Wie nass war’s in Feldkirch?

Nachdem bei uns in Vorarlberg der Pegel des Bodensees mit 5,15 Metern derzeit auf dem Stand eines zehnjährigen, vielleicht sogar 20-jährigen Hochwassers liegt (siehe hier), wollte ich einmal nachsehen, wie es in Sachen Niederschläge im Jahr 2024 aussieht. Da wir im Ländle hier vor allem aus Feldkirch lange Messreihen haben, bin ich bei Österreichs westlichster Stadt geblieben mit den Daten. Aus Bregenz gibt es solche nur bis 1936 zurück, das sind 40 Jahre weniger und ich weiß auch nicht, wie lückenlos diese sind.

14-Tages-Mittel

Da es wenig Sinn macht, einzelne Tageswerte anzuschauen, wenn es um die Niederschläge geht, habe ich ein 14-Tages-Mittel errechnet aus allen Daten seit 1895. Das heißt, wir sehen hier immer einen Tages-Schnitt aus zwei Wochen. Dadurch sind zwar einerseits extreme Tage ausgenommen, es wird aber viel besser deutlich, wann es sehr nasse und wann sehr trockene Phasen gab. Und der Pegel des Bodensees steigt ja vor allem dann an, wenn es über längere Zeit sehr nass ist – vor allem, wenn dazu auch noch viel Schmelzwasser aus den Alpen kommt.

Die beiden Grafiken oben zeigen uns die 14-Tages-Mittel der Monate Jänner und Februar. Dabei habe ich die Werte der letzten zehn Jahre (also 2014 bis 2023), das Mittel seit 1895 und das der letzten 30 Jahre den Werten von 2024 (rote Linie) gegenüber gestellt. Die hellblaue Fläche zeigt uns die Maximalwerte der letzten 129 Jahre. 2024 lagen wie Niederschlagswerte eher nahe der Mittelwerte als in der Nähe der Maximalwerte. Allerdings war es Ende Jänner und Anfang Februar eher nass.

Auch im März und April war es so – der April fällt vor allem letztes Jahr (hellgrüne Linie) auf ab Mitte des Monats.

Selbst der Mai ist bis knapp vor Ende des Monats im Bereich des Durchschnitts. Erst ganz am Ende und zu Beginn des aktuellen Monats brechen die Werte nach oben aus, erreichen jedoch – im Gegensatz zu 2023 – nie den Maximalwert.

Auf dieser Grafik sehen wir die Abweichung der 14-Tages-Mittel von 2024 im Vergleich zum Durchschnitt aller Messjahre seit 1895. Demnach lagen die Werte bis Ende Mai nie um mehr als 2 mm über oder unter dem langjährigen Mittel. Erst mit Ende des Monats Mai stiegen sie stark an. den höchsten Wert erreichen wir bisher am 3. Juni mit (im Zwei-Wochen-Mittel) mehr als 8 mm mehr Niederschlag pro Tag als üblich.

Langzeit-Veränderungen?

Interessant ist ein Vergleich des 30-Jahres-Mittels mit dem Schnitt aller Jahre. Demnach wurden vor allem die Phasen rund um den Jahreswechsel, der Mai und die ersten zwei Drittel des Juni, die ersten zwei Drittel des Augusts und der Herbst nasser. Allerdings betragen die Abweichungen selbst an den stärksten Stellen kaum mehr als 1mm im Tagesmittel.
Trockener wurden vor allem der April und die Zeit rund um den Beginn der Sommerferien sowie der Winter (ausgenommen um den Jahreswechsel).

Der 3. Juni

Um einmal zu zeigen, wie die Sache bei einzelnen Tagen aussieht, habe ich den 3. Juni ebenfalls dargestellt – allerdings nicht als „Einzeltag“, sondern mit dem 14-Tages-Mittel. Das heißt, die Kurve unten zeigt den Schnitt der 14 Tage vor dem 3. Juni seit 1895 an:

Wir sehen, dass es nur einmal „nasser“ war in Feldkirch in dieser Zeit, und zwar im Jahr 2012 – damals allerdings DEUTLICH! Ansonsten sind nur 1998 und 1939 vergleichbar feucht gewesen wie das Jahr 2024.

Die Niederschlagssummen

Abschließend sei hier noch dargestellt, wie viel es im Zeitraum 1. Mai bis 10. Juni in den Jahren seit 1895 geregnet hat (es gibt hier auch einige Jahre ohne Messdaten rund um die Weltkriege):

Wenn es nur um den Mai geht (Zahlen am rechten Rand), dann waren genau drei Jahre „nasser“ in Feldkirch als das laufende: 2012 lag fast gleichauf, 2015 waren es 27 Liter pro Quadratmeter mehr und 1998 sogar 46 Liter mehr.
Insgesamt – also von Mai bis zum 10. Juni – waren es sogar vier Jahre (Zahlen ober den Säulen): Wieder tauchen das Jahr 2012 und 2015 auf und wieder ist 1998 das nasseste aller Messjahre in Feldkirch. Neu ist auch noch 1925, wo der Juni-Start deutlich nasser war als dieses Jahr.

Fazit

Es waren vor allem ein feuchtes Ende des Mai und der Beginn des Monats Juni, die auffallen bei den Daten aus Feldkirch in Sachen Niederschlagsmengen. Dass der Wert des Bodenseepegels „nur“ einem zehn- bis zwanzgigjährigen Hochwasser entspricht, hat mich bei meiner Recherche überrascht. Ich erinnere mich selbst noch gut an den deutlich höheren Pegelstand im Jahr 1999:

Damals – ziemlich genau zur selben Zeit wie dieses Jahr – stieg der See um gut einen halben Meter höher als heute. Der absolute Höchstwert – aus den Messdaten seit 1888 – stammt übrigens von 1890:

Andere Quellen sprechen vom 7. Juli 1817 als höchsten gemessenen Wert. Damals solle der Bodenseepegel bei 636cm gewesen sein – das ist über ein Meter mehr als derzeit.

Interessant sind auch geschichtliche Rückblicke: So gab es vor etwa 14.000 Jahren einmal einen riesigen Bodensee, dessen Pegel etwa 250 Meter HÖHER lag als heute und der bis zum heutigen Chur und Bludenz reichte. Auch nach dem Abschmelzen des Eises gab es noch einmal einen See, dessen Pegel zwanzig mehr über dem heutigen lag!

Fakt ist, dass in den letzten 30 Jahren die Niederschlagsmengen im Mai gegenüber dem 130-jährigen Mittel zugenommen haben. Aus dem „Wonnemonat“ wurde eher ein nasser Monat – und der war 2024 besonders nass gegen Ende.