Es war ein ziemlicher Aufwand: Ich wollte die Daten von der Hohen Warte einmal auflisten in Sachen Temperaturen. Nur dort gibt es bis heute durchgehend vom 1. April 1775 weg Aufzeichnungen zur Temperatur um 14 Uhr (Sommerzeit ist immer mit berücksichtigt, damit um die gleiche Zeit gemessen wird). Nirgends sonst gibt es in Österreich eine Mess-Station, bei der seit 250 Jahren die Temperatur zur gleichen Zeit gemessen wurde und wird.
Alle anderen „Messreihen“ und „Aufzeichnungsgeschichte-Aussagen“ für Österreich sind für mich nicht nachvollziehbar. Es gäbe nur noch die Daten derselben Station von 7 Uhr morgens und 19 Uhr abends. Ich habe mich für die um 14 Uhr entschieden.
Zuerst habe ich – um kurzzeitige Schwankungen auszugleichen – jeweils einen 20-Tages-Schnitt berechnet. Also zum Beispiel das Mittel der Tage vom 1. bis zum 20. April 1775, vom 2. bis zum 21. April und so weiter.
Für diesen Schnitt habe ich zuerst jeden einzelnen so errechneten 20-Tage-Mittelwert einen langjährigen Durchschnitt von zehn Jahren gegenübergestellt. Das heißt, der 20-Tages-Schnitt vom 10. April 1785 wurde verglichen mit dem Zehn-Jahres-Schnitt der zehn so berechneten 20-Tages-Mittel der zehn Jahre davor (also 1775 bis 1784). Das sieht dann so aus:

Weil das so viele Tage sind, habe ich die Zeit aufgeteilt in (oben) 1775 bis 1899 und (unten) 1900 bis 2025. Daraus so etwas abzulesen oder zu erkennen ist eher schwierig. Wenn mir etwas auffällt, dann die Tatsache, dass vor etwa 125 Jahren die Abweichungen generell weniger stark erscheinen als zuletzt.
Gut erkennbar sind meiner Meinung nach auch Zeiten mit besonders vielen blauen Strichen (Wochen mit niedrigeren Temperaturen als zehn Jahre zuvor) wie zum Beispiel von 1800 bis 1810 oder 1939 bis 1942. Auch umgekehrt gibt es Zeiten mit sehr vielen orangen Linien (wärmer als die zehn Jahre davor): 1821 bis 1824, 1943 bis 1950 oder auch 2017 bis 2019. In diesen 250 Jahren halten sich „wärmere Tage“ und „kältere Tage“ (immer im 20-Tages-Mittel!) fast die Waage: Etwa 44.800 Mal war es wärmer, etwa 42.600 mal kälter als in den zehn Jahren davor. Das sind 51,3% der Werte, die auf „wämer“ hindeuten und 48,7% auf „kälter“.
In der ersten Hälfte all dieser Tageswerte waren es 49,6% die wärmer waren und 50,4% waren kälter. In der zweiten Hälfte, also ca. seit 1900, waren 52,9% der Werte wärmer als der Zehnjahresschnitt davor und „nur“ 47,1% waren kälter.

Ich wllte das noch anders darstellen und habe zuerst den 20-Tages-Schnitt dieser Abweichungen errechnet – das sind die blauen (kälter) und orangen (wärmer) Säulen in der Grafik. Interessanter ist der (dunkelblaue Linie) 6-Monats-Schnitt und der (rote Linie) Drei-Jahres-Schnitt aus diesen Daten. Bei letzterem sehen wir folgendes – bitte beachten, dass dies immer nur mit dem Schnitt der letzten zehn Jahre verglichen wird:
- Von 1790 bis ca. 1802 wurde es wärmer, ungefähr um 1805 herum kurz deutlich kälter.
- Von 1820 bis 1830 war es eher wieder wärmer als zuvor, danach bis 1835 wieder kurz deutlich kälter.
- Rund um 1835 war es kurzzeitig deutlich wärmer, dann bis etwa 1860 mehrheitlich kälter.
- Darauf folgten ca. 10 Jahre, in denen es wieder wärmer wurde als davor.
- Von 1870 bis ca. 1939 gab es kaum so große Abweichungen wie sie vorher teilweise zu sehen sind.
- Wenn die Daten aus dem zweiten Weltkrieg stimmen, war es dann 5 Jahre lange DEUTLICH zu kalt. Danach folgten 5 Jahre mit deutlich wärmeren Temperaturen.
- In der zweiten Hälte der Fünfziger und auch 60er-Jahre war es dann wieder kälter als zuvor. Bis zum Anfang der 80er-Jahre blieb es dann eher wieder gleichmäßiger.
- Von 1981 bis 1983 war es deutlich wämer als davor, dann folgten wieder kühlere Jahre bis 1988.
- Seit 1990 waren nur mehr die Jahre 1997 bis 2001 und die Jahre 2011 und 2012 eher kühler als die zehn Jahre davor. Auch 2020 und 2021 waren nicht wirklich warm im Vergleich.
- 2007 war ähnlich wie 1794, 1811 und 1822 sehr viel wärmer (siehe blaue Linie) als die zehn Jahredavor im Mittel.
- Die stärksten Abweichungen nach unten stammen aus den Jahren 1830, 1940 und 1996.
Fazit
Ganz ehrlich: Ich habe mir deutlichere Abweichungen erwartet für die letzten Jahrzehnte, als sie zu sehen sind. Natürlich täuscht das Ergebnis insofern, als dass alles immer nur mit den zehn Jahren davor verglichen wird. Das heißt, dass längere Phasen mit vielen „zu warmen“ Werten nach bereits warmen Zeiträumen auf deutliche Erwärmung hin deuten. Es gab solche Phasen allerdings auch schon im 18., 19. und 20. Jahrhundert.
Und selbstverständlich wäre es interessant, wenn wir in Österreich – wie es immer verlautbart wird bei vielen Meldungen zum Klima – noch mehr Mess-Stationen wie die hohe Warte hätten, die als Vergleich für „250 Jahre Messgeschichte“ herangezogen werden können. Genauso wie es interessant werden wird, das Ganze in 20 oder 30 Jahren wieder anzusehen.
Beides können wir aber leider nicht. Und für heute müssen diese Daten aus Wien reichen. Zum Abschluss noch einmal dieselbe Garfik wie oben, dieses Mal nur mit den letzten 100 Jahren (also seit 1925):
