NR-Wahlergebnis – mit allen Facetten

Wie immer – wenn auch nur kurz und schnell – ein Blick auf das Wahlergebnis von gestern. Wieder ist es NICHT ganz so, wie es dargestellt wird.
Vorbemerkung: Ich war positiv überrascht über die hohe Wahlbeteiligung – auch wenn es statt der zuerst angegebenen über 78% „nur“ 77,25% waren, ist das eine Steigerung von ungefähr 1,7% zur letzten NR-Wahl im Jahr 2019!

Offizielles Ergebnis

Das sind die offiziellen Zahlen aus Österreich – oben die Stimmen und unten die Prozentverteilung dazu. Diese Zahlen kennen alle so aus den verschiedenen Medien.

Die ganze Wahrheit

Das wäre die wirklich „richtige“ Darstellung. Auch 2024 wird wieder vermieden, darauf hinzuweisen, wer denn in Wirklichkeit die GRÖSSTE Gruppe im Land ist: Es sind die NICHTWÄHLERINNEN! Sie haben wie schon öfter zuletzt mehr Stimmen bekommen als die Partei mit den meisten gültigen Stimmen!

Es ist allerdings dann auch ganz ein anderes Bild, das entsteht: Nun hat nämlich nicht „fast jeder Dritte“ die FPÖ gewählt, sondern nicht einmal einer von vier. Und die ÖVP kommt gerade einmal auf 20% aller Wahlberechtigten. Weder Neos noch die Grünen schaffen dann noch 7 Prozent aller Stimmen, die möglich gewesen wären und die KPÖ schafft es gerade einmal auf 1,8% als größte der Kleinparteien.

Mandatsverteilung OHNE Mindesthürde

Würden nun die Sitze rein nach Stimmenanteil und ohne „Mindesthürde“ verteilt im Parlament, dann hätten – bis auf „BGE“ alle zumindest einen Sitz im Nationalrat erobert – die KPÖ und BIER sogar jeweils vier Sitze und die ungültigen Stimmen brächten es auch auf einen Parlamentssitz.

Nationalrat der leeren Sitze

Mein favorit bleibt die Wahl mit den leeren Sitzen: Alle Nichtwähler-Sitze bleiben leer – die Mandatsverteilung wäre dann folgende:

Die fast 23% an Nichtwählern würden dafür sorgen, dass 42 Sitze im NR leer bleiben würden. Das wären auch 42 Gehälter weniger, die zu bezahlen wären. Wieder hätten alle anderen außer „BGE“ zumindest einen Sitz erobert, KPÖ und BIER sogar drei. Die Zahl der besetzten Sitze wäre nun „nur“ mehr bei 141, das heißt 71 Sitze reichen für eine Mehrheit (zB FPÖ+ÖVP oder auch ÖVP+SPÖ+NEOS) Ein Drittel aller Sitze wären 47 Sitze – das wäre quasi die „Sperrminorität“ für alle Gesetze, für die es eine Zweidrittelmehrheit braucht.
Und wie so ein Wahlsystem den Wahlkampf verändern würde, können sich vielleicht viele vorstellen: Es wäre etwas anders als jetzt, wo Nichtwähler, ungültige Stimmen und Parteien, die nicht ins Parlament einziehen wegen der Mindesthürde dafür sorgen, dass die Sitze für die, die die Hürde schaffen, „billiger“ werden…

FAZIT

„Jeder dritte Österreicher wählt die FPÖ“ – stimmt nicht. „Die SPÖ erhält 21% der Stimmen der Österreicher“ – stimmt nicht.
Oder nur dann, wenn explizit dazu gesagt wird: „von den gültigen abgegebenen Stimmen“.

Es ist jedes Mal dasselbe nach den Wahlen und offensichtlich ist auch niemand daran interessiert, das zu ändern. Die Parteien nicht, weil es eindeutig schlechter aussieht, wenn die Nichtwähler mit berücksichtigt werden und die Medien haben dann vielleicht weniger schöne Schlag-Zeilen?