Tropennächte und mehr

„Dramatischer Anstieg bei den Tropennächten seit 1970“ – eine Tropennacht zeichnet sich dadurch aus, dass die Temperatur nicht unter 20 Grad Celsius sinkt.

Das war gestern so zu finden auf Facebook. Kurz vor dem Antritt unseres Familienurlaubes wollte ich das noch ergründen und schauen, um wie viel die Zahl der Tropennächte denn gestiegen war. Allerdings nicht nur in Leoben, von wo die „Kleine Zeitung“ berichtete.

Beispiel Feldkirch

Hier wie gewohnt die Erklärung zu den Grafiken anhand des Beispiels von Österreichs westlichster Stadt: die blauen Punkte zeigen das jeweils höchste Tages-Minimum an – das ist normalerweise die wärmste Nacht des Jahres.

Theoretisch kann es natürlich auch sein, dass das eine Tagestemperatur ist, wenn die Temperatur von 19 Uhr des Vortages bis 19 Uhr des folgenden Tages nicht in der Nacht am niedrigsten war, weil es zum Beispiel einen Föhnsturm gab in der Nacht. Da das jedoch kaum einmal so gewesen sein wird, nehme ich mir die Freiheit heraus, die Werte als „wärmste Nacht des Jahres“ zu bezeichnen. Die gestrichelte Linie dabei zeigt den linearen Trend der wärmsten Nacht-Temperatur des Jahres seit Messbeginn an.
Die grauen Säulen auf der Grafik zeigen die ZAHL der „Tropennächte“ – wie oft fiel in Feldkirch von 19 Uhr bis 19 Uhr das Thermometer nicht unter 20 Grad – Und dabei sehe ich durchaus ein

Problem:

Wenn die Temperatur in einer Nacht am Abend rund um 19 Uhr am niedrigsten ist und nicht unter 20 Grad sinkt (was zwar nicht oft vorkommen wird, aber sein kann), dann werden damit automatisch zwei Tage mit „Tropennächten“ gezählt. Für mich gehört ein „Tagesminimum“ immer für den Kalendertag dargestellt – was früher allerdings nicht möglich war, da damals wohl kaum jemand um 24 Uhr die Daten abgelesen hat. In der heutigen Zeit, wo das alles automatisiert passiert, könnte das allerdings richtig gestellt werden. Das gilt übrigens auch für das Tagesmaximum! Die gepunkte Linie zeigt den Zehnjahres-Schnitt bei den Tropennächten.

Zurück zu Feldkirch: Die wärmste Nacht aller Mess-Tage gab es in Feldkirch im Jahr 1999 mit 23,8 Grad Minimaltemperatur, die zweitwärmste wurde im Jahr davor gemessen. Am meisten Tropennächte gab es im Jahr 2017, damals waren es 7 an der Zahl. Im Jahr 2022 und 2015 waren es fünf. Im Zehnjahresmittel gibt es in Feldkirch 4 Tropennächte im Jahr. 1970 war eine Tropennacht noch die absolute Ausnahme.

Andere Stationen in Österreich

In Bad Bleiburg in Kärnten gab es seit Messbeginn eine einzige Tropennacht, und zwar im Jahr 2012 mit 20,4°C. Die wärmsten Nächte stammen neben 2012 aus den Jahren 2023 und 1951.

Bad Gleichenberg im Süden der Steiermark hatte im Jahr 2013 und 2015 vier Tropennächte. Die wärmsten Jahre waren 2012 mit 21,8°C und 2010 und 2015 mit 21,2°C. Im Zehnjahresschnitt haben wir im südöstlichen Eck von Österreich etwa 2-3 Tropennächte, im Jahr 1970 gab es keine.

In Bruck an der Mur gab es seit 1936 zwei Tropennächte – eine im Jahr 1998 und eine 2022. Die deutlich wärmere war die 1998 mit 21,2°C.

Auch in Freistadt im Norden Österreichs gab es noch kein Jahr mit mehr als einer einzigen Tropennacht. Das letzte Mal war das 2012 der Fall, davor gab es 2010, 1998 und 1988 so eine Nacht. Am wärmsten war die von 1998 mit 21°C.

Innsbruck liefert uns Daten bis 1895 zurück. Vor 1984 gab es demnach nie eine Tropennacht. In den Jahren 2010, 2015 und 2019 waren es drei, im Schnitt der letzten zehn Jahre gibt es eine Tropennacht pro Jahr. Die wärmste Nacht seit 1895 wurde 1994 gemessen mit 23,3°C.

Auch Kremsmünster südlich von Linz hat Daten bis 1895 zurück. In Kremsmünster gab es bereits 1905 und 1947 jeweils drei Tropennächte. Den Höchstwert an warmen Nächten gab es 2015 und 2017 mit jeweils sechs in einem Jahr. Am wärmsten war es 2015 und 2019 in einer Nacht: Damals sanken die Temperaturen nicht unter 22,1°C. Im Schnitt der letzten zehn Jahre gibt es etwa 3 Tropennächte pro Jahr, 1970 waren es so gut wie keine.

In Lienz gab es nur im Jahr 2005 eine einzige Tropennacht mit genau 20 Grad Minimaltemperatur, sonst fiel die Temperatur nachts seit 1934 immer unter 20°C ab.

In Reichenau an der Rax gab es gleich drei Tropennächte im Jahr 2015. Sonst gab es niemals mehr als eine Tropennacht. Die erste solche gemessene stammt aus dem Jahr 1971 – der Beginn der Daten liegt im Jahr 1942. Am wärmsten war es in einer Nacht im Jahr 2005.

Salzburg hat wie Innsbruck und Kremsmünster Daten bis 1895 zurück. Die Messreihen dort ergeben ein überraschendes Ergebnis: 1905 und 1911 sollen es gleich ACHT Tropennächte gewesen sein – danach gab es niemals mehr als drei davon. Die wärmste Nacht wurde 1905 gemessen mit 23,8°C. Im Schnitt der letzten zehn Jahre gab es etwa 2 Tropennächte pro Jahr. In den Siebzigerjahren waren diese sehr selten.

In Wörterberg im Burgenland gab es 2015 ZEHN Tropennächte. Auch 2013 (9) und 2022 (8) waren es – verglichen mit vielen Stationen vorher – recht viele. Am wärmsten war eine Nacht aus dem Jahr 2007, als die Temperatur nicht unter 23 Grad fiel. Im 10-Jahres-Schnitt gibt es dort derzeit etwa 4 bis 5 Tropennächte im Jahr, in den Siebzigerjahren gab es so gut wie keine.

Wien

Nirgends sonst gibt es unter den von mir immer wieder verwendeten Stationen mehr Tropennächte als in der Bundeshauptstadt. Im Jahr 2015 waren es 23, das sind mehr als doppelt so viele als beim Höchstwert der anderen Stationen! Am wärmsten waren zwei Nächte in den Jahren 2017 und 2015, als es nie unter 25,3 Grad hatte an der Hohen Warte. Im 10-Jahres-Schnitt gibt es in Wien zur Zeit etwa 10 Tropennächte pro Jahr, in den Siebzigerjahren waren das zwei bis drei.

Stationen ohne Tropennächte

Keine Tropennächte gab es seit Messbeginn in Zwettl. Daher habe ich dort Nächte gezählt, in denen die Temperatur nicht unter 18 Grad fiel: Im Jahr 2003 gab es immerhin zwei davon, in manch anderen Jahren eine einzige. Die wärmste gemessene Minimaltemperatur lieferte dabei eine Nacht aus dem Jahr 1972 mit 19,4°C.

In Rauris in Salzburg musste ich sogar Nächte mit einer Minimaltemperatur von über 17 Grad heranziehen, um Daten zu bekommen: Im Jahr 2007 gab es immerhin zwei davon, ansonsten nie mehr als eine. Am wärmsten war eine dieser Nächte im Jahr 2019, als es nicht unter 18,4 Grad abkühlte.

Sonnblick

Im Gebirge über 3000 Meter haben solche „Tropennächte“ natürlich nichts zu suchen. Daher habe ich am Sonnblick neben den „wärmsten Nächten“ die Tag dargestellt, an denen die Temperatur nicht unter Null Grad gefallen ist.
Davon gab es zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Zehnjahresmittel etwa 30 bis 40. Heute sind es 75 solcher Tage ohne Minustemperaturen im Schnitt! Bisher gab es vier Jahre mit 90 oder mehr solcher eisfreien Tage: 2003, 2019, 2022 und 2023.
Im Jahr 2024 waren es übrigens bis Ende Juni 21 solcher Tage. Das ist der achthöchste Wert aller Messjahre, allerdings weit hinter dem Spitzenreiter 2003, als es 35 eisfreie Tage in der ersten Jahreshälfte gab! Letztes Jahr waren es bis zu diesem Zeitpunkt nur 9 Tage, im Jahr 2020 sogar nur fünf!
Die wärmste Nacht am Sonnblick gab es im Jahr 1983, damals sank die Temperatur nicht unter 10,4°C ab.

FAZIT

Sind die Tropennächte mehr geworden? Mit Sicherheit – und zwar überall.
Wir sehen auch bei den „wärmsten Nächten“, dass der Trend überall nach oben geht – allerdings gibt es interessanterweise mit Wien, Kremsmünster und Rauris nur drei Stationen, bei denen die wärmste Nacht aller Mess-Zeiten in den letzten 15 Jahren liegt.
Die Frage, die sich mir generell stellt, ist, ob eine Zunahme von (Ausnahme Wien) maximal fünf wirklich warmen Nächten im Jahr im Vergleich zu der Zeit, in der es offensichtlich meist kälter war als davor (die Siebzigerjahre waren so gut wie überall wärmer als etwa die Fünfzigerjahre) wirklich als „dramatisch“ bezeichnet werden muss?
Und wenn es stimmt, dass (siehe „Studie“ der AGES zu den Hitzetoten) gerade solche warmen Nächte ein Indikator für „Hitzetote“ sind bei uns: Hat Wien in dem Fall mehr als doppelt so viele Verstorbene wegen Hitze zu beklagen als alle anderen Bundesländer bzw. Mess-Stationen?

P.S.: Besonders heute seien mir Tippfehler verziehen – ich bin schon im „Pack-Stress“ in Sachen Urlaub. Ich hoffe, dass der mehr schöne Tage bieten kann als der Sommer in Vorarlberg bisher! Haltet uns die Daumen 😉