doppelt so hoch wie 1950 und in etwa gleichauf mit 1982 und 1900.

FAZIT

Bis auf Langen am Arlberg wird es überall deutlich wärmer in Österreich. Die Regel zeigt, dass es ungefähr zwei Grad mehr sind als vor etwa 30 bis 40 Jahren. Allerdings gab es solche Entwicklungen nach oben auch schon früher, selten jedoch so lange anhaltend. Ob und wie lange diese Phase noch andauern wird, werden wir sehen…

Beim Niederschlag gibt es weder im Westen, noch im Süden oder auf den Bergen einen Trend zu „weniger“. Was es allerdings so gut wie überall gibt, sind zwei eher bzw. sehr trockene Jahre zuletzt. Warten wir ab, was 2023 und 2024 uns hier bieten werden!

Fakt dürfte sein, dass Gebiete wie Vorarlberg, Salzburg aber auch Osttirol mit generell mehr Niederschlag im Jahr hier weniger anfällig sind für Trockenheit als Gegenden rund um Wien, wo es grundsätzlich nur 30% bis 60% des Niederschlags der anderen Mess-Stationen gibt, die ich mir bisher angesehen habe.