Vor gut zwei Monaten habe ich (zusammen mit anderen und zum zweiten Mal) die Schweiz mit Österreich verglichen. Über dem Rhein sind seit Anfang April alle Coronamaßnahmen Geschichte. Wie sieht denn nun ein Vergleich der – wenn wir so manchen Experten Glauben schenken wollen – „fahrlässig nachlässigen“ Eidgenossen im Vergleich zu Österreich aus?
Da wir Ferien haben, mache ich dieses Mal ein reines „Ländermatch“ zwischen Österreich und der Schweiz (mit Liechtenstein zusammen) daraus. Die Quelle meiner Daten sind einerseits die Zahlen der AGES (Österreich) und andererseits die der Bundesanstalt für Gesundheit (BAG) aus der Schweiz.
Die Tests
Niemanden wird überraschen was hier zu sehen ist. Wir Österreicher testen VIEL mehr als die Schweizer. Allerdings könnten wir glauben, der „Vorsprung“ ist geschrumpft beim Betrachten der Kurven. Ist dem so?
In der ersten Kalenderwoche des Jahres gab es bei uns im 7-Tages-Schnitt 4.100 Tests pro 100.000 EW (entspricht 4,1% der Bevölkerung), in der Schweiz wurden zur gleichen Zeit 978 Tests pro 100.000 EW gemacht – das sind vier Mal weniger. In KW 5 testete Österreich im 7-Tages-Schnitt mehr als 8.200 Mal pro 100.000 EW, die Schweiz blieb mit 879 sogar etwas niedriger als zu Jahresbeginn – der Unterschied wuchs also auf fast das 10-fache an! Und während in Österreich in KW 11 6627 Tests pro 100.000 EW gemacht wurden, waren es in der Schweiz 647 – soll heißen, damals wurden bei uns MEHR als 10 Mal so viele Tests gemacht (und bezahlt!) wie in der Schweiz. In KW 20 war das Verhältnis noch viel extremer: 1.958 zu 101 sind mehr als 19 Mal so viele Tests! Ein Verhältnis von 1220 zu 145 in der KW 29 bedeutet auch Ende Juli noch etwa 8,5 Mal so viele Tests in Österreich!
Die positiven Tests
Bei Tests gibt es positive und negative. Wie viele Menschen wurden denn in den beiden Staaten pro 100.000 EW positiv getestet seit Jahresbeginn?
Wir sehen eine dicke blaue Linie für Österreich und eine gepunktete Linie für die Schweiz. Weil ich automatisch auch die Daten der einzelnen Bundesländer mit berechnet habe, sind (dünne gestrichelte Linien) auch die einzelnen Bundesländer mit abgebildet. Was fällt auf?
- Zu Beginn des Jahres gab es mehr positive Tests (und damit höhere Inzidenzen) in der Schweiz – TROTZ deutlich weniger Tests.
- Danach lag die Schweiz IMMER unter der Kurve von Österreich.
- Ganz selten gab es einzelne Bundesländer, die nahe an die Schweizer Linie herankamen oder – im Fall von Kärnten in den Kalenderwochen 23 bis 27 – sogar darunter.
Die C19-Todesfälle
Meines Wissens wird („wir wollen ja alle die Vorgaben der WHO einhalten“) in der Schweiz und Österreich gleich gezählt, wenn es um die Todesfälle an und mit Corona geht. Wie sieht nun die Bilanz in diesem Bereich für das laufende Kalenderjahr aus bisher?
Wieder sind die Schweizer Zahlen mit einer gepunkteten Linie dargestellt. Und WIEDER sind die Werte in den ersten 4 Kalenderwochen des Jahre höher als in Österreich, anfangs um fast das Doppelte. Dann jedoch kippt die Sache. In KW 9 etwa haben wir in Österreich DREI MAL so viele offizielle Covid-Todesfälle wie in der Schweiz, in der KW 13 sind es mehr als fünf Mal so viele und in der KW 16 gar mehr als acht Mal!
Auch in der letzten verfügbaren Woche im August sind die Zahlen, was offiziell an oder mit Covid Verstorbene in der Schweiz betrifft, FÜNF MAL niedriger im Vergleich zu Österreich!
Der Vergleich
Die gestrichelte Linie ist quasi die „Null-Linie“ – wenn die Kurve genau dort liegt, sind die Zahlen bei uns und in der Schweiz gleich. über der Linie heißt, dass wir in Österreich mehr haben, darunter bedeutet, die Schweiz hat höhere Zahlen.
Wenn wir nun nur den Vergleich selbst heranziehen, sehen wir gleich: Wir haben zwischen 5 und 21 Mal mehr getestet (und darum auch in etwa 5 bis 21 Mal so viel Geld ausgegeben) wie die Schweizer.
Bei den positiven Tests und auch den Todesfällen sind wir anfangs ganz knapp niedriger als die Schweizer Zahlen, danach immer höher. Auffallend bei den Todeszahlen ist die KW 21 (Ende Mai) und auch die Entwicklung in den letzten Wochen. In beiden Fällen fällt auf, dass die Kurve der C19-Todesfälle und die der Testungen ähnlich stark nach oben geht.
Was auch auffällt: Trotz VIEL WENIGER Tests hat die Schweiz gar nicht SO unterschiedliche Zahen, wenn es um die positiven Tests geht.
Neidvoller Nachsatz
Wenn ich mir die Daten des BAG anschaue in der Schweiz, fällt mir eine neue Kategorie auf: „Viruslast im Abwasser“. (siehe hier)
Schon wieder sind uns die Eidgenossen weit voraus – auch in Sachen Transparenz. Da wird erstens genau erklärt, wie und was wann gemessen wird und zweitens kann sich jeder die Kurven anschauen für alle vorhandenen Kläranlagen. Was mir hier auffällt, ist wie unterschiedlich die Kurven sind – die 100% sind immer der höchste Wert, den es jemals gab bei dieser Mess-Station (also 100% bedeutet NICHT, dass in 100% des Wassers Viren gefunden wurden, sondern dass das der höchste dort gemessene Wert war im jahr 2022).
Als Beispiel hier zwei Grafiken:
Oben sehen wir die Daten von Basel und unten die von Buchs, einer kleinen Stadt nahe bei Vorarlberg.
Offensichtlich gab es dort im März eine viel höhere Konzentration als sonst. In Basel gab es wohl auch im Juli und August hohe Werte. Wir können uns (wir haben ja Schweizer Daten, die transparent sind!) aber auch die absoluten Werte anschauen:
Die Kurven bleiben die gleichen, wir sehen nur, dass die Werte in Basel, wo etwa 10 Mal so viele Menschen leben wie in Buchs, deutlich höher sind.
FAZIT
Ich finde, die Schweiz schlägt uns in allen Bereichen, wenn wir die offiziellen Zahlen vergleichen. Nicht nur, dass sie VIEL WENIGER GELD für das Testen ausgeben und die Bevölkerung wieder ein vollkommen „normales“ Leben führen kann, wo auch angstmachende Schlagzeilen, wie sie bei uns mehrmals ind er Woche an der Tagesordnung sind, ein Thema mehr sind.
Auch die SchülerInnen und Kinder wurden deutlich weniger eingeschränkt, genauso wie die älteste Bevölkerungsgruppe.
Und wenn es um die Todesfälle geht, so liegen wir weit hinter den Schweizern zurück, die trotz viel weniger Tests fast gleich viele (wahrscheinlich aber weniger asymptomatische) Positive finden wie wir.
„La Suisse: douze points, l’Autriche: zero points“ würde es wohl anderenorts heißen…