Vorarlberg im Extremfall
„Alle Ungeimpften werden sich über kurz oder lang anstecken“, hören wir immer wieder. In einem meiner Tagesupdates habe ich das bereits durchgerechnet. Leider (danke, Carina!) habe ich dabei einen Fehler gemacht und anstatt der Ungeimpften die Vollgeimpften als Basis der Zahlen genommen. Außerdem habe ich seit gestern die neuesten Zahlen (Stand 30.09.2021) in Sachen EW in Vorarlberg.
Auch sonst habe ich mich (zu meiner Entschuldigung: das war abend sund ich war müde) noch ganz wild verrechnet.
Daher hier das Ganze noch einmal (werde den Beitrag hierher verlinken) durchgerechnet und mit zwei Grafiken dazu:
Ausgangssituation
In Vorarlberg leben 401.848 Menschen (Hauptwohnsitze). 244.414 davon sind Vollgeimpfte, 7.435 sind Teilgeimpfte (also entweder nur einmal geimpft oder noch nicht lange genug vollgeimpft).
Das bedeutet, wir haben 149.999 Ungeimpfte im Land, von denen sind jedoch 51.174 unter 12 Jahre alt – diese ziehe ich hier ab und es bleiben noch 98.825 Menschen ab 12 Jahren, die (noch) nicht geimpft sind. Von den „Impfbaren haben wir derzeit damit eine Impfquote von 70,2%, von den über 45-Jährigen sind bereits 79,83% Vollgeimpfte!
Durch mir vorliegende Zahlen zu den Hospitalisierungen und IntensivpatientInnen in Vorarlberg seit Pandemiebeginn (Stand 5. Oktober 2021) weiß ich, wie viele Menschen bisher im Spital waren als positiv Getestete.
Und da laut Bundesministerium für Gesundheit bzw. AGES die Impfung zu 90% vor einem Krankenhausaufenthalt schützt, kann ich errechnen, wie viele PatientInnen noch zu erwarten sind, WENN ALLE Ungeimpften noch – wie immer wieder heraufbeschworen – positiv getestet werden.
Einen „Puffer“ gibt es in dieser Rechnung noch, den ich nicht eingebaut habe: Die Genesenen und auch all jene, die – ohne es zu merken – bereits positiv waren und daher eine natürliche Immunität aufgebaut haben.
Nicht mitgerechnet habe ich diese Gruppe darum, weil ich nicht weiß, wie viele davon bereits Teil- oder Vollgeimpfte sind. Wir haben also noch einen „Joker“ von bis zu 35.000 Menschen, die offiziell Genesene sind und dazu zumindest noch einmal gleich viele, die bereits unbemerkt Kontakt mit dem Virus hatten und Antikörper entwickelt haben.
Annahme
Gehen wir von einer Inzidenz von über 1.000 aus. Das gab es noch NIE in Vorarlberg und würde ein unvorstellbar hohes Infektionsgeschehen darstellen (höher als zum Höhepunkt der zweiten Welle, die Vorarlberg am schlimmsten von ganz Österreich erwischt hat).
Dann hätten wir jede Woche 4.019 neue positive Fälle im Land. Damit wären innerhalb von 37,5 Wochen ALLE Ungeimpften einmal positiv. Es würde also bei einer Inzidenz von 1.000 noch bis Mitte Juli gehen (bei DURCHGEHENDER Inzidenz von 1.000!) bis alle einmal positiv waren.
Wir können davon ausgehen, dass die dadurch entstehenden schweren Fälle nicht alle auf einmal auftreten. Sollten sich diese gleichmäßig über diese Zeit verteilen, dann bedeutet das…
Prognose
Mit den Annahmen von oben müssten wir in Vorarlbergs Krankenhäusern mit 648 PatientInnen in Normalbetten rechnen (bisher waren es 1.984 seit Pandemiebeginn) und mit 103 IntensivpatientInnen (318 waren es bisher).
Von diesen PatientInnen wären 121 (Normalbett) bzw. 19 (Intensivstation) vollgeimpft. Weitere 37 (NB) und 6 (ICU) wären Teilgeimpfte.
Bleiben noch 488 (NB) bzw. 78 (ICU) Ungeimpfte, die positiv getestet im Krankenhaus aufgenommen würden. Zwei der NormalbettpatientInnen und KEINE(R) der IntensivpatientInnen wäre dabei unter 12 Jahre alt.
Wäre die Verteilung gleichmäßig über alle 37,5 Wochen verteilt, die das ganz (bei Inzidenz 1.000!) dauern würde, hätten wir im Schnitt pro Woche 17 neue Normalbett-PatientInnen und 3 neue IntensivpatientInnen.
Selbst wenn ALLE innerhalb von vier Wochen (dafür bräuchte es eine Inzidenz von 9.378!) positiv wären, hätten wir pro Woche nicht mehr als 50 IntensivpatientInnen (die Verweildauer liegt österreichweit im Schnitt bei 13,3 Tagen) und etwa 160 Normalbett-PatientInnen.
Dazu noch zur Information der Satz aus dem wöchentlichen Email der Krankenanstalten GmbH: „Im Bedarfsfall können die Vorarlberger Spitäler die intensivmedizinische Versorgung stufenweise auf max. 104 Beatmungsplätze aufstocken.“
Noch ein Nachsatz: Im Ersten Pandemiejahr sind ca. 25% aller C19-IntensivpatientInnen verstorben – das würde bei den Zahlen oben ca. 26 weitere C19-Todesfälle auf den Intensivstationen bedeuten. Insgesamt müsste mit knapp über 100 C19-Todesfällen gerechnet werden, von denen nicht mehr als 10 Vollgeimpfte sein dürften.
Ich will damit NICHT sagen, dass auch nur eine(r) dieser Normalbett-PatientInnen oder Intensiv-PatientInnen nicht wichtig ist. Es soll jedoch aufzeigen, was uns erwartet, wenn wirklich der schlimmste aller schlimmen Fälle eintritt…
Und was, wenn…
… es doch schlimmer kommt? Was, wenn viel mehr Menschen im Spital liegen? Wenn viel mehr Menschen sterben?
Nun, dann haben die Angaben in Sachen Schutzwirkung der Impfung nicht gestimmt, ODER alle noch nicht Geimpften sind bedeutend mehr gefährdet, als es bisher alle anderen waren, die sich angesteckt haben, als es noch keine Impfungen gab, oder (anfangs) noch keine FFP2-Masken. ODER es stimmt etwas mit allen Angaben nicht und die Menschen, die als C19-Fälle gezählt und registriert werden in allen Dashboards und Kategorien sind mehr als nur C19-Fälle.
Nach diesen Berechnungen und unter Voraussetzung dass die Injektion so wirkt wie versprochen, und der Tatsache dass die meisten Infektionen mild verlaufen, und dem Wissen, dass Risikogruppen „immunisiert“ sind, wäre eigentlich KEIN Grund zur Panik angesagt, wie sie gerade Schallenberg und Mückstein wieder ausrufen. Vermutlich stellen die staatlich beamteteten „Prognoserechner“ solche Überlegungen nicht an. Offensichtlich dürften solche oder ähnlich Überlegungen aber bei skandinavischen Ländern eine Rolle gespielt haben, nachdem dort fast alle Maßnahmen beendet sind.
Ja, ODER die ganzen Annahmen (Voraussetzungen) sind falsch und es stimmt da manches nicht…
Kann man die Zahl der zu erwartenden ICU Fälle einfach so hochrechnen? Voriges Jahr gab es noch keine Impfung. Auf ICU liegen und sterben vor allem multimorbide und/oder hochbetagte Personen (oder zumindest fettleibige mit ggfs genetischer Prädisposition für einen schweren Verlauf). Die vormaligen Risikogruppen sind jetzt aber wohl größtenteils geimpft. Ungeimpft sind vor allem jüngere und fittere (?) Personen. Würde mich wundern, wenn in diesem Kollektiv die gleiche oder gar eine höhere Quote von Intensivpatienten anfiele…
Ich habe ja extra das „worst case szenario“ berechnet. Genau diese Fragen, die du stellst, sind richtig.
Was aber,w enn es doch schlimmer kommt? Wo liegt dann der Fehler? Was stimmt dann nicht?
Nun, wenn wir davon ausgehen, dass Covid-19 nicht plötzlich zu Ebola mutiert, und weiter noch, dass die 90% Schutzwirkung nicht stimmen, ebenso wie der Anteil an Geimpften höher sein würde, wäre der worst case trotzdem mehr als zu verkraften (Krankenhäuser).
Wenn man also extrem hart wäre und sagt, lassen wir es laufen… Ich fantasiere mal einfach… Wäre das nicht doch die beste Lösung?!