Datenkorrekturen hübsch „versteckt“
Ich wollte eine Behauptung widerlegen. Wirklich! Jemand hat in meiner Chronik behauptet, dass in NÖ ganz viele Todesfälle dazu gekommen sind. Da ich die Daten seit Oktober 2020 speichere, kann ich das recht einfach nachprüfen. Ich glaubte, dass es „schon nicht so arg sein kann“ und staunte bei dem, was ich heraus fand:
Auf den ersten Blick war nichts zu sehen… Wenn ich nämlich die Datei „timeline“ der AGES anschaue, dann sehe ich auf den ersten Blick NICHTS Auffälliges. Es gab demnach von vorgestern auf gestern (die Daten haben immer einen Tag „Verspätung“, sind also logischerweise die vom Vortag) gerade einmal ZWEI neue Todesfälle. Gestern waren es demnach 2.684 seit Pandemiebeginn, heute 2.686. Für ein Land mit mehr als 1 Million EW nicht dramatisch.
Ich wollte jedoch genau sein und habe mir daher die Daten der letzten 7 Tage angesehen – also die Daten, die ich in den letzten 7 Tagen gespeichert habe von der AGES-Dashboard-Seite. Und jetzt wird’s seltsam – ich habe die SUMME aller Fälle bis zum 20. März 2022 verglichen:
Heute steht da 2.662 Verstorbene. Gestern waren es 2.553, vorgestern 2.296 – das sind 366 Todesfälle WENIGER vor zwei Tagen! Danach gibt es weitere Unterschiede, die sind aber gering und durch Zuordnungen zu anderen Tagen erklärbar. Soll heißen, dass manchmal Todesfälle erst viele Tage NACH dem Tag gemeldet werden, an dem sie passieren und dann bei der AGES richtig zugeordnet werden einige Tage späte, damit alles seine Ordnung hat. Schlussendlich stehen am 21. März (das ist der erste Tag, an dem es Daten vom 20. März gibt) 2.291 Todesfälle in NÖ seit März 2020 zu Buche. Das sind dann 372 WENIGER, als heute bis dort vermerkt sind.
Das ist nicht gerade wenig, macht in Summe fast genau 14% MEHR Todesfälle für NÖ aus, als es am 20. März noch gewesen sind!
Jetzt wurde ich neugierig – ich wollte wissen, WANN diese Todesfälle passiert sind. Das konnte ich recht leicht recherchieren, in dem ich die Rohdaten vom 20. März mit denen vom 27. März verglichen habe. Meine Annahme war, dass sich diese Todesfälle eventuell in den letzten Wochen oder sogar Monaten ereignet hatten und erst jetzt nachgetragen wurden.
Hier die Grafik mit den „Unterschieden“ – und ich muss sagen, ich war nicht schlecht erstaunt! Der am längsten zurück liegende Fall stammt vom 5. Oktober aus dem Jahr 2020! Das heißt, da gibt es einen Todesfall, der bereits 537 TAGE zurück liegt und erst JETZT als C19-Todesfall eingetragen wurde. Nun gut, wenn es sich dabei um EINEN FALL handeln würde, wäre das eventuell noch erklärbar mit zB einem Leichenfund oder einem Nachlass etc.
Tatsächlich stammen jedoch 24 Fälle aus dem Jahr 2020 und weitere 108 „nachgetragene Todesfälle“ sind zwischen dem 1. Jänner und dem 20. März 2021 passiert, also über ein Jahr alt!
Ist NÖ ein „Einzelfall“?
Ich habe mir auch die anderen Bundesländer angesehen – gab es auch dort außergewöhnliche Nachmeldungen?
Zuerst die gute Nachricht: in den letzten 7 Tagen gab es in folgenden Bundesländern nur kleine Abweichungen:
Burgenland – 0%
Kärnten – 0%
Oberösterreich 1,18%
Salzburg – 0,23%
Steiermark – 0,4%
Vorarlberg – 1,17%
Wien – 0,19%
Wir sehen also: Bis auf Oberösterreich und Vorarlberg, wo der Werte jeweils knapp über 1% ALLER Fälle betrifft, gab es nirgends mehr als 0,4% an „Nachtragungen“ bei den C19-Todesfällen.
FAST nirgends also – die Tiroler haben es sicher entdeckt: sie fehlen hier! Denn in Tirol waren es zwar nicht so viele wie in NÖ, mit 8,14% allerdings doch auch „einige“ mehr als dass es einfach zu erklären wäre.
Natürlich habe ich mir die Unterschiede auch in Tirol näher angesehen – hier liegt der erste „veränderte Tag“ nicht so weit zurück: am 11. Mai 2021 gab es einen Fall, der nachgetragen wurde. Der Rest verteilt sich nun aber ähnlich wie in NÖ sehr „regelmäßig“ auf die Tage ab dem 8. November 2021. Das sind immerhin auch 132 Tage, an denen es – innerhalb von nur wenigen Tagen – plötzlich eine gravierende Änderung gab bei den Todesfall-Zahlen.
FAZIT
Ich habe vor wenigen Tagen diese Grafik gepostet. Sie zeigt an, wie viele Menschen seit Pandemiebeginn und nur im Jahr 2022 in den einzelnen Bundesländern seit Jahresbeginn pro 100.000 EW verstorben sind. Vor dem 20. März waren Tirol und auch NÖ auffallend niedrig im Vergleich zu allen anderen, die zwischen 14,9 und 21,9 Fällen lagen pro 100.000 EW. In Tirol waren es „nur“ 7,8 und in NÖ mit 9,4 ebenfalls unter 10.
Heute, nur eine Woche später, sieht das Ganze anders aus: in Tirol sind es nun 18,5 Fälle pro 100.000 EW und in NÖ satte 33! Damit liegen die beiden „Vorzeigeländer“ plötzlich ganz woanders. In NÖ entspricht dieser Wert nun statt 0,0094% einem Prozentwert von 0,033%! Das ist immer noch wenig, aber doch deutlich mehr!
Wir sehen diese Unterschiede auch, wenn wir drei verschiedene Angaben vergleichen aus unterschiedlichen Dateien. Die orange Linie enthält noch keine der „Korrekturen“, die blaue zeigt die „Nachmeldungen“ aus Tirol und NÖ, welche auch den Wert für Gesamt-Österreich von 16 Fällen pro 100.000 EW auf 23,4 Fälle ansteigen lassen!
Und bitte nicht vergessen: Ein großer Teil der „nachgetragenen“ Todesfälle ist nicht einmal im Jahr 2022 zugeordnet, sondern „versteckt“ sich im Jahr 2021 und bei NÖ sogar 2020!