Vorarlberg wächst – das war zuletzt zu lesen. Dabei geht es jedoch nicht, wie wir glauben könnten, um territoriale Erweiterungen, sondern um die Bevölkerung.
Ich habe mir das einmal angeschaut, vor allem auch, weil ich wissen wollte, wie sich die Bevölkerung denn aufgliedert im Ländle: In welcher Region gibt es wie viele Menschen aus welchen Staaten. Dazu gibt es Daten vom Land. Ich habe die Variante Österreich, EU 27 und andere gewählt.
Zuerst sehen wir immer eine Grafik mit den absoluten Zahlen, danach eine mit den Prozentanteilen der Menschen aus der EU und denen aus „anderen Ländern“. Alle Daten umfassen die Menschen, die per Hauptwohnsitz bei uns gemeldet sind – die Daten gibt es ab dem ersten Quartal 2006 – also seit fast 17 Jahren.
Arlberg & Klostertal
In der Region mit Lech und dem Klostertal leben heute etwas weniger Menschen als vor 17 Jahren. Bei den österreichischen Staatsbürgern hat die Zahl um etwa 450 abgenommen – das sind etwa 10% weniger als im Jänner 2006.
Was die „Nicht-ÖsterreicherInnen“ betrifft, so sehen wir sofort, warum die Gesamtzahl trotz einer Abnahme bei den ÖsterreicherInnen nicht gesunken ist: Waren es 2006 noch je nach „Saison“ zwischen 5% und 8% an EU-BürgerInnen, so ist dieser Anteil fast auf das Doppelte gestiegen.
Interessant ist auch, dass es ab dem 3. Quartal 2010 diese Schwankungen nicht mehr gibt, die auch die BürgerInnen aus anderen Staaten betrifft. Ich vermute, dass seit 2010 die SaisonarbeiterInnen nicht mehr mit Hauptwohnsitz gemeldet werden am Arlberg. Der Anteil an Menschen aus „anderen Staaten“ ist übrigens jetzt ungefähr gleich hoch wie in den „Sommerquartalen“ zwischen 2006 und 2010.
Brandnertal
Im Brandnertal gab es diese „Quartals-Schwankungen“ vom Arlberg nicht. Die Bevölkerung ist seit 2006 leicht gestiegen – die Zahl der österreichischen StaatsbürgerInnen fast gleich geblieben.
Wenn wir den Prozentanteil an EU-BürgerInnen und Menschen aus anderen Staaten anschauen, dann fällt vor allem das erste Quartal 2022 auf – damals waren offensichtlich viele Menschen aus „anderen Staaten“ (ich tippe auf die Ukraine) im Brandnertal untergebracht. Denn ohne diese Spitze ist deren Anteil gesunken. Ganz anders die EU-BürgerInnen – da hat sich der Anteil mehr als verdoppelt!
Bregenzerwald
Auch im Bregenzerwald ist die Bevölkerung gewachsen. Auch bei den österreichischen StaatsbürgerInnen – um etwa 500 Personen – das ist ein Plus von 1,85%.
Auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild bei den „Nicht-ÖsterreicherInnen“: Der Anteil der EU-27-StaatsbürgerInnen hat sich sogar deutlich mehr als verdoppelt, der aus anderen Staaten ist leicht gewachsen. Was hier zum ersten Mal erkennbar ist, ist die „Migrationsbewegung“ von 2015, welche zu einem Anstieg führte, der sich aber wieder retour entwickelt hat bis zum Jahr 2022. Danach kamen wieder Menschen aus nicht EU-Staaten – wie schon geschrieben tippe ich sehr auf ukrainische Flüchtlinge.
Großes Walsertal
Im Großwalsertal hat die Bevölkerung sich kaum verändert, was die Gesamtanzahl betrifft. Schon hier bei den absoluten Zahlen ist 2015 gut erkennbar, wo es zu einem Anstieg kam.
Hier ist diese Migrationsbewegung rund um 2015 besonders gut zu erkennen – und auch die Tatsache, dass davon kaum Menschen im Walsertal geblieben sind. Mehr als doppelt so viele als davor und danach waren es anteilsmäßig am Höhepunkt im 1. Quartal 2016. Im ersten Quartal 2020 sank der Anteil wieder unter 2%.
Bei den EU-27-BürgerInnen hingegen ist ein kontinuierlicher Anstieg zu erkennen, der im Summe schon mehr als das Doppelte ausmacht im Vergleich zu 2006.
Kleines Walsertal
Wir kommen zu der Vorarlberger Region, in der inzwischen der Anteil der österreichischen StaatsbürgerInnen nur mehr 50,9% beträgt. 2006 lag dieser noch bei über 60%. Im Kleinen Walsertal hat die Zahl der ÖsterreicherInnen um etwa 400 abgenommen, gleichzeitig ist der Anteil der Menschen aus den EU-Staaten um mehr als 600 gewachsen. Die Menschen aus anderen Staaten sind derzeit weniger, als es vor 17 Jahren der Fall war.
Das zeigt sich auch hier: Der Anteil der EU-BürgerInnen im Tal ist von 31,43% auf 42,49% gestiegen – der aus anderen Staaten von 8,38% auf 6,6% gesunken. Die Migrationsbewegung von 2015 ist hier in keiner Weise zu erkennen.
Das Leiblachtal
Im nördlichsten Gebiet Vorarlbergs hat die Zahl der EU Bürger ebenfalls stark zugenommen – auch die Menschen aus anderen Staaten sind deutlich mehr als 2006. Bei den österreichischen StaatsbürgerInnen sind die Zahlen leicht zurück gegangen.
In Prozent gesehen war es 2006 so, dass es etwa gleich viele Menschen aus den EU-Staaten gab wie es Staatsangehörige aus anderen Staaten waren. Heute sind fast DOPPELT so viele EU-BürgerInnen im Leiblachtal als es Menschen aus anderen Staaten sind. Der Anteil der EU-BürgerInnen an allen EW hat sich mehr als verdoppelt.
Montafon
Vom Norden geht es (wegen der Reihenfolge im Alphabet) ganz in den Süden. Im Montafon leben heute etwa 1.050 österreichische StaatsbürgerInnen weniger als noch 2006. Fast 900 EU-BürgerInnen sind es im gleichen Zeitraum mehr geworden, dazu kommen noch etwa 330 Menschen aus anderen Staaten – das macht zusammen dann ein leichtes Plus bei den Gesamtzahlen.
Interessanterweise sieht man bei den Prozentwerten im Montafon die Migrationsbewegung von 2015 viel deutlicher als im Norden des Landes. Der Anteil der EU-BürgerInnen hat sich mehr als verdoppelt und ganz extrem ins Auge sticht bei den Menschen aus anderen Staaten das zweite Quartal 2022 – demnach müssten im Montafon anteilsmäßig relativ viele UkrainerInnen leben.
Rheintal
Wir kommen jetzt zu den zwei bevölkerungsmäßig größten Regionen des Landes. Im Rheintal, wo mehr als 273.800 Menschen leben (also klar mehr als die Hälfte aller Menschen in Vorarlberg) sieht es so aus:
Wir sehen: Die Zahlen steigen dort beständig an – bei ALLEN drei Gruppen! So leben etwa 9.300 österreichische StaatebürgerInnen mehr im Rheintal als 2006, bei den EU-BürgerInnen sind es sogar über 16.800 mehr und bei den Menschen aus anderen Staaten etwas mehr als 7.650.
Trotz des starken Zuwachses bei den EU-BürgerInnen leben im Rheintal mehr Menschen aus anderen Staaten als EU-BürgerInnen. Allerdings hat sich der Anteil der letztgenannten um mehr als das Zweieinhalbfache erhöht seit 2006 (das entspricht einer Zunahme um 155%). Der bei den Menschen aus anderen Staaten hat sich nur um 1,6% erhöht – das ist ein relativer Anstieg von 17,3%.
Walgau
Etwa 13% aller VorarlbergerInnen wohnen im Walgau. Das ist Platz zwei unter den Regionen.
Auch hier haben sich die Zahlen erhöht bei allen drei Gruppen – bei den ÖsterreicherInnen um knapp über 1.000, bei den Eu-BürgerInnen um mehr als 2.800 und bei den Menschen aus anderen Staaten um etwas weniger als 1.200.
Das bedeutet, dass auch hier die Menschen aus anderen Staaten einen größeren Anteil stellen als die EU-BürgerInnen. Allerdings hat sich der Anteil der letzteren mehr als verdoppelt und ohne die starke Zunahme in den letzten beiden Quartalen wäre der Zuwachs bei den Menschen mit anderer Staatsangehörigkeit sehr gering ausgefallen.
Vorarlberg
Und wie sieht das Ganze für gesamte „Ländle“ aus?
Seit 2006 gibt es 7.852 österreichische StaatsbürgerInnen mehr in Vorarlberg – die Zahl der EU-BürgerInnen mit Hauptwohnsitz bei uns hat im gleichen Zeitraum um 24.605 zugenommen – das ist mehr als dreimal so viel an Zuwachs wie bei den ÖsterreicherInnen. Bei den Menschen aus anderen Staaten gibt es heute 9.661 mehr als 2006. Das ist nicht einmal halb so viel an Zuwachs wie bei den EU-BürgerInnen. Trotzdem stellen die Menschen aus anderen Staaten GANZ KNAPP mehr Menschen mit Hauptwohnsitz in Vorarlberg als die EU-BürgerInnen – laut den aktuellen Zahlen sind es gerade einmal 38. Das war alledings von 2020 bis zum zweiten Quartal 2022 NICHT so – erst durch den jüngsten Zuwachs haben die Menschen aus anderen Staaten bei uns wieder die Nase vorne.
Wenn wir es anteilsmäßig betrachten, sehen wir das noch besser: 2006 machten EU-BürgerInnen gerade einmal 4,27% der EW Vorarlbergs aus. Heute sind es 9,89% – mehr als doppelt so viele.
Bei den Menschen aus anderen Staaten nahm der Anteil von 2006 bis 2015 sogar ab, stieg dann stark an bis Ende 2016 um dann zu stagnieren. Erst im laufenden Jahr gab es wieder einen starken Anstieg. Und da wir wissen, dass derzeit etwas mehr als 2.000 ukrainische Flüchtlinge in Vorarlberg leben und die Zahl der Menschen aus anderen Staaten seit Jänner 2022 „nur“ um knapp 1.500 zugenommen hat, ist es klar, woher dieser Zuwachs stammt – außer die Menschen aus der Ukraine würden bei den hier gemeldeten Menschen nicht gezählt.
Die „AusländerInnen“
Der Großteil des Bevölkerungszuwachses in Vorarlberg ist der Zuwanderung zuzuschreiben – das stimmt so. Allerdings erfolgt diese Zuwanderung zum Großteil aus den 27 EU-Staaten – daran ändern auch Flüchtlingsbewegungen wie die letzte aus der Urkaine nichts. Die Zunahme der Zahlen bei Menschen aus anderen Staaten seit 2006 ist in etwa gleich groß wie die von Menschen mit österreichischer Staatsbürgerschaft.
Von den EU-BürgerInnen wiederum sind fast die Hälfte aus Deutschland:
Etwa 9% stammen aus Rumänien, 8% aus Kroatien und Ungarnm etwa 5% sind ItalienerInnen. Jeweils
mehr als 1.000 Menschen stammen aus Bulgarien, der Slowakei und Polen.
Neun Staaten gibt es außerhalb der EU, aus denen mehr als 1.000 Menschen in Vorarlberg leben:
Ein Drittel aller Menschen aus anderen Staaten (incl. der 647 staatenlosen oder mit unbekannter Staatsbürgerschaft) haben die türkische Staatsbürgerschaft. Weitere 9% stammen aus Syrien bzw. aus Bosnien Herzegowina. Aus Serbien sind 8% aller Menschen mit Hauptwohnsitz in Vorarlberg, die nicht ÖsterreicherInnen oder EU-BürgerInnen sind. Danach folgen derzeit 6% aus der Ukraine – das sind laut Zählung 2.233 – das würde bedeuten, dass 178 der im Land lebenden UkrainerInnen keinen Status als Flüchtlinge haben. Neben 2.014 AfghanInnen und 1.872 SchweizerInnen leben auch 1.795 Menschen aus der Russischen Föderation bei uns – fast so viele wie aus der Ukraine. Und mit 1.036 Menschen aus Somalia gibt es eben neun Länder mit mehr als 1.000 Menschen, die ihren Hauptwohnsitz bei uns haben und nicht aus der EU stammen.
Von den etwa 80.000 Menschen, die ihren Hauptwohnsitz in Vorarlberg haben, sind knapp über 40% entweder deutsche oder türkische StaatsbürgerInnen. Etwa 10,6% stammen aus Asien, 2,31% stammen aus Afrika und 1,55% aus Amerika. Die Zahl der Menschen aus Australien und Ozeanien beträgt gerade einmal 53 (Stichtag 30. September 2022) – das sind 0,066% aller „AusländerInnen“.
Die Altersverteilung
Interessant ist auch noch die Alterstruktur verschiedener Staatsbürgerschaften im Land:
Insgesamt sind etwa 25% aller VorarlbergerInnen mindestens 60 Jahre alt. Von den ÖstereicherInnen sogar etwas mehr. Das trifft auch auf die SerbInnen zu und bei den SchweizerInnen sind sogar ca. 30% 60 oder älter.
Das andere Extrem sind die AfghanInnen, wo etwa 95% jünger als 45 sind oder die SyrerInnen, Rumäninnen oder die RussInnen, wo mehr als 80% jünger als 45 sind.
Den größten Anteil an Menschen ab 75 Jahren innerhalb der jeweiligen Gruppe stellen die ÖsterreicherInnen und die SchweizerInnen. Dann folgen die TürkInnen, die Deutschen und die Serben und Kroaten.
Wenn wir uns jetzt die Personen unter 15 Jahren anschauen, dann gibt es den größten Anteil an Kindern bei den SyrerInnen, den UkrainerInnen und den RussInnen. Dort sind jeweils etwa ein Viertel unter 15 Jahren alt. Bei den SchweizerInnen im Land sind das nicht einmal 10% – auch bei den türkischen, serbischen oder deutschen StaatsbürgerInnen sind es nur knapp über 10%.
Die Geschlechterverteilung
Und wie seht es mit der Behauptung aus, dass nur Männer zu uns kommen? Dazu gibt es eine interessante Zahl bei den Daten vom Land. Wie viele Männer gibt es pro 100 Frauen in den einzelnen Gruppen? Insgesamt treffen auf 100 Frauen in Vorarlberg 97 Männer. Das heißt, es gibt etwas mehr Frauen als Männer.
Ich habe wieder die Daten derselben StaatbürgerInnen wie oben zur Verfügung – alles sind Gruppen, in denen mindestens 1.000 Menschen in Vorarlberg ihren Hauptwohnsitz haben:
Bei den UkrainerInnen sind es mehr als doppelt so viele Frauen und Mädchen wie Männer und Knaben. Auch bei den SchweizerInnen ist der Anteil an weiblichen Personen deutlich höher als der von Männern. Bei den Menschen aus Russland, Ungarn und der Türkei gibt es ebenfalls mehr Frauen als Männer. Bei allen anderen ist es umgekehrt – interessanterweise auch bei den österreichischen StaatsbürgerInnen! Dort liegt das vor allem daran, dass es bei den Menschen unter 30 Jahren deutlich mehr männliche EinwohnerInnen gibt als weibliche.
Auffallend sind vor allem die Zahlen der Rumänen, Italiener und noch mehr bei den Afghanen und den Somaliern. Bei letzteren leben zwar 760 Männer gemeldet in Vorarlberg, allerdings nur 276 Frauen. Bei den Afghanen sind es 1.420 Männer und 594 Frauen.
Fazit
Werden die VorarlbergerInnen ohne die Zuwanderung weniger? NEIN! Allerdings wäre der Zuwachs durchaus bescheiden. Fast 60% des Zuwachses der Bevölkerung stammt allerdings aus EU-Staaten. Und davon wieder 40% aus Deutschland.
Interessant ist auch, dass DERZEIT noch der Anteil der Menschen aus Nicht-EU-Staaten im Rheintal und Walgau höher ist als der von Menschen aus der EU – die Tendenz lässt jedoch in allen Regionen darauf schließen, dass sich das auch dort ändern wird. In Gesamt Vorarlberg sind die beiden Gruppen derzeit praktisch gleich groß – Allerdings nur, weil seit Jahresbeginn etwa 2.000 Menschen aus der Ukraine dazu gekommen sind.
Ein „Sonderfall“ ist das Kleine Walsertal, wo fast die Hälfte der EinwohnerInnen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.
Und was das Klischee von „nur junge Männer“ betrifft, so stimmt das bei uns im Land am ehesten bei den Afghanen und den Somaliern, die zusammen etwa 3.000 Menschen mit Hauptwohnsitz in Vorarlberg stellen. Davon sind mehr als 2.000 männlich und von diesen wieder etwa 1.100 zwischen 15 und 30 Jahre alt.
Das andere Extrem stellen die UkrainerInnen dar: Während es bei den Kindern fast genau 50% männliche und weibliche gibt, sind von den 1.674 Menschen aus der Ukraine ab 15 Jahren 1.258 Frauen und nur 416 Männer.