„Neue Leitlinien für Tirols Schulen“ – so kann es derzeit beim ORF in Tirol gelesen werden (https://tirol.orf.at/stories/3175690). Andere stoßen da schon kräftiger ins Angstmach-Horn: „Erstes Bundesland empfiehlt Distance Learning“ titelt etwa oe24 dazu.
Dort gibt es etwa auch zu lesen, dass es bald 70.000 neue Fälle geben wird.
Bleiben wir statt bei Schlagzeilen bei den Fakten, dann erfährt auch jede(r), die/der den Artikel zu Ende liest, dass Klimek von „30.000 bis 70.000“ Fällen spricht. Ein kleiner Unterschied zur Schlag-Zeile – sind doch 30.000 nur mehr knapp 43% der in der Überschrift angekündigten Katatstrophe. Zum Höhepunkt der Omikron-Welle hatten wir übrigens am „Super-Tuesday“ 63.638 neue Fälle an einem Tag und es gab 5 Tage mit mehr als 50.000 neuen positiv Getesteten seit Beginn der Pandemie.
Wer mich kennt, weiß, dass ich so gut wie nie Prognosen abgebe. Das hat auch den Vorteil, dass ich nicht falsch liegen kann, wie etwa auch die Experten, die im Sommer schon 50.000 neue Fälle pro Tag vorausgesagt haben – wieder mit dem kleinen Wörtchen „bis“ davor, das oft nicht gesehen wird von jenen, die Schlagzeilen verfassen.
Ich habe mir die Zahlen zur Zeit angesehen.
Der Vergleich mit 2021
Es folgen nun Grafiken mit den Zahlen der letzten verfügbaren 5 Tage seitens der AGES – diese habe ich mit den Zahlen genau vor einem Jahr verglichen. Wie haben sie sich entwickelt? Gab es damals mehr oder weniger Fälle in den einzelnen Altersgruppen? Die Altersgruppen, in die alle SchülerInnen in Österreich fallen, habe ich zusätzlich durch gelbe Zahlen hervorgehoben. Und die Zahl links oben ist die Veränderungen der Zahlen, wenn wir ALLE Altergsgruppen zusammen nehmen.
Bei der ersten Grafik erkläre ich alles genauer: Im Burgenland ist die Zahl der aktiv Positiven in den letzten 5 Tagen im Vergleich mit den gleichen Tagen im Vorjahr um 592% angestiegen – das heißt es gibt 2022 fast sieben Mal so viele aktiv Positive (=Verkehrsbeschränkte) wie 2021. 600% mehr würden nämlich eine Zunahme um das Siebenfache bedeuten!
Wenn wir genauer hinschauen, sehen wir jedoch, dass die Zahl der beiden Gruppen, die die SchülerInnen betreffen nur um 168% bzw. 255% gestiegen ist. Das ist bis zu zehn Mal weniger im Vergleich zu den 75-84-Jährigen. Natürlich wurden 2021 noch alle SchülerInnen VERPFLICHTEND getestet. Entscheidender für mich ist jedoch (siehe weiter unten) der Vergleich der Spitalszahlen miteinander.
Das Burgenland ist das Bundesland mit dem höchsten Anstieg aller Bundesländer!
Wenn wir nun Kärnten und die Steiermark ansehen, sind die Zahlen etwas niedriger als im Burgenland. Auch hier liegen die Zuwächse bei den SchülerInnen ungefähr um den Faktor 10 niedriger als die bei den älteren Menschen. In Kärnten sind die Zuwächse bei den Menschen ab 85 sogar die höchsten aller Altersgruppen!
In Ober- und Niederösterreich sind die Zuwächse noch einmal geringer. Auch hier sind die Anstiege bei den Schülerinnen DEUTLICH niedriger als bei den älteren Menschen. In beiden Bundesländern gab es den höchsten Anstieg bei den Menschen im Alter von 65-74 Jahren.
Salzburg liegt ganz ähnlich wie OÖ und NÖ, in Tirol sind die Zuwächse deutlich höher – insgesamt gab es nur im Burgenland höher Anstiege als in Tirol. Nirgends waren zudem die Zuwächse bei den SchülerInnen stärker als dort. Trotzdem waren sie im Vergleich mit den 65-74-Jährigen nur etwa ein Drittel so stark.
Wien und Vorarlberg: Nirgends gab es WENIGER Zuwächse als in diesen beiden Bundesländern. Und in BEIDEN Bundesländern gibt es Altersgruppen mit SINKENDEN ZAHLEN! Außerdem ist in BEIDEN Bundesländern der Anstieg bei 55-64-Jährigen am stärksten.
So sieht das Ganze für gesamt Österreich aus: Etwa um ein Drittel hat der Anteil der aktiv Positiven in den Altersgruppen, in denen sich die SchülerInnen befinden zugenommen. Bei den 55-64-Jährigen hat er sich vervierfacht, bei den Menschen über 84 Jahren verdreifacht (200% mehr sind drei Mal so viele).
Die Spitäler
Nackte Zahlen – Normalstation
Wenn wir jetzt auf die Zahlen in den Spitälern achten, können wir im ersten Moment erschrecken: Auch hier haben die Zahlen stark zugenommen – oder?
Bei einem Blick auf die Zahlen der NormalbettenpatientInnen mit positivem Test sehen wir, dass (relativiert auf 100.000 EW, damit die Zahlen untereinander vergleichbar sind) in Salzburg und im Burgenland derzeit am meisten positive PatientInnen in einem Normalbett liegen und deutlich am wenigsten in Vorarlberg.
Verglichen mit dem Vorjahr war der Anstieg im Burgenland mit etwa 3,5 Mal so vielen positiven PatientInnen am höchsten. Am wenigsten zugenommen haben die Zahlen in Wien und OÖ, wo es nur etwas mehr als ein Drittel mehr sind.
Nackte Zahlen – Intensivstation
Viel besser sieht es aus, wenn wir die Zahlend er Intensivstationen betrachten: Hier sind die Werte 2022 in Kärnten und der Steiermark am höchsten – sie sind jedoch in ALLEN Bundesländern zurück gegangen! Und selbst in Kärnten ist es nur 1 Person von 100.000 EW, die positiv getestet auf der Intensivstation liegt! Vor einem jahr lagen in Wien noch fast 5 Personen pro 100.000 auf einer Intensivstaton als „C19-PatientInnen“.
Verglichen mit 2021 sind die rohen Zahlen in Wien (vom höchsten Wert 2021 aus nicht verwunderlich) am stärksten zurückgegangen, und zwar um fast 82%. Allerdings sind sie bis auf Kärnten und das Burgenland ÜBERALL mindestens um 47% gesunken!
Die Zahlen mit Haupt- und Nebendiagnose
Jetzt schauen wir uns noch an, wie viele Menschen tatsächlich WEGEN Covid im Spital liegen. Da es nun ein „Covid-Register“ (https://datenplattform-covid.goeg.at/covid-19-register) gibt, wo das ersichtlich wird, haben wir ganz andere Zahlen zur Verfügung. Sowohl auf der Normalstation als auch im Schnitt aller PatientInnen sind nämlich derzeit nur 22% aller positiv getesteten PatientInnen in einem Spital wirklich WEGEN Covid dort. Die anderen 78% liegen aus anderen Gründen im Spital!
Leider gibt es diese Zahlen für den September 2021 noch nicht – ich habe daher die Werte genommen, die beim Covid-Register für den Jahresbeginn 2022 eingetragen sind. Diese sind deutlich höher als die jetzigen. Ich weiß von persönlichen Nachfragen aus dem Jahr 2021, dass sie eventuell sogar noch höher sein könnten, was das Ganze noch einmal mehr entschärfen würde im Vergleich zu 2021.
Wegen Covid auf der Normalstation lagen demnach 2022 nicht MEHR sondern – mit Ausnahme zweier Bundesländer WENIGER PatientInnen im Spital in den letzten 5 Tagen als vor einem Jahr.
In Wien und OÖ sind es ungefähr 45% weniger, nur in Salzburg (21% mehr) und dem Burgenland (46% mehr) nahm die Zahl der WEGEN Covid im Normalbett liegenden PatientInnen zu.
Und natürlich ist es auch auf der Intensivstation das gleiche Bild – die Rückgänge sind noch viel stärker als oben mit den nackten Zahlen abgebildet!
Selbst in Kärnten war der Rückgang zwei Drittel, in OÖ, Tirol und Wien liegen sogar fast mehr als 90% weniger positive auf der Intensivstation, die WEGEN Covid dort betreut werden müssen!
Wenn wir das Ganze umdrehen, und schauen, wie viele PatientInnen nicht WEGEN sondern MIT Covid im Spital liegen, zeigt sich ein ganz anderes Bild:
Auf der Intensivstation gab es deutlich geringere Rückgänge, im Burgenland und Kärnten nahmen die Zahlen sogar zu – das heißt, die Zuwächse dort sind wegen PatientInnen, die nicht mit Haupt- sondern Nebendiagnose Covid behandelt werden müssen.
Und im Normalbett gab es dramatische Zuwächse – allerdings eben nur bei den PatientInnen, die wegen etwas ganz anderem dort behandelt werden und nur auch gleichzeitig positiv getestet wurden. So liegen im Burgenland mehr als 6 Mal so viele Menschen pro 100.000 EW als positiv Getestete wegen einem anderen Grund als Covid im Spital.
FAZIT
Wenn wir die Spitalszahlen nicht nur einfach in ihrer Summe betrachten, sondern genauer anschauen, wird sofort klar, dass es – außer auf den Normalstationen in Salzburg und im Burgenland – NIRGENDS einen Anstieg der PatientInnen gab WEGEN Covid.
Und das TROTZ der Tatsache, dass die Zahlen bei den aktiv Positiven (=Verkehrsbeschränkten) in ganz Österreich gestiegen sind – mit Ausnahme der jüngsten Altersgruppen in Vorarlberg und Wien.
Das heißt: Wir haben MEHR „Fälle“, aber gleichzeitig WENIGER wegen Covid im Spital aufgenommene PatientInnen als vor einem Jahr. Damals war Delta die vorherrschende Variante und es gibt noch einen anderen Grund, warum 2022 deutlich „schlimmer“ ist, was die reinen Fallzahlen angeht: Der Spetember 2021 war laut Zentralanstalt für Metreologie und Geodynamik einer der sonnigsten und wärmsten der Messgeschichte. Das können wir vom heute zu Ende gehenden Monat sicher nicht sagen. Und Gerüchten zufolge sollen bei schlechtem, nassem und kaltem Wetter ohne Sonne die Infekte und Erkältungskrankheiten zunehmen – oder?
Vielleicht sollten wir es so machen, wie in den meisten anderen Ländern Europas auch? Das massenhafte Testen vollkommen einstellen und unsere Gesundheit wieder in die Hände der ÄrztInnen zu legen, die uns auch vor Covid gut behandelt und betreut haben? Jetzt wieder in den SCHULEN anzufangen zu testen, Masken zu tragen und sogar Homeschooling anzudenken, halte ich für den absolut falschen Weg!
P.S.: Die Überschrift ist auf die Leute bezogen, die nur Schlagzeilen produzieren, nicht genauer lesen und schon gar keinen genaueren Blick auf die Zahlen werfen!