Neulich kam mir irgendwo ein Video unter, in dem eine sympathische Stimme einer Frau, die wie eine Nachrichtensprecherin klingt, zu „orientalischen Klängen“ Sachen erzählt über den „Untergang Europas“ und der „Islamisierung“.
Solche Sachen schrecken mich persönlich immer wieder aufs Neue. Nicht wegen der behaupteten Islamisierung, sondern weil sie offenbar geglaubt werden und dabei manche Sachen sehr „seltsam“ dargestellt werden.
Ich wollte daher in den österreichischen Daten suchen, um die Entwicklung in Sachen Religionsbekenntnisse zu finden aus den letzten Jahren. Leider ist das gar nicht so einfach, wie ich dachte. Es „darf“ nämlich seit 2001 bei der Erhebung der Bevölkerungsdaten nicht mehr nach der Religion gefragt werden. Staatsbürgerschaften liefern nicht wirklich einen Hinweis, da es ja immer mehr Menschen mit Religionen abseits des Christentums gibt, die österreichische Staatsbürger sind.
Die Gesamtbevölkerung 2021
Nach langer Suche konnte ich zwei Datensätze aus Österreich finden, in denen auch die Religionen erwähnt werden. Beide enthalten Daten des Jahres 2021. Einmal stammen sie von der Statistik Austria (Gesamtbevölkerungszahlen):
Wir sehen hier die Daten aller in Österreich lebenden Personen nach Religionszugehörigkeit. Demnach waren 2021 deutlich mehr als die Hälfte aller Menschen römisch-katholisch. Die zweitgrößte Gruppe stellen die Menschen OHNE Relegionsbekenntnis mit 22,3% – das sind etwa halb so viele wie es Katholiken gibt in Österreich. 8,3% gehören dem Islam an, 4,9% sind Orthodoxe, knapp 4% sind evangelisch und 4,3% und gehören anderen christlichen Glaubensgemeinschaften an. Die anderen Gruppen sind bis auf die „anderen Glaubensgemeinschaften“ alle unter einem Prozent.
Zur Entwicklung der Zahlen in der Gesamtbevölkerung fehlen jegliche Vergleichsdaten bis 2001 zurück. Außerdem wurden die Religionsgemeinschaften damals anders angegeben – der Islam wird zum Beispiel erst seit 1971 erwähnt. Daher kann ich nur sagen, dass der Anteil der katholischen Bevölkerung 2001 noch bei fast 74% lag, dafür der ohne Konfession nur bei 16% lag. Der Anteil der islamischen Bevölkerung lag damals bei knapp unter 6% und vor 30 Jahren bei etwa 2,6%.
In den letzten 30 Jahren hat sich zwar der Anteil der islamischen EinwohnerInnen in Österreich verdreifacht, der Anteil der Menschen ohne Bekenntnis hat sich jedoch ebenfalls verdoppelt und ist in Summe fast drei Mal so groß.
Verglichen mit 1951 gibt es um knapp 40% weniger Katholiken und evangelische Menschen in Österreich. Damals, kurz nach dem Weltkrieg, waren nur ungefähr 5% aller Menschen keine Christen in Österreich.
Die Schulen
Oft geht es in den oben beschriebenen Videos um die SchülerInnen an den Schulen. Daher habe ich Daten gesucht – und bin interessanterweise nur beim erzbischöflichen Amt für Schule und Bildung in Wien fündig geworden. So sehen – in den letzten 5 Schuljahren – die Daten aus bei den SchülerInnen, die dort erfasst wurden (angegeben sind dabei „öffentliche und private Schulen in allen Erzdiözesen Österreichs“):
Der Anteil der katholischen SchülerInnen unter fast 1 Million erfasster SchülerInnen lag vor 5 Jahren bei fast genau zwei Drittel und ist seither absoult gesehen um 3% gesunken. Wer nun einen starken Anstieg der anderen Konfessionen erwartet hat, den muss ich enttäuschen: Zwar stiegen die Anteile von 17/18 auf 19/20 um etwa 0,65%, danach blieben sie jedoch gleich. Wirklich angestiegen ist hingegen der Anteil der SchülerInnen ohne Bekenntnis – um genau 2,6% in 5 Jahren.
Wenn wir das ganze RELATIV betrachten (also um wie viel ist der jeweilige Anteil gesunken oder gestiegen pro Schuljahr), dann sieht das so aus:
Während der Anteil an katholischen Schülerinnen mit sinkender Tendenz um 1,5% bis knapp unter 1% gesunken ist, stieg vor allem der Anteil der Kinder ohne Bekenntnis jedes Jahr um 6% bis 8% an.
Fazit
Vergleichen mit dem Bevölkerungsanteil, der 2021 römisch katholisch war, ist der Anteil an SchülerInnen im selben Jahr deutlich HÖHER. Fast genau 55% aller in Österreich lebenden Menschen gehört der Glaubengemeinschaft der römisch katholischen Kirche an, der Anteil der SchülerInnen liegt hingegen bei 63%.
Leider ist durch das „Zusammenwerfen“ aller anderen Religionen nicht klar ist, wie es bei den einzelnen Glaubensgemeinschaften dort aussieht. Wenn zB die Zahl der evangelischen SchülerInnen stark zurück gehen würde und gleichzeitig die orthodoxen SchülerInnen stark zulegen, ist das nicht zu erkennen bei den Gesamtzahlen. Trotzdem ist eines klar – der Anteil der SchülerInnen OHNE Bekenntnis nimmt stark zu. Er liegt allerdings mit derzeit knapp 11% noch weit hinter dem Anteil der Menschen in der Gesamtbevölkerung. Dort liegt der Anteil der Menschen ohne Religionszugehörigkeit mehr als doppelt so hoch.
Von den oft in solchen Videos behaupteten 50% an SchülerInnen, die der islamischen Religionsgemeinschaft angehören, sind wir auf jeden Fall weit entfernt in Österreich.