Was ist vom Sommer zu erwarten?

Ich weiß: Der Titel ist irreführend und kann dazu verleiten, anzunehmen, ich werde nun etwas dazu schreiben, wie warm es diesen Sommer noch wird im Sinne einer kühnen Prognose. Doch nein, es geht um etwas anderes:

Schon vor fast vier Jahren war auf der Homepage der ZAMG folgendes zu lesen:

Erwärmung betrifft ganz Österreich in allen Höhenlagen
Alleine in den letzten rund 30 Jahren wurde es in Österreich zwischen 1,0 und 1,5 Grad wärmer, im Vergleich zum Mittel der 30 Jahre davor. Die Erwärmung betraf alle Regionen und Höhenlagen ähnlich.

https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/news/klimafakten-oesterreich-kompakt

Das hat mich auf eine Idee gebracht: Wenn es nun bis heute (und es sind ja schon wieder vier laut Experten sehr heiße Jahre vergangen inzwischen) um 1,5 Grad wärmer wurde: Wie viele Sommer- und Hitzetage sind denn dann „normal“ für verschiedene Regionen Österreichs?

Feldkirch

Ich erkläre das Ganze am besten am Beispiel von Feldkirch, der ersten von vier von mir ausgewählten Mess-Stationen der ZAMG, die schon sehr lange Daten erfasst: In Feldkirch werden seit 1895 Messungen gemacht und seit 1935 wird icht nur die 14-Grad-Temperatur notiert, sondern auch das Tagesmaximum.

Untenstehende Grafik zeigt uns die bisherigen „Hitzetage“ (rote Säulen) in Österreichs westlichster Stadt und dazu den 30-Jahres-Schnitt an Hitzetagen (orange Linie). Das besondere ist nun die pinke Linie: Das sind die Hitzetage, die es jeden Sommer geben muss durch die 1,5 Grad mehr, die es im Vergleich zu vor 30 Jahren hat. Da es auch schon in den Neunzigern deutlich wärmer wurde als davor, beginnt diese Linie mit ungefähr 1990.
Berechnet habe ich das relativ einfach: Wenn es jetzt 30 Grad hat, waren das vor 30 Jahren noch 28,5 Grad. Das heißt, alle Tage, die im Schnitt der letzten 30 Jahre zwischen 28,5 und 29,99 Grad hatten als Maximaltemperatur, werden zu den „Hitzetage“ über 30 Grad (auch wiede rim Schnitt der 30 Jahre) dazu gezählt.
Dadurch kommen wir für Feldkirch auf 21 Hitzetage mit mehr als 30 Grad in diesem Sommer. Bisher hatten wir KEINEN EINZIGEN. Das ist etwas weniger als im 5-Jahres-Schnitt (gestrichelte pinke Linie) bis zum 16. Juni – also noch nichts Besonderes!
In keinem Jahr gab es mehr solcher heißen Tage als im Jahr 2015, damals war es 26 Mal heißer als 30 Grad in Feldkirch. Von heute weg sind es übrigens noch 92 Tage – bis zum 17. September. Niemals gab es im Ländle einen Tag später im Jahr, an dem es wärmer war als 30 Grad – zumindest seit 1895.

SOMMERtage (mit mehr als 25°C Tagesmaximum) sollte es mit dieser Berechnung 76 geben im Sommer 2024. 14 davon gab es bereits, das verdanken wir unter anderem einem sehr warmen April und das entspricht exakt dem 5-Jahres-Schnitt bis zum 16. Juni in den letzten fünf Jahren.
Demnach erwarten uns bis zum 28. Oktober (das war der letzte Tag, an dem es in Feldkirch im Laufe des Jahres jemals mehr als 25 Grad gegeben hat) noch 62 „Sommertage“ – das ist fast jeder zweite Tag bis dahin.

So verliefen im Vergleich aller erfassten Monate in Feldkirch die letzten 5 Jahre in Sachen Tagesmaximum: Seit September 2023 gab es drei Rekordmonate und vier weitere Top-6-Werte. Im Jahr 2024 gab es zwar einen sehr warmen Februar und März, allerdings waren die anderen drei Monate „nur“ warm und nicht unter den Top 15. Und die erste Junihälfte liegt bis gestern nur auf Platz 72.

Kremsmünster

Was Kremsmünster besonders macht, ist die Lückenlosigkeit der Daten. Bereits im Jahr 1876 beginnen hier die Werte mit den Tagesmaxima!

Auch Kremsmünster hat 21 „zu erwartende“ Hitzetage diesen Sommer – genau wie in Feldkirch gab es bisher keinen davon. Auch hier gab es niemals mehr so heiße Tage als im Jahr 2015, allerdings waren es in Kremsmünster mit 37 deutlich mehr als im Westen.

Auch bei den Sommertagen liegen die Erwartungen sehr ähnlich wie in Feldkirch. 60 der kommenden 119 Tage – in Kremmmünster gab es nach dem 14. Oktober nie mehr als 25 Grad – sollten demnach noch „Sommertage“ werden! Für die 21 Hitzetage ist übrigens laut Daten Zeit bis zum 9. September. das sind 84 Tage – demnach müsste jeder vierte Tag diesen Sommer mindestens 30,1 Grad aufweisen in den Daten!

Auch in Kremsmünster liegt der bisherige Juni nicht einmal unter den 70 „wärmsten“ Monaten der Messdatenreihe. Allerdings waren seit September FÜNF Monate die wärmsten, die es jemals gab bei den Maximaltemperaturen. Auch der Dezember (Rang 4) und der April und Mai (jeweils Rang 7) waren sehr warm.

Lienz

Schauen wir in den Süden. Ich habe dafür die Daten aus Lienz in Osttirol herangezogen. Auch diese reichen weit zurück, haben allerdings in der Zeit rund um die Weltkriege einige Lücken aufzuweisen.

Auch in Lienz gab es bis heute noch keinen Tage mit mehr als 30 Grad. Im Süden des Landes sollten demnach noch 28 Tage als „Hitzetage“ registriert werden bis zum 1. Oktober. Mindestens jeder vierte Tag müsste demnach noch ein Hitzetag werden bis Ende September! Am meisten Hitzetage gab es in Osttirol im jahr 2003 – damals waren es 36, also einer weniger als im Jahr 2015 an der Alpennordseite in Kremsmünster.

Auch Sommertage mit mehr als 25°C sollte es im Süden deutlich mehr geben: 88 solcher Tage sind zu erwarten, allerdings waren es erst 9 – das sind weniger als im Norden bisher. Der letzte Sommertag in Lienz war an einem 9. Oktober – das heißt mehr als die Hälfte aller 114 Tage bis dahin sollte demnach noch zum „Sommertag“ werden, um die Erwartungen zu erfüllen.

Auch in Sachen Monatswerte sieht der Süden anders aus als der Norden: Es war zwar auch hier seit September meistens warm, allerdings gab es keinen Rekordmonat und nur einmal einen Platz unter den Top 3 – der Fbruar war der zweitwärmste seit Messbeginn. Ebenfalls auffallend: Der Mai ist nur auf Platz 48 zu finden – dafür liegt der Juni mit Platz 57 etwas besser als die im Norden gemessenen Werte.

Wien

Nein, ich nehme die Werte aus Wien nicht darum zur Hand, weil dort am meisten Menschen leben in Österreich: Nirgends sonst gibt es so weit zurückreichende Unterlagen – seit 1775 schon werden dort Daten erhoben!

Wie in Kremsmünster und Feldkirch war auch in Wien der Sommer mit den bisher meisten Hitzetagen seit Messbeginn im Jahr 2015. Ganze 42 Mal wurden dort Temperaturen jenseits der 30 Grad gemessen! Ebenfalls interessant: Auch in Wien gab esbisher KEINEN Hitzetag. Und die 36 zu erwartenden heißen Tage entsprechen genau dem Wert von 1834, also einer Zahl, die bereits 190 Jahre alt ist! Ebenfalls gut zu erkennen sind die vielen Hitzetage in der Zeit von 1855 bis 1880, eine Zeit, in der es sonst kaum Messdaten gibt!

Nirgends bei den anderen Messstationen liegt die Zahl der zu erwartenden Sommertage höher als in Wien. Fast 100 sollen es werden, wenn wir die 1,5 Grad Erwärmung aus den letzten 30 Jahren hochrechnen. Bisher gab es davon 18, das liegt auch hier ziemlich genau im 5-Jahres-Mittel für Mitte Juni. In den nächsten 118 Tagen (in Wien war es noch dem 13. Oktober bisher nie wärmer als 25 Grad) sollen also demnach 80 Tage zu den Sommertagen zählen und in der Zeit bis zum 21. September 36 davon mit über 30 Grad besonders heiß sein. Das ist bis dann fast jeder dritte Tag in Wien.
Ich bin gespannt, ob der Sommer halten kann, was die Zahlen versprechen…!

In Sachen „heißeste Monate seit Messbeginn“ gab es in Wien gleich vier Rekordmonate: Von September bis November waren es drei am Stück und auch der Februar war so warm wie noch kein anderer, wenn es um das tagesmaximum geht. Der Mai war deutlich kühler als im Westen oder der Mitte des Landes und nirgends war die erste Junihälfte so weit hinten wie in der Bundeshauptstadt, wo sie auf Platz 82 zu liegen kommt, allerdings von mehr als 100 Jahren mehr als an den anderen Mess-Stationen!

Fazit

Wenn wir nicht auf Großwetterlagen oder Wolkenströmungen achten, sondern nur die Zahlen so berechnen, wie sie sich laut ZAMG seit 30 Jahren entwickeln, dann werden uns diesen Sommer noch ganz viele Sommertage erfreuen. Interessant ist, dass davon laut Daten in Feldkirch und Kremsmünster etwa ein Viertel, in Lienz fast ein Drittel und in Wien deutlich mehr als ein Drittel so genannte „Hitzetage“ mit mehr als 30 Grad werden sollen.
Die Temperaturrekorde für Juni liegen überall zwischen 36 und 37 Grad – davon sind wir auch in den kommenden Tagen noch deutlich entfernt!