Ich habe mir diese Woche wieder einmal die neuesten Daten in Sachen Sterblichkeiten und Altersgruppen der Statistik Austria heruntergeladen. Daraus erstelle ich immer den Vergleich der Sterbezahlen 2022 mit dem 10-Jahres-Schnitt.
Heute wollte ich einmal wissen, wie es denn aussieht, wenn ich den 10-Jahres-Schnitt auf die Zeit VOR DER PANDEMIE verlege.
Ich habe also nicht nur 2022 mit den Jahren 2012 bis 2021 verglichen, sondern auch mit 2010 bis 2019. Damit habe ich alle Jahre ausgeschlossen mit Todesfällen an oder mit Covid, Maßnahmen wie Lockdowns, Maskenpflicht, Schulschließungen oder auch alle Impfungen gegen Covid.
Da ich die Daten für beide 10-Jahresgruppen habe, zeige ich euch hier den Vergleich – ihr werdet staunen!
Das Ganze ist wie immer pro 100.000 Menschen der jweiligen Altersgruppe berechnet – dadurch können einerseits die Altersgruppen untereinander verglichen werden und andererseits werden auch die Verschiebungen, die sich durch geburtenstarke Jahrgänge ergeben, mit berücksichtigt.
Da es keinen Sinn macht, all die einzelnen 5-Jahresgruppen darzustellen, habe ich jeweils 25-Jahres-Gruppen genommen – also alle Menschen von 0-24 Jahren, alle von 25-49 Jahren, die von 50-74 jahren und alle ab 75 Jahren.
Menschen unter 50 Jahren
Zuerst die Grafik mit dem Vergleich zu den 10 Jahren vor 2022 – also mit den ersten beiden Pandemiejahren in den Durchschnittswerten:
Diese Grafik zeigt die Übersterblichkeit kumulativ, also nicht die Wochenwerte einzeln, sondern in Summe ab Woche 1. Das heißt in dem Fall, dass es im Vergleich zum Zeitraum 2012 bis 2021 bei den Männern unter 25 eine durchgehende Untersterblichkeit gab seit der KW 13 bis zur KW 43.
Um das einordnen zu können, gibt es das Ganze hier noch mit Prozentwerten:
Da es am Anfang durch geringe Zahlen sehr schnell zu einem hohen Prozentwert kommen kann, ist für uns eher der Zeitraum ab Februar/März interessant: Derzeit (die Daten reichen bis KW 43, das ist Ende Oktober) haben wir bei den männlichen Todesfällen unter 25 ein Minus von etwa 13% und nur bei den Männern von 25-49 Jahren ein Plus von 0,5%.
Jetzt wechseln wir den Vergleichszeitraum auf die Zeit VOR der Pandemie, also die Jahre 2010 bis 2019. Es sind wieder 10 Jahre, anstatt 2020 und 2021 sind nun jedoch 2010 und 2011 dabei. Das sollte doch bei den Menschen unter 50 nicht viel Unterschied ausmachen, oder? Denn es gab ja kaum C19-Todesfälle unter 50 Jahren…
Überraschung: Es macht einen SEHR GROSSEN Unterschied! Jetzt sind nur mehr die männlichen Todesfälle unter 25 Jahren im „Minus“, weisen also eine Untersterblichkeit auf.
In Prozent ausgedrückt heißt das, dass es bei den Männern unter 25 nicht mehr ganz 8% weniger Todesfälle gab als im Schnitt, alle anderen liegen über der „Null-Linie“ – am stärksten ist die Übersterblichkeit bei den Frauen unter 25 und den Männern von 25-49 Jahren mit jeweils etwa 7,5% mehr Todesfällen als aufgrund des 10-Jahres-Schnitts zu erwarten.
Menschen von 50 bis 74 Jahren
Hier sehen wir die Kurve zu den Männern und Frauen im Alter von 50 bis 74 Jahren im Vergleich zu den letzten 10 Jahren (incl. 2020 und 2021):
Es ist eindeutig – es gibt eine Untersterblichkeit bei beiden Geschlechtern.
In Prozent beträgt diese allerdings nur zwischen 1,25% (♂) und 2,95% (♀) in KW 43. Während sie bei den Männern schon seit etwa März dort lag, war sie bei den Frauen im März fast bei -8% und ist seither gestiegen.
Was passiert nun, wenn wir die beiden Pandemiejahre außen vor lassen?
Bei den absoluten Zahlen sehen wir sofort: wir haben seit Beginn des Jahres durchgehend eine Übersterblichkeit, die ziemlich gleichmäßig zunimmt übers Jahr. Bei den Männern gibt es am Schluss (diese Daten sind allerdings noch unsicher und werden oft noch korrigiert in den nächsten Wochen) einen deutlicheren Anstieg, bei den Frauen ein leichtes Nachlassen des Anstiegs.
In Prozent gesehen haben wir derzeit bei den Männern fast 10% Todesfälle mehr als im Schnitt 2010 bis 2019, bei den Frauen sind es derzeit knapp unter 8% mehr. Auch hier sehen wir wieder, dass dieser Wert bei den Männern seit März in etwa gleich hoch über dem Schnitt bleibt, bei den Frauen war er im März noch bei „nur“ 3%. Würde der Prozentwert sinken, weist das auf Wochen mit einer Untersterblichkeit hin, steigt er stark an, sind das Wochen mit einer Übersterblichkeit, die über dem Schnitt bis zur jeweiligen Woche liegt.
Die Menschen ab 75 Jahren
Der Großteil aller Todesfälle in Österreich passiert bei Menschen ab 75 Jahren. Und eines ist sicher: In dieser Altergruppe sterben ALLE irgendwann – nur ganz wenige Menschen erreichen in Österreich ein Alter von mehr als 100 Jahren – laut Statistik Austria waren es zu Beginn des Jahres 2022 genau 62 Personen in GANZ ÖSTERREICH! Diese werden nicht extra geführt, sondern hier mitgezählt.
Auch hier wieder zuerst der Vergleich mit dem Zeitraum 2012-2021. Demnach gab es bis etwa KW 12 eine Untersterblichkeit bei den Menschen ab 75. Seither haben wir hier eine Übersterblichkeit. Bei den Männern sogar mehr als 3.000 pro Todesfälle mehr als im Schnitt der 10 Jahre vor 2022.
Was heißt das in Prozent?
Fast genau 5% Todesfälle mehr als im Schnitt der zehn Jahre vor 2022 gab es bisher in dieser Altersgruppe. Wieder ist dieser Wert bei den Männern seit März in etwa gleich hoch geblieben, bei den Frauen kontinuierlich gestiegen.
Und wenn wir die Pandemiejahre 2020 und 2021 nicht mit berücksichtigen?
Dann gab es seit Jahresbeginn steigende Übersterblichkeiten im Land. Zuletzt waren es bei den Männern etwa 16.000 (!) Todesfälle mehr pro 100.000 Menschen in dieser Altersgruppe als im Schnitt der Jahre 2010 bis 2019.
In Prozent ausgedrückt beträgt der Unterschied zum Zehnjahresschnitt dann bei den Männern mehr als 22% seit März 2022 und bei den Frauen derzeit 19% – seit KW 14 liegt dieser Wert über +15%!
FAZIT
Es ist sehr entscheidend, womit eine Sterblichkeit verglichen wird. Wenn ich jetzt zB nur einen 5-Jahres-Schnitt der letzten 5 Jahre nehmen würde, wäre der Effekt wohl sehr gering, weil dann die beiden Jahre 2020 und 2021 schon 40% der Zahlen ausmachen.
Wenn ich jedoch einen Zehnjahresschnitt zum Vergleich heranziehe, sieht das schon anders aus. Vor allem dann, wenn ich die Jahre 2020 mit all ihren Wellen, Maßnahmen etc. nicht für den Schnitt mit einbeziehe.
Dann haben wir in Österreich nämlich außer bei den Männern unter 25 Jahren ÜBERALL eine Übersterblichkeit. Und außer bei den Frauen im Alter von 25-49 Jahren beträgt sie sogar in allen 25-Jahres-Altersgruppen mindestens 7%! Und das in einem Jahr, in dem wir bisher verglichen mit 2020 (ab 12. März) 17% weniger C19-Todesfälle hatten und verglichen mit 2021 (vom 1. Jänner weg) um ganze 70% weniger!
Woran das liegt? Kann ich nicht sagen – ob das überhaupt jemand kann, bezweifle ich. Dafür bräuchte es sehr viele Daten und Menschen mit Fachkenntnissen, die diese auswerten. Wieder werden die „Lager“, die sich im Laufe der Pandemie gebildet haben, ganz unterschiedlicher Meinung sein – bei den einen ist es die Dunkelziffer an unentdeckten C19-Todesfällen, bei den anderen die Folgen der Impfung. Und während die einen behaupten, dass es ohne die Impfung noch viele tausende Todesfälle mehr gewesen wären, sagen die anderen das Gegenteil und machen eher die Maßnahmen und deren Folgen für alles verantwortlich.
Licht ins Dunkel werden auch die Todesursachenstatistiken der Statistik Austria nicht bringen – denn erstens erscheinen diese erst im kommenden Sommer und zweitens gibt es dort keine Zeitverläufe in den öffentlichen Daten, schon gar nicht bei den Altersgruppen. Und da in Österreich auch nicht nach vollkommen Ungeimpften, Teilgeimpften, Vollständig Geimpften je nach Impfdosis unterschieden wird, werden wir wohl nicht erfahren, wie viele Todesfälle dadurch verhindert oder verursacht wurden. Fakt ist nur: Wir haben 2022 viele Todesfälle mehr, als es nach dem 10-Jahres-Schnitt zu erwarten gewesen wäre.
Denn Fakt ist auch: Es gab bis zur KW 43 im Jahr 2022 in Österreich 74.053 Todesfälle. Das sind nur 5.000 weniger, als es im 10-Jahres-Schnitt vor der Pandemie im GANZEN Jahr waren und etwa 8.000 weniger als in den letzten zehn Jahren im Schnitt.
Normalerweise sterben in den letzten 9 Wochen des Jahres zwischen 12.500 (2010-2019) und 15.000 (2012-2021) Menschen. In den letzten beiden Jahren waren es sogar mehr als 22.400 (2020) bzw. 18.200 (2021).
Leider weiß ich aus einer anderen Dokumentation der Statsistik Austria bereits, dass es alleine in den Kalenderwochen 44 und 45 wieder mehr als 3.400 Todesfälle gab in Österreich – bis Mitte November gab es demnach schon ca. 77.500 Todesfälle. Wir liegen damit nur mehr 500 Todesfälle unter dem Schnitt von 2010 bis 2019. Wir werden also auch 2022 eine deutliche Übersterblichkeit haben.
Ich wünsche uns allen einen „milden Winter“, was die Todesfälle betrifft und viele kluge Köpfe, die der Wahrheit hinter diesen Daten auf den Grund gehen können und dürfen!