Immer wieder werden derzeit Meldungen wie folgende geschrieben:
Ich habe mir die Sache einmal umgekehrt angeschaut. Ich bin vom gestrigen Datum ausgehend an die Sache herangegangen. WENN die Testanzahl also die Zahl der registrierten Neuinfektionen beeinflusst, dann ist es also so, dass bei weniger Tests die Inzidenzen in Wirklichkeit höher sein müssten. Bei deutlich MEHR Testungen hingegen dreht sich das Ganze um.
Nun haben wir noch das Problem, dass die Testzahlen teilweise durch Nachmeldungen stark beeinflusst werden. Ich habe daher den größtmöglichen Zeitraum gewählt, der mir noch sinnvoll erscheint, um solche „Meldungs-Schwankungen“ zu korrigieren, nämlich die einzelnen Monate.
Um das Ganze wirklich genau darzustellen, habe ich mich NICHT der Vorgehensweise der AGES angeschlossen, wenn es um die Bevölkerungszahlen geht: Diese hatte nämlich ganz lange einfach die Bevölkerungszahlen von 2020 zur Berechnung aller Zahln verwendet. Irgendwann im Jahr 2022 wurde dann – rückwirkend für die gesamte Pandmiezeit – einfach die Zahl durch eine aus dem Jahr 2022 ersetzt. Ich verwende die Bevölkerungszahlen der Statistik Austria zum jeweiligen Quartal. Das heißt, dass bis auf den Oktober (bei dem außerdem auch noch 3 Tage fehlen, weil die Daten am 28. Oktober 2022 enden), immer die Zahlen der EinwohnerInnen für das entsprechende Quartal verwendet werden.
Österreich
Das Ganze sieht dann so aus wie in der Grafik unten: die blauen Säulen zeigen die Tests, die PRO MONAT und PRO 100.000 EW gemacht wurden. die gestrichelte rote Linie ist die „MONATSINZIDENZ“ der positiv Getesteten – also die Zahl, wie viele positive Tests es im jeweiligen Monat pro 100.000 EW gab.
Die spannende Linie ist die durchgehende rote Linie, die zeigt uns nämlich, wie hoch die Monatsinzidenz gewesen wäre, wenn wir in jedem Monat so viel getestet hätten wie aktuell im Oktober 2022.
Natürlich sind alle Grafiken gleich skaliert für Österreich und die Bundesländer, damit wir gleich erkennen, wo mehr oder weniger hohe Säulen oder Kurven zu sehen sind.
Für Österreich als Ganzes sehen wir folgendes:
- Was die Tests betrifft gab es nie höhere Zahlen als im Jänner 2022 – damals wurden innerhalb eines Monats mehr als 260.000 Tests pro 100.000 EW gemacht. Auch im Februar und März waren es sehr viele – danach folgen deer November 2021 und der Juni 2021 – wo es eigentlich kein „Infektionsgeschehen“ gab.
- Die Inzidenzen (gestrichelte Linie) zeigen gut die Wellen im Herbst 2020 und 2021 und natürlich auch die Omikronwelle und die Sommerwelle 2022.
- Wenn wir die Zahlen jetzt durch die Testanzahl korrigieren, dann passiert Überraschendes: Die höchste Welle ist plötzlich die vom Herbst 2020, auch die erste Welle im März 2020 ist sehr hoch. Danach folgen aber die Sommerwelle 2022 und die Herbstwelle 2022. Sowohl die Delta-Welle als auch die Omikronwellen im Frühjahr sind plötzlich deutlich niedriger, weil sie zu Zeiten stattfanden, als viel mehr getestet wurde als jetzt oder zu Beginn der Pandemie.
Um das Ganze mit einer weiteren Größe zu vergleichen, habe ich hier noch die (mit den Datenkorrekturen der „Umetikettierungen“ von April 2022 veränderten) Monats-Inzidenzen in Sachen Todesfälle: Hier zeigt sich österreichweit, dass es vor allem im Herbst 2020 viele Todesfälle pro 100.000 EW gab, die C19 zugerechnet werden. Österreichweit der höchste Wert wurde im Dezember 2020 mit fast 37 Todesfällen pro 100.000 EW erreicht. Das entspricht für diesen Monat 0,037% aller Menschen.
Interessant wird es, wenn wir die einzelnen Bundesländer betrachten – da gibt es durchau große Unterschiede:
Burgenland
Im Burgenland wurde im Juni 2021 am meisten getestet, wenn wir vom Jänner und Februar 2022 absehen.
Bei den Inzidenzen wird die korrigierte erste Welle auffallend hoch. Im Vergleich zu den Bundes-Zahlen ist auch die Omikronwelle im Frühjahr 2022 deutlich höher. Auch die Deltawelle ist deutlicher zu sehen als bei den Österreich-Werten.
Was die Todesfälle betrifft, so fallen der März und April 2021 auf und auch die Wellen im Jahr 2022 sind höher – das mag an der viel geringeren Zahl an EinwohnerInnen liegen, welche bei wenigen Fällen gleich zu höheren Werten führt – dann müsste das allerdings auch in Vorarlberg zu sehen sein.
Kärnten
In Kärnten wurde im Juli 2021 (Eintrittstests Gastro!) am meisten getestet – und zwar deutlich mehr als zum Beispiel im Jänner 2022.
Bei den Inzidenzen wird dadurch die Omikronwelle deutlich höher als in anderen Bundesländern. Ebenfalls auffallend: Auch die Welle im Herbst 2020 ist kaum höher als die jetzigen Zahlen. Dafür ist die Deltawelle kaum zu sehen.
Was die Todesfälle betrifft, so gab es in Kärnten im Dezember 2020 mehr als 60 Todesfälle pro 100.000 EW in einem Monat – das ist ein Spitzenwert österreichweit. Auch die Deltawelle war relativ ausgeprägt, danach sinkt die Kurve immer mehr ab.
Niederösterreich
Mehr als 281.000 Tests pro 100.000 EW im März 2022 sind extrem viele Tests – allerdings nicht der höchste Wert in Österreich. Dafür wurde offensichtlich im Sommer 2021 weniger getestet in NÖ.
Durch diese hohen Zahlen während der Omikronwelle sind die korrigierten Inzidenzen hier kaum mehr zu sehen. Und auch weil derzeit in NÖ offensichtlich sehr wenig getestet wird im Vergleich sind die Wellen im Jahr 2020 nicht wirklich so hoch wie in anderen Bundesländern.
Interessant sind die Todeszahlen: Die Welle im Herbst 2021 ist annähernd gleich hoch wie die vom Herbst 2020!
Oberösterreich
Das sieht in OÖ ganz anders aus: Erstens stammen hier die höchsten Testzahlen der gesamten Pandemiezeit aus dem Juni 2021 – selbst im November 2021 wurde mehr getestet als während der Omikronwelle.
Bei den Inzidenzen führen diese Werte dazu, dass die Welle im Herbst 2020 sehr deutlich zu sehen ist und dann erst wieder die Omikronwelle und die Sommer- und Frühherbstwelle 2022 stark erkennbar sind.
Bei den Todeszahlen sind die beiden Herbstwellen 2020 und 2021 gut zu sehen, auch die Omikronwelle ist sichtbar, danach und auch davor gibt es kaum was zu sehen.
Salzburg
In Salzburg wurde nie mehr getestet als zum Höhepunkt der Deltawelle im November 2021. Auch hier wurde im Sommer 2021 mehr getestet als während der Omikronwelle.
Interessanterweise bleibt die Inzidenz hier seit März 2022 fast gleich hoch, nur im August 2022 ist sie etwas niedriger. Höher ist die korrigierte Version nur bei der Herbstwelle 2020.
Die Todeszahlen sehen sehr ähnlich aus wie die aus OÖ.
Steiermark
In der Steiermark gab es im Juni 2021 fast 170.000 Tests pro 100.000 EW. Seither sinken die Zahlen bei den Tests, vor allem von März auf April 2022 extrem stark.
In Sachen Inzidenzen sticht die Herbstwelle 2020 heraus, auch der März 2022 ist hoch. Der Rest des Jahres 2022 ist ein Auf und Ab von Monat zu Monat. Auffallend ist in der Steiermark – auch bedingt durch die gleichbleibend niedrigen Testzahlen seit April – dass die Kurven der Inzidenzen in den letzten Monaten fast deckungsgleich sind.
Bei den Todeszahlen sticht der Dezember 2020 mit fast 60 Verstorbenen pro 100.000 EW heraus. Alle anderen Wellen liegen WEIT darunter.
Tirol
In Tirol wurden nie mehr als 132.000 Tests pro Monat und 100.000 EW gemacht – das ist der niedrigste Wert Österreichs. Den Höhepunkt gab es im April 2021 – damals war Tirol und vor allem der Bezirk Schwaz in den Schlagzeilen. Knapp über 105.000 Tests im Jänner 2022 sind auch im laufenden Jahr der bei weitem niedrigste Wert österreichweit.
Trotzdem ist die Omikronwelle nicht übermäßig hoch zu erkennen, aber auch die ersten Wellen liegen alle unter den Inzidenzen seit Juni 2022!
In Sachen offizielle C19-Verstorbene ist in Tirol der November 2020 am stärksten betroffen, die erste Welle entspricht in etwa der Delta-Welle und danach ist nichts mehr auffällig.
Vorarlberg
In Vorarlberg gab es im Juni 2021 die meisten Tests – fast 190.000 pro 100.000 EW waren es damals. Nur im Jänner 2022 gab es einen Monat, der den Abwärtstrend seit damals unterbricht – allerdings sind die Zahlen vom Dezember so niedrig, dass ich auf eine Nachmeldung Anfang Jänner tippe.
Die generell niedrigen Wellen bei den Inzidenzen liegen wie in Tirol alle unter den Zahlen der letzten Monate. Auffallend ist der relativ hohe Wert im Frühjahr 2020.
Bei den Todeszahlen gab es wie bei vielen anderen Bundesländern auch vor allem erhöhte Zahlen im Herbst 2020 und 2021 – sonst ist wenig zu sehen – der Sommer 2022 war „schlimmer“ als die Welle im Frühjahr 2020.
Wien
Warum Wien als letztes Bundesland kommt? Weil es im Alphabet an letzter Stelle kommt…und… weil es anders ist…
Es ist kaum zu glauben: In Wien wurden im Jänner 2022 laut offiziellen AGES-Zahlen OHNE die Schultestungen (die in Wien allerdings teilweise hier mitgezählt werden!) mehr als 416.000 Tests pro 100.000 EW gemacht. Das ist fast um 50% mehr als in NÖ, das den zweithöchsten Wert aufweist unter allen Bundesländern. In Tirol wurden zu Spitzenzeiten nicht einmal ein Drittel der Tests gemacht, die in Wien im Jänner 2022 stattfanden!
Das führt bei den korrigierten Werten der Inzidenzen dazu, dass die Welle im Herbst 2020 bei WEITEM höher ist als überall sonst. Auch die erste Welle im Frühling 2020 ist höher als die Zahlen im laufenden Jahr!
Interessant ist auch die Todeszahlen-Kurve – wie im Burgenland sind hier die Werte seit September 2021 nie wirklich längere Zeit ganz weit unten wie etwa in Tirol oder Vorarlberg.
Und auch die Todeszahlen im Frühjahr 2021 waren nirgends so hoch wie im Burgenland oder Wien.
FAZIT
Entweder sind die Zahlen der Tests nicht wirklich wichtig, wenn es um das Abbilden des so genannten „Infektionsgeschehen“ geht. Dann dürfte allerdings nicht immer darauf herumgeritten werden.
Oder sie sind durchaus aussagekräftig – dann müsste rückwirkend auch das berücksichtigt werden bei den „großen Wellen“. Und – wie wir oben sehen – die Kurven verändern sich auch extrem. Meistens wird noch deutlicher, welches die „stärkste Welle“ war – nämlich die, bei der es auch am meisten Todesfälle gab seit März 2020: Im Herbst 2020 – je nach Bundesland im November oder Dezember.
Interessant finde ich die Parallele bei den Todeszahlen zwischen Wien un dem Burgenland. Denn bei den Testzahlen sind diese beiden Bundesländer nicht miteinander zu vergleichen – trotzdem scheint sich dort die Sache mit den offiziell an oder mit Covid Verstorbenen anders zu verteilen als in den anderen Bundesländern.
Eines steht auf jeden Fall fest: Am meisten Geld zu verdienen mit den Tests gab es bisher eindeutig in Wien und auch in NÖ:
Wer wissen will, warum Österreich Test-Vizeweltmeister hinter Zypern war, muss sich nur diese Tabelle anschauen: In Wien wurde demnach etwa dreimal so viel getestet wie in Kärnten oder Tirol.
Selbst im Bundesschnitt entfallen auf jeden EW in Österreich bereits mehr als 22 Testungen! Und das sind die Zahlen OHNE die Schultestungen! Dort wurden pro 100.000 SchülerInnen ungefähr 10 Millionen Tests gemacht innerhalb von nur eineinhalb Schuljahren! Das ist also mindestens noch einmal drei Mal mehr als in Wien!