Bleiben wir sachlich…

Nach meinem Beitrag übers Sterbealter und die Todeszahlen vorgestern hat mich noch interessiert, wie das Ganze aussieht, wenn wir eine weit jüngere Altersgruppe heranziehen für die Zahlen. Ich habe mich für die Menschen unter 55 entschieden. Der Grund dafür ist einfach: Da ich bei einer Grafik auch auf die Covid-Todesfälle Bezug nehmen will, kann ich nur mit den gleichen Altersgruppen arbeiten, wie es sie dort gibt. Unter 65 erschien mir noch zu „alt“, unter 45 bereits wieder sehr jung. Daher fiel die Wahl auf alle 0-54-Jährigen in Österreich.

Das mittlere Sterbealter unter 55 Jahren

Das sind die Daten der einzelnen Kalenderwochen, wenn es um das Sterbealter aller Menschen unter 55 Jahren geht. Die dunkelblaue Linie zeigt den 4-Wochen-Schnitt, also fast ein Monatsmittel der Zahlen. Es fältt im Gegensatz zur Gesamtsterblichkeit über alle Altersgruppen (siehe hier) auf, dass das Durchschnittslalter sich kaum verändert. Trotzdem habe ich die Veränderung der Alters-Struktur dieser Bevölkerungsgruppe mit einberechnet, dann sieht das Ganze so aus:

Wie schon bei der Gesamtbevölkerung fällt auch hier die KW 45 im Jahr 2000 auf, als das Seilbahnunglück in Kaprun passierte. Aber auch die KW 24 samt den Wochen davor und danach fällt auf im Jahr 2005 – dazu konnte ich jedoch kein Unglück ausmachen wie im Jahr 2000. Nach oben hin gibt es keine extremen Ausreißer. In einigen Wochen lag das durchschnittliche Sterbealter aller unter 55-Jährigen knapp über 43,5 Jahren – diese habe ich alle beschriftet.

Wie viele Menschen unter 55 Jahren versterben?

Das sind die Zahlen, wenn es um die Todesfälle pro 100.000 aller Menschen bis zum Alter von 54 Jahren geht. Auf den ersten Blick gut zu erkennen ist, dass die Zahl rückläufig ist, obwohl ich die Größe der Gruppe mit berücksichtigt habe. Auch hier fällt wieder die KW 45 auf mit dem Seilbahnunglück. Niemals davor oder danach war die Anzahl der Verstorbenen in dieser Altersgruppe höher seit dem Jahr 2000 als damals! Der zweithöchste Wert stammt aus der KW 9 im Jahr 2005 – hier war es mir nicht möglich, ein Ereignis der einzelnen Woche zuzuordnen, in der die Zahlen so auffallend höher sind (es war Ende Februar/Anfang März).
Und dann fällt noch die Zeit zwischen KW51 im Jahr 2019 und KW 7 im Jahr 2020 auf mit einer vollkommen unüblichen durchgehend erhöhten Sterblichkeit in dieser Gruppe. Diese Zeit waren mehrer Wochen VOR der Ausrufung einer Pandemie! Während der letzten Jahre waren sonst nur mehr zwei Wochen im Jahr 2021 etwas auffällig bei allen Todesfällen von Menschen unter 55 Jahren.

Verknüpfungen und andere Sichtweisen

Wenn wir die beiden Grafiken von weiter oben zu einer zusammensetzen, ist sofort erkennbar, dass es hier im Gegensatz zur Gesamtsterblichkeit nicht automatisch immer so ist, dass eine hohe Sterblichkeit gleichzeitig ein hohes Durchschnittsalter der Todesfälle bedeutet. Das Durchschnittsalter aller Verstorbenen unter 55 Jahren liegt übrigens meist zwischen 39 und 42 Jahren.

Stellen wir die Mittelwerte anstatt auf 4 Wochen auf 13 Wochen (=Quartale) ein, ist schon eher ein Zusammenhang erkennbar – oft steigt das Durchschnittsalter mit der Zahl der Todesfälle an.

Beim Halbjahres-Mittel wird gut erkennbar, dass die Todeszahlen insgesamt sinken, das Durchschnittsalter der Verstorbenen hingegen eher steigt. Interessanterweise gibt es beim Durchschnittsalter einen Bruch rund um die Jahre 2011 und 2012 und bei der Anzahl der Todesfälle kommt es nach dem Absinken der Zahlen bis 2016 zu einem fast vollständigen Stopp dieses Trends.

Und Covid?

Aus den Daten der AGES kann ich errechnen, dass die Todesfälle an oder mit Covid unter allen Menschen bis zum Alter von 54 Jahren im Schnitt mindestens 47,5 Jahre alt waren. Das sind etwa 7 Jahre mehr als die Gesamtzahl aller Todesfälle seit 2000 und auch gut 2 Jahre mehr als die höchsten Spitzen einzelner Wochen seit dem Jahr 2000:

FAZIT

Ob es mehr „plötzlich und unerwartet“ gibt unter den Todesfällen von Menschen bis 54 Jahre kann ich anhand der mir vorliegenden Daten nicht sagen. Insgesamt steigen die Todesfälle pro 100.000 EW jedoch nicht massiv an bei den Menschen unter 55 Jahren.
Dafür hat mich etwas anderes sehr überrascht: In dieser Altersgruppe gibt es seit 2000 nicht wirklich mehr als zwei beieinanderliegende Woche, in denen es zu deutlich erhöhtem Sterbegeschehen kam. Dafür gibt es jedoch EINE Ausnahme: Die starte im Dezember 2019 und dauert bis etwa Februar 2020 – das ist genau die Zeit VOR der Ausrufung der Pandemie. Niemals davor und niemals danach seit dem Jahr 2000 gab es ein so massiv erhöhtes Sterbegeschehen bei den Menschen von 0-54 Jahren in Österreich.
Und dass das Sterbealter über 3 Jahre gesehen hier eine sinkende Tendenz seit 2015 hat, hat mich ebenfalls überrascht. Vielleicht finde ich irgendwann Zeit, eine noch jüngere Altersgruppe zu analysieren und sehe dort eine Bestätigung oder etwas, das plötzlich dort nicht mehr relevant ist.